Blutbahn - Palzkis sechster Fall
Privatzoo«,
begann Becker mit einem Witz. »Da hängen nämlich ein paar, die gibt’s gar nicht.
Jedenfalls nicht offiziell und im Original.«
»Wie sollen wir das verstehen?«,
fragte Jutta.
»Mir kam es komisch vor, als ich
die Bilder betrachtete. Herr Palzki, können Sie sich erinnern, dass ich mich in
den anderen Räumen umgeschaut hatte, während Sie sich mit Herrn Diefenbach unterhalten
haben?«
»Ja, ich hatte den Eindruck, dass
Ihnen die Sammlung gefallen würde.«
»Tut sie mir auch«, entgegnete er.
»Sagt Ihnen der Name Hans Purrmann etwas?«
Ich dachte
nach. War es ein Sportler oder gar ein Fußballer? Dann wäre es bei mir hoffnungslos.
Vielleicht ein Politiker? Ich wusste nicht so recht. Gerade noch rechtzeitig fiel
mir ein, dass in Speyer ein Gymnasium und in Schifferstadt eine Straße nach ihm
benannt waren. Das musste genügen, um dem Studenten meine Allwissenheit zu demonstrieren.
»Aber ich bitte
Sie! Wer wird in Schifferstadt und Speyer den berühmten Hans Purrmann nicht kennen!«
»Wunderbar.
Ich bin überrascht, dass Sie diesen Maler kennen, der in Speyer aufgewachsen ist.«
Zufrieden grinste ich in mich hinein.
Jetzt würde ich meinen nächsten Bluffpoker auspacken. Hoffentlich klappte es.
»Ich habe die Purrmann-Bilder in
KPDs Museum selbstverständlich sofort erkannt.«
»Sie bringen mich immer wieder zum
Staunen, Herr Palzki.«
Jutta lächelte, hatte sie meinen
Bluff durchschaut?
»Ich interessiere mich mehr für
Kultur, als Sie denken. Erst neulich war ich in Heidelberg in einer Pommestütenausstellung.
Erzählen Sie endlich einmal, was es mit diesen Purrmann-Bildern auf sich hat.«
»So tief sind Sie also in der Materie
nicht drin. Ist nicht schlimm, ich habe mich selbst zur Sicherheit nochmals eingelesen.
Purrmann musste kurz vor dem Ersten Weltkrieg sein damaliges Atelier in Paris aufgeben
und fliehen. Alle Werke, die sich zu diesem Zeitpunkt im Atelier befanden, wurden
beschlagnahmt und versteigert. Bis auf wenige Ausnahmen gelten sie bis auf den heutigen
Tag als verschollen.«
Oha, jetzt wurde es interessant.
»Und diese Bilder haben Sie bei
KPD entdeckt?«
»Nicht alle, aber ein paar. Dummerweise
kann ich nicht meine Hand dafür ins Feuer legen, ob es sich wirklich um Originale
handelt. Vielleicht sind es gut gemachte Kopien.«
»Nein, das würde nicht zu Diefenbach
passen. Ich bin mir sicher, dass er ausschließlich Originale hat.«
»Was meinen Sie?«, fragte Becker
in die Runde. »Ich könnte über das Thema eine große Enthüllungsstory schreiben.
Dann wäre KPD endlich bundesweit in der Presse.«
Eyeyey, was sollte ich dem Studenten
nur empfehlen? Auf der einen Seite wären wir dann unseren Chef mit Sicherheit los,
auf der anderen Seite würden die gerade mühsam erarbeiteten Nettigkeiten wieder
versiegen. Mein innerer magengesteuerter Trieb plädierte dafür, die Entscheidung
zu vertagen.
»Wollen Sie wirklich Ihren besten
Informanten abschießen, Herr Becker? Sie sind immerhin der Hausreporter unseres
erfolgreichen Unternehmens.«
»Aber ich habe doch immer noch Sie.«
Meine Kollegen grinsten unverschämt.
»Warten Sie erstmal ab, bis die
Fastnachtszeit vorüber ist. Im Moment würde in der Zeitung diese Meldung sowieso
niemand ernst nehmen.«
Nach einer kurzen Nachdenkpause
stimmte er mir zu.
»Das ist gut, so werde ich es machen.
Bis dahin kann ich meine Recherche etwas unterfüttern. Übrigens, falls es Sie interessiert:
Ich habe Ausdrucke von den verschollenen Purrmann-Bildern. Wenn Sie eine Gelegenheit
haben, in sein Reich zu kommen, können Sie selbst vergleichen.«
Er übergab mir ein Bündel Papierausdrucke,
auf denen auf jeder Seite mehrere Bilder abgedruckt waren.
»Haben Sie vielen Dank.« Ich steckte
die Zettel in meine Tasche. Meine Kinder würden sich darüber freuen. Ich schaute
auf die Uhr.
»Es ist recht spät geworden, meine
Damen und Herren. Morgen haben wir wieder einen anstrengenden Tag vor uns, inklusive
einem opulenten und bundeslandübergreifenden Treffen. Und nach der Aussage unseres
Chefs stehen wir kurz davor, den Täter zu ergreifen. Ich schlage vor, wir erledigen
das morgen früh.«
Der Student hatte die Ironie nicht
verstanden.
»Sie wissen schon, wer es war?«,
fragte er erstaunt.
»Na klar doch, Herr Becker. Der
Mörder ist immer der Gärtner mit dem U-Boot.«
Während er über meine angebliche
Auflösung nachdachte, plante ich die nächsten Einsätze.
»Morgen früh kommt der Typ aus Hamburg,
den werden wir
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