Blutaxt: Die Eingeschworenen 5 - Roman (German Edition)
haben das Seil durchgeschnitten!«
Thorgeir riss an seinem Seil, spürte nichts und zog es aus dem Wasser, bis er das tropfende, frisch abgeschnittene Ende in der Hand hielt.
Draußen, im Bug der Knarr, spähte Gorm in die Dunkelheit und hob erst eine Hand, dann die andere zum Himmel. Hoskuld tat einen Seufzer der Erleichterung, dass beide Männer überlebt hatten, denn er hatte sie nicht töten wollen, er wollte sich lediglich von diesem Jungen mit den verschiedenfarbigen Augen absetzen. Er sandte einen deftigen Fluch in Orms Richtung, der ihn zu diesem Abenteuer überredet hatte, und wünschte dem Mönch, mit dem alles angefangen hatte, die Pest an den Hals – wenn sich auch die drei Goldstücke, die der Priester ihm gezahlt hatte, gut und tröstlich anfühlten, sobald er im Saum seiner Tunika nach ihnen fühlte, wo er sie sicher verwahrt hatte.
Er befahl den Männern, das Segel wieder zu setzen, und sofort erfasste der Wind die nasse, schwere Fläche, die Or-skreiðr, die » Schnell Gleitende«, machte einen Satz und verließ mit voller Fahrt das Ufer, wo Thorgeir vor Zorn aufheulte und mit dem heimtückisch abgeschnittenen Seilende auf die Steine eindrosch.
Hoskuld war fort.
Kapitel 5
Irische See, einige Tage später
Die Männer suchten ihre Ausrüstung zusammen, und ihre Gestalten warfen unheimliche Schatten auf das blutrote Segel. Als Krähenbein an den Bug trat, stand Onund schon mit dem Werkzeug in der Hand bereit, um den Drachenkopf mit dem aufgerissenen Maul abzunehmen, um die Fylgja dieses Landes nicht herauszufordern. Und was noch wichtiger war, diese Geste würde beweisen, dass die Besatzung des Schiffs in friedlicher Absicht kam.
Krähenbein, Kaetilmund und Onund standen neben Holzgucker, der auf einen Punkt am fernen silbernen Horizont wies.
» Rauch, denke ich«, erklärte Holzgucker, und Kaetilmund, an dessen Haar der Wind zerrte, gab ein leises Grunzen von sich, das vielleicht Zustimmung bedeuten mochte, und kniff die Augen zusammen, um den dunklen Streifen am Horizont besser sehen zu können.
» Es könnte eine Festung auf einem Hügel sein«, sagte er schließlich, und Holzgucker schien erleichtert.
» Natürlich, es ist ein Ort mit einem Hügel und einer Festung darauf«, sagte er herablassend. » Holmtun auf der Insel Man, wie ich schon sagte.«
» Du bist lange nicht mehr in diesen Gewässern gewesen«, sagte Krähenbein vorsichtig, » und wir haben auf Steuerbord kein Land gesehen, was man aber erwarten würde, wenn man die Westküste von Man hinaufsegelt.«
» Und wo sind wir dann?«, fragte Kaetilmund herausfordernd und sah Holzgucker verächtlich an. » Wenn das nicht Holmtun ist?«
Holzgucker strich sich über das Kinn und sah hinauf in den milchigen Himmel. Er wusste wahrhaftig nicht genau, wo sie waren, und der Prinz, der jetzt ihr Anführer war, hatte völlig recht – er war hier lange nicht mehr gesegelt, sodass er die Fäden dieses Gewebes nur mit Mühe entwirren konnte. Er murmelte und betrachtete nachdenklich die Markierungen auf dem Kerbholz, dann die hölzernen Räder. Er warf einen Span ins Wasser und beobachtete, wie er im schäumenden Kielwasser tanzte und schließlich verschwand.
Krähenbein stand mit einem Fuß auf die Ducht gestützt da, die Augen halb geschlossen, und dachte nach. Die Seefahrer der Großen Stadt hatten alle nötigen Informationen auf Schriftrollen, dazu Karten auf Pergament gezeichnet, die sie nur hervorzuholen brauchten, um an einen bestimmten Ort zu kommen, egal ob er weit im Süden des Mittelmeers oder im Norden des Schwarzen Meeres lag. Und doch galten die Nordmänner, verglichen mit denen aus Konstantinopel, als die besseren Seeleute, und Krähenbein fragte sich, wie das sein konnte.
Er beobachtete Holzgucker, der vor sich hin murmelnd mit seinen hölzernen Instrumenten hantierte, ähnlich einem Schamanen der Petschnegen, wenn er Knöchelchen warf, und mit ähnlicher Aussicht auf Erfolg. Krähenbein wünschte sich, er hätte Schriftrollen wie die in der Großen Stadt. Ach, aber auch die wären keine Hilfe für Holzgucker, denn der konnte ja nicht lesen. Aber das war ungerecht, dachte Krähenbein, denn ich kann es ja auch nicht, weder Latein noch Griechisch. Nicht mal Runen kann ich zuverlässig lesen, sagte er sich und nahm sich vor, wenigstens das zu lernen.
Das Problem war nur, wann sollte er dies tun? Es gab so vieles, was ein Prinz, der König werden wollte, lernen musste. Zum Beispiel, wie man mit beiden Händen kämpft und wie
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