Blutbahn - Palzkis sechster Fall
Armaturenverkleidung
abzuschrauben, wäre das mehr als auffällig. Nein, das können Sie vergessen, Herr
Palzki.«
»Okay«, ich gab mich geschlagen.
»Dann verraten Sie mir, was das soll.«
Schmitd war kurz davor, mental zu
explodieren.
»Sagen Sie mal, hören Sie mir überhaupt
zu? Ich habe Ihnen bereits gesagt, dass ich keinen blassen Schimmer habe. In Rücksprache
mit der Geschäftsführung werden wir in den nächsten Tagen sukzessive alle Züge untersuchen,
um herauszufinden, ob es mehr solcher Überraschungen gibt. Solche Geräte, wie hier
eins steht, kosten ein Schweinegeld. Auch das macht mich unsicher. Ich habe das
dumme Gefühl, dass da eine Riesenschweinerei im Gange ist.«
»Ich würde
das nicht so dramatisieren. Oder kann man mit dem Kasten die Bahnen fremdsteuern?«
»Nein, das nicht.
Aber stellen Sie sich mal ein anderes Szenario vor. Wenn es jemandem gelingt, diese
Kästen heimlich zu installieren, dann könnte er genauso gut eine Bombe verstecken.
Und es kommt noch schlimmer: Der Sender wurde in der Bahn gefunden, in der am Samstag
das Opfer in Schifferstadt ermordet wurde.«
»Pfeiffer?«,
fragte ich vorsichtig.
Schmitd wiegte seinen Körper hin
und her. Dabei fiel ihm eine lange Haarsträhne übers Gesicht. So stellte ich mir
Metzgers Kunden vor.
»Ich möchte keine Beschuldigungen
aussprechen, Herr Palzki. Aber ein S-Bahn-Fahrzeugführer hätte sicherlich die Gelegenheit,
einen Sender hinter den Armaturen einzubauen. Aber das ist eine rein private Vermutung
meinerseits.«
»Ich werde das prüfen lassen. Übrigens,
wie haben Ihre Mitarbeiter den Tod von Teufelsreute aufgenommen?«
»Wollen Sie die Wahrheit hören oder
lieber etwas Pietätvolles, Herr Kommissar?«
»Als Polizeibeamter bin ich natürlich
an der Wahrheit interessiert, leider bekomme ich sie viel zu selten zu hören.«
»Also gut, wie Sie wollen. Es wurde
gestern Abend ein Freudenfest gefeiert, nicht auf dem Betriebsgelände, das hätten
wir selbstverständlich untersagt. Knapp die Hälfte der Mitarbeiter haben sich heute
krankgemeldet, vermutlich alkoholbedingt.«
Das waren klare Worte. Teufelsreute
schien wirklich ein Ekel gewesen zu sein.
»Konnten meine Kollegen alle Mitarbeiter
befragen? Ich bin leider den ganzen Tag unterwegs gewesen und nicht auf dem aktuellen
Stand.«
Schmidt, immer noch eine Spraydose
in der Hand haltend, antwortete: »Bruno, der Verwaltungsleiter hatte drüben im Verwaltungsgebäude
alles im Griff. Alle Mitarbeiter, die am Montag da waren, wurden befragt. Soviel
ich weiß, ohne Ergebnis.«
Als Beamter war mir das Problem
in seiner Aussage sofort klar.
»Wer war am Montag alles abwesend?«
»Was weiß ich? Da müssen Sie rüber
zu Bruno Bär gehen, der kann Ihnen sagen, wer alles krank war oder Urlaub hatte.«
Da ich davon ausging, dass die Kollegen
dies bereits getan hatten, ließ ich es darauf beruhen. Ich hatte noch eine andere
Frage.
»In welcher Beziehung stehen Sie
zu Sascha Neumann?«
Schmitd blickte mich überrascht
an.
»Wie kommen Sie jetzt auf den?«
»Das lassen Sie mal unsere Sorgen
sein«, blockte ich ihn ab. »Ich habe mir sagen lassen, dass er bei Ihnen ein- und
ausgeht.«
»Wer erzählt denn solchen Mist?«
Der Werkstattleiter war bemüht, seine Fassung nicht zu verlieren. »Dieser Neumann
ist ein total abgedrehter Student, der mich und die Arbeiter ständig von der Arbeit
abhält. Bruno meinte, ich soll ihm Hausverbot erteilen. Aber das wäre übertrieben.«
»Und warum? Weil er diese Modelleisenbahnanlage
baut?«
»Ich sehe, Sie kennen sein Hobby.
Immer will er die neuesten Entwicklungen und Informationen in Erfahrung bringen.
Ich vermute, dass es niemanden gibt, der mehr Detailwissen über die S-Bahnen und
das Streckennetz im Rhein-Neckar-Raum hat, als er. Einmal habe ich ihn erwischt,
wie er in einer Bahn, die gerade in der Halle stand, die Technik der Toilettenspülung
untersuchte. Der hat ein Rad ab, der Kerl.«
Schmitd machte mit seiner Hand eine
Art Wischbewegung vor seinem Gesicht.
»Kann dieser Sender von Neumann
kommen?« Ich deutete auf den Kasten.
»Warum sollte er das tun? Nein,
ich denke nicht, dass er dazu Gelegenheit gehabt hätte. Dann hätte er nachts einbrechen
müssen. Nein, Herr Palzki, das würde ich ausschließen.«
»Okay, wir lassen Ihnen den Apparat.
Sie sind aber so gut und geben gleich Bescheid, falls Sie weitere finden.«
»Selbstverständlich, Herr Palzki.
Es ist schließlich auch in unserem Interesse, dass die Morde aufgeklärt
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