Blutaxt: Die Eingeschworenen 5 - Roman (German Edition)
auf den Gesang, der aus der kleinen Kirche drang, wohin sich vernünftigerweise die meisten begeben hatten, einschließlich zweier Mädchen, die nur ihre Unterkleider anhatten und schamhaft die Arme um sich schlangen, und vier Bauern, die um ihren Karren bangten. Zwei grimmige Männer mit Speeren grinsten die Mädchen und die verwirrten Mönche unverschämt an und sorgten dafür, dass alle dablieben.
» Das geht einem doch ins Ohr wie Honig«, flüsterte Murrough.
» Ein Gesang wie von jungfräulichen Schwänen«, stimmte Mar zu.
In der Kirche hatte Domnall den Gesang angeführt und aus vollem Hals auf Lateinisch verkündet, dass die Festung in Gefahr sei, als Gjallandi hereingestürmt kam, hinter ihm der schwarze Kaup, die dem Priester zu verstehen gaben, dass dieser nordische Skalde auch gesungenes Latein verstand. Domnall zuckte die Schultern – wenigstens hatte er es versucht. Außerdem war es sowieso verlorene Liebesmüh, denn er wusste, in der Festung konnte bis auf die Responsorien der Liturgie niemand Latein, und Fergus schon gar nicht.
Doch er hatte seine Pflicht getan, also konnte er seinem Gott und dem gnädigen Herrn Duegald in dem Bewusstsein gegenübertreten, dass er versucht hatte, den Überfall zu verhindern und die Plünderer – die jetzt die Oberhand hatten – davon abgebracht hatte, das Gotteshaus niederzubrennen und unschuldigen Menschen ein Leid anzutun. Von denen, die dort kämpften, würden natürlich welche umkommen, aber das war nun einmal das Schicksal von Kriegern, dachte Domnall. Pater noster, qui es in coelis, sanctificetur nomen tuum …
Der Frühnebel und das Wasser ließen Schilf, Gras und Bäume ineinander verschwimmen. Die Wächter waren graue Gestalten vor einem Hintergrund aus grauem Stein, als die Bauern mit dem Brotkarren und die Mädchen mit den schweren Milchkrügen näher kamen und das Frühstück für die Garnison brachten.
Cuimer, rundlich und rosig, den Helm unterm Arm und mit wehendem Haar, trat vor und grinste das große, schlanke Mädchen mit seinen gelben Zähnen an. Er sagte etwas, was das Mädchen offenbar nicht verstand, aber sein Augenzwinkern war anzüglich genug, und er lachte, obwohl sie merkwürdig verschiedenfarbige Augen hatte, weder waren sie das eine noch das andere.
Doch jetzt lachte er nicht mehr, denn das schlanke Mädchen hatte plötzlich einen Sax aus dem Krug gezogen, rammte dem Mann das Tongefäß ins Gesicht und beendete das Ganze mit einem geübten Schnitt durch seine Kehle.
Maccus, der Cuimer unwillig angesehen hatte, als er sich an das hübsche schlanke Mädchen heranmachen wollte, blieb beim Aufblitzen der Klinge der Mund offen stehen. Cuimer fiel rückwärts um, das Blut quoll pulsierend aus seinem Hals, und sein Gesicht war voller Tonscherben. Maccus wollte den Mund aufmachen und um Hilfe schreien, aber etwas traf ihn in die Seite wie ein Schlangenbiss, sodass er mit einem kurzen Aufschrei zurückwich und taumelnd in das runde Gesicht des pummeligen Mädchens blickte, das ihn aus weit aufgerissenen Augen ansah. Er dachte, er könne ein gewisses trauriges Zögern in dem Gesicht erkennen, aber der glänzende Stahl in ihrer Hand zögerte leider gar nicht. Seine Beine gaben nach, der Stich drang ihm durch Lunge und Leber, und er fiel. Noch versuchte er, kriechend und flehend diesem Entsetzen zu entkommen, doch seine Stimme versagte, weil seine Lunge versagte.
» Lass ihn liegen! Los, schnell zu den Zuggewichten!«
Krähenbein riss sich das Kopftuch herunter und warf es fort, die Bauern packten die Äxte, die sie auf dem Karren versteckt hatten, und verwandelten sich blitzschnell in vier plündernde Ungeheuer von der Art, wie Mütter sie ihren Kindern schildern, um ihnen Angst zu machen, wenn sie verstockt sind und mit dem Fuß aufstampfen. Zwei von ihnen hatten Holzkeile und Hämmer und rannten zum Torhaus. Berto raffte seine Röcke und folgte ihnen.
Sie blockierten die Zahnräder mit den Keilen und schnitten die Zugseile durch, und als die Besatzung der Garnison anfing, Alarm zu schlagen, brach der Rest der Mannschaft aus ihren Verstecken und rannte brüllend über die Zugbrücke, die nicht mehr hochgezogen werden konnte, und durch das weit offene Tor. Sie vertrieben die feuchte Kälte aus ihren Gliedern und wüteten mit Blut und Feuer, während die Soldaten der Garnison wie aufgescheuchte Hühner in alle Richtungen stoben.
» Wir haben genau im richtigen Moment angegriffen«, brummte Onund, der schwerfällig wie ein verschlafener
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