Blutberg - Kriminalroman
rechten Hand über der Maustaste gekrümmt. Ganz entgegen seinen Gewohnheiten verzichtete Árni darauf, erst nachzudenken und dann zur Tat zu schreiten, sondern durchquerte in zwei Riesensätzen das Zimmer.
Er war zu spät. Margeir drückte die Maustaste, und einen Sekundenbruchteil später landete Árni auf ihm. Sie fielen beide polternd gegen die Wand und gingen zu Boden. Zum Glück für Árni landete er oben. Björg ließ vor Schreck eine Masche fallen, legte das Strickzeug zur Seite und zog Árni am Ohr.
»Was soll denn das, Junge? Lass Margeir in Ruhe!«
Árni gab nicht einmal einen Schmerzenslaut von sich. » Sorry «, sagte er keuchend und wusste nicht, ob das Margeir oder Björg gelten sollte, »aber ich konnte einfach nicht anders.« Margeir spuckte ihm ins Gesicht. Oho, also doch ein richtiger Punker, dachte Árni. Er bat Björg, zum Fenster zu gehen und zu winken. Verdammte Scheiße, immer zu spät, dachte er und war stinkwütend auf sich selber. Dann grinste er Margeir an. »Ich hab dich aber jedenfalls geschnappt.« Margeir spuckte wieder, doch diesmal konnte Árni ausweichen, und der Pflatsch landete auf dem Kopf der Grünen Armee.
»Hör zu, Jorge«, sagte Joaquim und drückte die Hand seines Freundes kräftig, »das wird schon alles wieder. Wir fahren
nach Hause, nach Terena, und umarmen unsere Frauen und trinken Rotwein in der Sonne. Es wird alles wieder wie früher.«
Jorge hatte Schwierigkeiten, sich länger als einige Sekunden zu konzentrieren. Im Augenblick machte er sich Sorgen wegen seines Freundes.
»Sie werden dich feuern«, sagte er mit schwacher Stimme. »Wenn du die ganze Zeit hier bei mir rumhängst, feuern sie dich …«
»Ich weiß«, sagte Joaquim lächelnd. »Sie haben mich sogar schon gefeuert. Aber das ist vollkommen in Ordnung, ich will wieder nach Hause. Und du bekommst zumindest eine Entschädigung. Und einen neuen, glänzenden Fuß aus Stahl, viel besser als der alte, sagen sie. Denk dir nur, du wirst reich und berühmt in Terena. Jorge, der Mann mit dem stählernen Fuß.« Sie versuchten zu lächeln, aber das Lächeln fiel nicht sehr überzeugend aus, und beide blickten woanders hin.
Jorge verspürte immer noch einen stechenden Schmerz im rechten Fuß und wunderte sich sehr darüber. Genauso wie über die Schmerzen in den Fingern, die er verloren hatte, oder die Vorstellung, dass er auf dem Heimweg war. Zwar mit einem Fuß und ein paar Fingern weniger, aber trotzdem fand er, dass er erstaunlich gut davongekommen war. Zumindest hatte er noch nie von jemandem gehört, der sich mit einem dämlichen Fuß und ein paar Fingern aus der Hölle losgekauft hatte, obwohl er viele Geschichten dieser Art kannte.
Jorge war wieder eingeschlafen, als Joaquim sich traute, ihm wieder in das strahlende Gesicht zu sehen.
Katrín traute ihren Ohren nicht.
»Hat Árni wirklich jemanden gefunden, den er bei einem Clinch unterkriegen konnte?«, fragte sie überrascht. »Was es nicht alles gibt.«
Guðni musste laut lachen, und Katrín sah ihn misstrauisch an.
»Was denn?«, fragte Guðni. »Ich fand das komisch. Darf ich nicht lachen, wenn du witzig bist? Oder wird das auch unter Macho-Allüren eingeordnet?«
Der Tag der Wunder musste angebrochen sein.
»Darfst du«, sagte Katrín und wandte sich Stefán zu. »Und was hat er da gemacht, der grüne Punker? Die Grüne Armee?«
»Eine E-Mail abgeschickt«, sagte Stefán. »Noch eine an den Generaldirektor der NPC. Der Text war etwas kürzer als sonst, nur noch die Phrasen - wer das Land ruiniert, wer anderen eine Grube gräbt, und so weiter. Aber das Attachment, das er angehängt hat, ist gefährlich, glauben sie. Sie haben es sich noch nicht genau anschauen können, aber sie gehen davon aus, dass da ein Virus oder irgendetwas drin ist, das im Computersystem des Unternehmens Schaden anrichten soll, und anscheinend ist das auch schon der Fall. Etwas, was sich von selbst geöffnet hat, wenn ich es richtig verstanden habe, man brauchte es nicht einmal anzuklicken. Und noch etwas war anders als bei den früheren E-Mails, diese hat er zum ersten Mal auch an andere Adressen geschickt, und zwar ging sie auch an irgendwelche Kontrollstellen für das Stromverteilernetz. Es handelt sich um E-Mail-Adressen, von denen nur einige wenige Eingeweihte wissen. Also hat es da entweder ein Leck gegeben, oder der Junge hat sich da reingehackt, was ich persönlich für wahrscheinlicher halte.«
»Und was bewirkt dieses Virus?«
»Das weiß ich
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