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Blutbahn - Palzkis sechster Fall

Blutbahn - Palzkis sechster Fall

Titel: Blutbahn - Palzkis sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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morgens nur halb ihre Rollläden, obwohl das eigentlich absurd ist. Selbst
wenn sie einen Raum verlassen oder aus dem Haus gehen, zum Beispiel zum Einkaufen,
werden die Rollläden halb geschlossen. Übrigens eine herrliche Einladung für Diebe.
Die erkennen daran sofort, ob der Hausherr oder die Hausdame da ist oder nicht.«
    »Ich habe immer noch nicht verstanden,
warum das so ist«, hakte mein Kollege nach.
    »Das wissen die, die das machen
auch nicht. Vielleicht ein innerer Schutzmechanismus, der noch aus der Steinzeit
stammt. So, als wolle man seine Höhle verstecken, aber doch nicht ganz, wer weiß,
ob man sie dann selbst noch findet. Wenn du die Menschen darauf ansprichst, wird
es ihnen meist zum ersten Mal bewusst, was sie überhaupt machen. Es kommen dann
die skurrilsten Erklärungen. Zum Beispiel, dass man das Ausbleichen der Tapeten
verhindern will.«
    Gerhard lachte.
    »Ja, du hast
recht, man könnte darüber lachen. Auf der anderen Seite ist es auch traurig. Da
gibt es so viele Menschen, die an Winterdepression leiden, weil sie so wenig Tageslicht
abkriegen. Und dabei hocken sie daheim in dunklen Zimmern, die man mit einem Griff
am Rollladengurt erhellen könnte. Lieber bezahlen diese Leute ein Schweinegeld für
eine Lichttherapie.«
    In diesem Moment
öffnete sich die Haustür.
    »Sind Sie die Beamten aus Schifferstadt?«,
fragte uns eine Frau mit einer altmodisch auftoupierten Frisur und mindestens fünf
verschiedenen Halsketten. »Ich habe Sie vor dem Haus reden hören. Geklingelt haben
Sie nicht, oder?«
    Ohne auf eine Antwort zu warten,
drückte sie auf den Knopf und ein mehrstimmiges Halleluja ertönte. Dabei konnten
wir erkennen, dass sie ungefähr so viele Ringe trug wie Wolfgang Petry Freundschaftsbändchen.
    »Geht doch«, meinte sie. Ich hielt
ihr meinen Ausweis hin und sie bat uns hinein. Gerhard deutete feixend auf die Rollläden.
    »Ein Kollege von Ihnen hat Sie bei
Arno, das ist mein Mann, angekündigt.«
    Sie geleitete
uns in ein Wohnzimmer, das die komplette Rückseite des Hauses in Anspruch nahm.
Ein riesiges christliches Holzkreuz hing auf der schmalen Seite des Zimmers. Sämtliche
Rollläden waren komplett geöffnet und die Panoramafenster erlaubten uns einen Blick
in den Garten, dessen Zentrum ein, der Jahreszeit entsprechend, abgedeckter Swimmingpool
markierte.
    Arno Pfeiffer erhob sich aus einem
Sessel. Er sah sehr schmächtig aus. Seine Kieferknochen wirkten eingefallen und
der Haarbestand glich dem von Gerhard. Ich konnte mich täuschen, aber es schien,
als hinkte er leicht.
    »Guten Tag, meine Herren. Es freut
mich, dass Sie Zeit haben.«
    Ich stellte Gerhard und mich vor,
worauf er uns Platz anbot.
    »Möchten Sie etwas trinken?«, fragte
uns Frau Pfeiffer. »Vielleicht einen Kaffee oder einen Saft?«
    Gerne nahmen wir das Angebot an,
schon alleine deswegen, um eine angenehme Atmosphäre zu schaffen. Der köstlich schmeckende
Traubensaft ließ mir sofort das Sodbrennen hochsteigen, während Gerhard seinen schwarzen
Kaffee sichtlich genoss.
    »Sie sind also eine geschiedene
Teufelsreute«, begann ich die Befragung zur Sache.
    »Ja, ein sehr dunkles Kapitel meiner
Vergangenheit. Die Ehe dauerte zum Glück nur ein knappes Jahr.«
    »Wurde Ihr Exmann gewalttätig? Was
war passiert?«
    »Willi und gewalttätig?« Sie lachte
schrill auf. »Seine Waffen waren die Worte und die Gesetze. Das reichte ihm voll
und ganz.«
    »Wir haben bereits von seinem Arbeitgeber
erfahren, dass er ein Prozesshansel war.«
    »Da, schauen Sie«, unterbrach Arno
Pfeiffer und zeigte in Richtung Wohnzimmerschrank. In einem Regal standen sieben
Ordner, die mit römischen Ziffern durchnummeriert und mit ›Willi Teufelsreute gegen
Petra Pfeiffer‹ beschriftet waren.
    »Warum das?«, fragte ich verwundert.
»Sie sind doch bereits so viele Jahre geschieden?«
    »Rache«, flüsterte sie. »Er hat
es bis heute nicht akzeptiert, dass ich die Ehe annullieren ließ. Inzwischen ging
es ihm nur noch ums Prinzip. Aber lassen wir das, sein Tod hat nun auch einen Schlussstrich
unter den Rechtsstreit gezogen.«
    »Bitte verzeihen Sie, wenn ich so
hartnäckig und vielleicht auch unsensibel nachfragen muss. Warum wurde die Ehe annulliert?«
    Arno Pfeiffer legte seiner Frau
einen Arm um die Schulter. »Sag’s ihm, hab keine Angst. Gott und ich stehen dir
bei.«
    Sie schaute ihm erst sehr lange
in die Augen, bevor sie zu reden begann.
    »Willi und ich hatten eine Josefsehe
vereinbart. Bei dieser Art der Ehe wird auf den

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