Blutaxt: Die Eingeschworenen 5 - Roman (German Edition)
Dann blitzte etwas auf, und Balle spürte ein so heftiges Brennen am Hals, dass er die Axt losließ und zurückwich. Er wollte seinen Hals nicht anfassen, er fürchtete sich. Er wollte lediglich Abstand zu dem Jüngling gewinnen, um zu Atem zu kommen und sich darüber klar zu werden, wie er wieder Herr der Lage werden könnte, denn die Sache war eindeutig schlecht gelaufen.
Er konnte jedoch nicht richtig hören und kam auch nicht wieder zu Atem, er hörte nur ein schreckliches Rauschen und Gurgeln – dann lag er am Boden und spürte, wie das Blut seinen Körper verließ, unaufhaltsam wie Wasser, und er sah den riesigen roten Fleck, der sich auf seiner Tunika ausbreitete. Der Fleck wurde größer und immer größer …
Krähenbein steckte seinen Sax ein paarmal in den Sand, dann wischte er den Rest des geronnenen Blutes an Balles Ärmel ab – der einzige Teil von dessen Tunika, der nicht mit Blut getränkt war. Er merkte, wie sein linker Oberschenkel anfing zu zucken, und hoffte, dass niemand es sah, ebenso wie seinen Angstschweiß, der ihm in die Augen lief.
Niemand sprach. Schließlich kam der Schwarze mit Krähenbeins zweitem Speer, den der mit der linken Hand geschleudert hatte und der Balles Bauch so schnell aufgeschlitzt hatte, dass der Axtkämpfer es selbst kaum bemerkt hatte, bis er über seine eigenen Eingeweide gestolpert war. Höflich reichte Kaup Krähenbein den Speer und lächelte, wobei seine weißen Zähne in dem schwarzen Gesicht leuchteten.
» Bin ich jetzt wieder der Anführer?«, fragte Grima mit heiserem Flüstern. Die Männer nickten und scharrten nervös mit den Füßen.
» Bin ich der Anführer?«, brüllte Grima jetzt, und endlich brüllten sie zurück, dass er es sei. Grima, den diese Anstrengung die letzte Kraft gekostet hatte, ließ sich auf seinen improvisierten Thron zurückfallen und flüsterte Berto etwas zu; der nickte und richtete sich auf.
» Ich hatte Balle gesagt, ich würde ihn überleben. So ist es gekommen, und jetzt kann Asgard mich haben«, sagte Berto, und trotz seines Akzents und seiner hohen Stimme wussten alle, es waren Grimas Worte. » Prinz Olaf ist der neue Jarl. Mein Silber gehört ihm, mein Schiff ebenfalls. Wenn ihr klug seid, dann folgt ihr ihm – aber bedenkt eines. Die roten Brüder sterben mit mir. Ihr legt euren Eid jetzt auf ihn und die Eingeschworenen ab.«
Die Männer sahen den sogenannten Prinzen an, ein Milchgesicht, das gerade seine Speerspitze in den Sand steckte, um sie zu reinigen. Der Riese mit der Hakenaxt zog grinsend die andere Speerspitze aus dem Schild, den er Mar reichte.
» Na ja«, sagte er, » jetzt hast du ein schönes kleines Guckloch drin. Das braucht einen ordentlichen, dicken Lederflecken – frag mal Onund, ob er von der Reparatur an unserem Steuerruder noch etwas übrig hat. Das ist der Mann mit dem Berg auf der Schulter. Ich heiße übrigens Murrough mac Mael.«
Mar sah nachdenklich auf den fingerlangen Riss, dann nickte er.
» Ich lasse es so, wie es ist«, sagte er. » Da kommt dann beim nächsten Kampf eine schöne kühle Brise durch.«
Allmählich entspannte sich die Lage am Strand. Die Thronträger nahmen den Sessel mit Grima wieder auf und machten sich auf den Weg zurück zur Knarr. Die roten Brüder wollten gerade zu ihren Feuern zurückkehren, da räusperte Krähenbein sich, und sie blieben stehen.
Er sagte nichts, sondern zeigte nur auf einen Mann, dann auf einen zweiten, dann auf die blutigen Überreste von Balle. Die Männer, auf die er gezeigt hatte, zögerten einen Augenblick, doch Mar trat dazwischen und sah sie an.
» Hebt ihn auf«, sagte er zu den Männern. » Er war ein Christ, also werden wir ihn beerdigen.«
Er sah Krähenbein an. » Habt ihr einen Priester unter euch?«
Krähenbein betrachtete den Mann von oben bis unten, er sah das kurz geschnittene Haar, das nur bis zu den Ohren reichte, den sauber gestutzten Bart und die kühlen Augen, die die Farbe des Nordmeeres hatten, wenn es regnet. Der Mann, erinnerte er sich, der Balle seinen Schild mit einem Blick gereicht hatte, der ebenso gut wie ein Schlag ins Gesicht war. Ein guter Freund des Schwarzen. Diese beiden hatte man besser für sich als gegen sich. Er grinste, denn er fühlte sich gut. Das Zucken in seinem Oberschenkel hatte aufgehört. Er lebte, sein Feind war tot, und der Triumph fühlte sich an, als hätte er Wein getrunken.
» Ich bin ein Priester«, sagte er, » obwohl ein guter Christus-Anhänger das nicht gelten lassen würde. Ich
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