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Blutberg - Kriminalroman

Blutberg - Kriminalroman

Titel: Blutberg - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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kaum so blöd sein, sich alle zusammen dort einzufinden, wenn sie gewarnt wurden. Eine haben wir aber geschnappt«, fügte er hinzu, »vielleicht weiß sie ja etwas über die anderen. Ich habe allerdings meine Zweifel daran, sonst wäre sie ja wohl kaum hier aufgetaucht.«
    »Hast du nicht gerade erst gesagt, sie seien alle weg gewesen?«, fragte Stefán, dem der Kollege zusehends auf die Nerven ging.
    »Ja«, antwortete Steinþór, »das waren sie. Diese ist aber gerade vorgefahren, als wir wieder loswollten. Sie hat sofort gewendet und versucht abzuhauen, aber wir haben sie geschnappt. Sie sitzt jetzt hinten bei mir im Wagen, wir sind auf dem Weg zu euch.«
    »Zu uns?«
    »Ja.«
    »Weshalb?«
    »Das …«, setzte Steinþór an, zögerte aber.
    »Spielt keine Rolle«, erklärte Stefán ungeduldig. »Und was sagt sie?«
    »Tja, das ist es ja eben. Wir müssen sie natürlich verhören, aber da gibt es ein gewisses Problem.«
    »Spricht sie kein Englisch?«
    »Doch, das tut sie wahrscheinlich, aber dafür besteht kein Bedarf.« Er stöhnte. »Dieses Mädchen ist isländisch, sie ist noch keine achtzehn und …«
    Stefán verlor die Geduld. »Verdammt noch mal, es spielt doch überhaupt keine Rolle, woher sie kommt«, knurrte er, »oder wie alt oder fett oder dünn sie ist oder was für eine Haarfarbe sie hat. Sie muss verhört …«

    »Nein … ja … darum geht es gar nicht«, unterbrach Steinþór ihn, »aber, äh, ich weiß nicht, wie ich das ausdrücken soll, die Sache ist ein bisschen heikel. Das arme Ding ist hier aus Egilsstaðir, und …« Er stöhnte noch einmal tief, und nun war Stefán mit seiner Geduld gegenüber einem stöhnenden Landpolizisten am Ende. »Und was?«, fragte er scharf. »Handelt es sich um die Tochter des Bürgermeisters oder des Pastors oder des Amtmanns? Was ist eigentlich das Problem?«
    »Nein, sie ist nicht die Tochter des Bürgermeisters oder des Pastors … aber …« Er verstummte wieder, und Stefán verfluchte ihn im Stillen.
    »Raus mit der Sprache, Mann!«
    »Sie heißt Helena«, sagte Steinþór, »und sie ist die Tochter von Guðni.«

19
    Dienstag
    Valdimar fühlte sich elend. Nichts war, wie es sein sollte. Halldór war tot, Birgir war verschwunden, und überall wimmelte es von schwer bewaffneten Polizisten. Ihm lag etwas wie Blei im Magen, und er konnte weder in die Arme seiner Frau flüchten noch in seinen Bagger. Und an einen Spaziergang war bei dem Wetter nicht zu denken. Blieb also nur der Schnaps, aber danach war ihm jetzt auch nicht mehr zumute, denn dessen Trost war nur von kurzer Dauer, wie ihn die Erfahrung gelehrt hatte. Er versuchte ein weiteres Mal, seinen Sohn anzurufen, er musste sich unbedingt Klarheit verschaffen, was Birgir mit diesem Unsinn über seinen Bruder gemeint hatte. Wo zum Kuckuck steckte der Junge bloß? Jetzt war nur noch er übrig, dieser nicht zu bändigende Goliath, das Problemkind, das ihm bereits im Konfirmationsalter über den Kopf gewachsen war. Dísa, ihr kleiner Engel, hatte nur sechs Jahre leben dürfen, bevor der Herr sie zu sich nahm. Leukämie, hatte der Arzt gesagt, als sei es vollkommen selbstverständlich, dass Kinder Krebs bekamen. Es hatte ihn und seine Frau furchtbar mitgenommen, doch sie waren darüber hinweggekommen, sie hatten nicht aufgegeben. Ein Jahr nach dem Tod des Mädchens hatte er ein kleines Unternehmen
gegründet, damals war Halldór ein Jahr alt gewesen. Und nun war er auch tot, und nur noch Birgir, der ihnen ständig Schwierigkeiten gemacht hatte, war übrig geblieben. Aber er lebte, und Valdimar spürte das dringende Bedürfnis, ihn zu sehen und sich zu vergewissern, dass er wohlauf war. Weshalb ging er nicht ans Telefon? Valdimars Unruhe steigerte sich von Minute zu Minute.
    »Und es ist alles deine eigene Schuld, Valdimar«, murmelte er, »du bist seit jeher ein Unglücksmensch gewesen und bist es immer noch.« Dreimal hatte er eine Beschwerde bei Ásmundur eingelegt, zweimal mündlich und einmal schriftlich, und verlangt, dass der Grat abgesprengt wurde. Er und Birgir arbeiteten nicht selten direkt unterhalb in der Schlucht, und er empfand die Situation als bedrohlich. Er hatte sich auf Ásmundur verlassen, ihm vertraut und mit niemand anderem geredet. Nicht mit Matthías, nicht mit dem Kerl von Impregilo, nicht mit dem Arbeitsschutzamt, sondern nur mit Ásmundur. Und Birgir natürlich, wie oft hatte er sich nicht in den Kaffeepausen darüber ausgelassen. Halldór gegenüber hatte er aber nichts erwähnt.

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