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Blutberg - Kriminalroman

Blutberg - Kriminalroman

Titel: Blutberg - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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nicht fertig«, sagte er. »Die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Leider.« Er verstummte wieder, während er sich seine Worte überlegte, und diesmal ließ Stefán das Band laufen. Sie saßen nur da und schwiegen mit ihm, bis Valdimar bereit war, weiterzumachen.
    »Es war nicht meine Absicht, meinen Halldór umzubringen«, wiederholte er, »das könnt ihr euch vermutlich auch denken. Und auch niemand anderen, keine Menschenseele. Aber das habe ich getan. Ich war in dem Glauben, an alles gedacht zu haben, es ging mir darum, Menschen das Leben zu retten, indem ich die Gefahr beseitigte, aber stattdessen … Stattdessen habe ich Menschen das Leben genommen. Ich hätte vielleicht doch meinem Birgir vertrauen und ihn hinzuziehen sollen, aber ich wollte ihn nicht in Schwierigkeiten bringen. Wie ihr wisst, hat er eine Vergangenheit und muss sehr auf der Hut sein. Was man daran sehen kann, dass ihr wegen irgendwelcher Fingerabdrücke sofort zu dem Ergebnis kommt, dass er Ásmundur umgebracht hat, und ihn einsperrt. Aber nicht er hat deinen Freund Ásmundur umgebracht, das habe ich getan. Ich habe es getan. Ich weiß, dass es nicht zu rechtfertigen ist, aber so denkt man vielleicht nicht immer, nicht, wenn man gerade einen Sohn verloren hat, gerade seinen eigenen Sohn umgebracht hat. Für mich war Ásmundur daran schuld, nicht ich. Ich ging in der Nacht zu ihm …«
    Valdimar schlug die Hände vors Gesicht, und als er fortfuhr, vermied er es, Katrín oder Stefán in die Augen zu blicken.

    »Er ließ mich herein und begann damit, wie leid ihm das alles täte, es sei ihm nicht klar gewesen, wie gefährlich der Bergkamm war. Er habe sich dafür eingesetzt, ihn abzusprengen, sei aber damit nicht durchgekommen, und dergleichen mehr. Entschuldigungen, endlose Entschuldigungen. Er sagte, dass er die Schuld an allem trüge, und damit hatte er zumindest recht. So waren meine Gedanken in dieser Nacht. Er sagte mir, dass er versucht hätte, sich zu erhängen, aber es sei schiefgegangen. Das fand ich bedauerlich und beschloss deshalb, ihm dabei behilflich zu sein. Anschließend habe ich ihn wieder an die Stange geknüpft. Und jetzt kannst du das Gerät ausschalten und meinen Birgir wieder freilassen, damit er seiner Mutter über diese furchtbaren Schicksalsschläge hinweghelfen kann. Ich hatte ihn gebeten, um meinetwillen übers Wochenende Stillschweigen zu bewahren, damit ich meinem Halldór das letzte Geleit geben konnte, und das hat er getan, der gute Junge. Wie er das ausgehalten hat, weiß ich nicht, und genauso wenig, wie ich es geschafft habe, die ganze Zeit zu schweigen. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie ich mich gefühlt habe, als ich erfuhr, dass sechs Menschen unter den Gesteinsmassen, die ich ausgelöst hatte, begraben worden waren. Wie ich mich fühlte, als ich herausfand, dass ich … dass ich …«
    Stefán schaltete das Aufnahmegerät aus und sah Katrín an. Es stimmte natürlich, sie waren nicht imstande, sich in das Innenleben eines Mannes hineinzuversetzen, der feststellen muss, dass er seinen eigenen Sohn umgebracht hat. An einer Erfahrung dieser Art war ihnen auch nicht gelegen. Valdimar bekam das Schluchzen wieder unter Kontrolle, das ihn kurze Zeit geschüttelt hatte, und sah Stefán direkt in die Augen. Augen und Nase waren vom Weinen gerötet, aber er saß nicht mehr ganz so gebeugt da, nachdem er sich von dieser Zentnerlast befreit hatte.

    »Ihr könnt meinen Birgir also jetzt freilassen«, wiederholte er.
    »Dabei gibt es nur ein kleines Problem«, sagte Stefán bedächtig, »und das ist die Sache mit den Fingerabdrücken. Wie du sehr richtig gesagt hast, haben wir Birgirs Abdrücke in Ásmundurs Wohnung gefunden, und nicht deine.«
    »Was soll’s?«, sagte Valdimar achselzuckend. »Birgir ist oft genug drinnen bei Ásmundur gewesen, zusammen mit mir und Dóri. Wir haben uns unterhalten oder Karten gespielt. Ásmundur und ich kannten uns nämlich auch bereits seit langem, und wir sind immer bestens miteinander ausgekommen, bis dieser elende Grat …« Er schüttelte resigniert den Kopf. »Ich habe Handschuhe getragen, so einfach ist die Sache. Und jetzt seht zu, dass ihr meinen Birgir freilasst, worauf wartet ihr noch? Seine Mutter braucht ihn. Reicht es nicht, dass sie ihren Halldór zu Grabe tragen musste, und zwar durch mein Verschulden? Was soll der armen Frau denn noch aufgebürdet werden?«
     
    Stefán stoppte das Band. Es war vielleicht sogar noch schwieriger, sich alles zum zweiten Mal

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