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Blutberg - Kriminalroman

Blutberg - Kriminalroman

Titel: Blutberg - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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sich immer wieder vor. »Wer ist wer, und wer wollte wen weswegen umbringen?«
    Auf die Ellenbogen gestützt, las Katrín zum vierten Mal Ásmundurs letzte schriftliche Äußerungen durch. Stefán
hat recht, dachte sie, dieser Brief ist tatsächlich etwas seltsam.
     
    Als Stefán zum vierten Mal im gleichen Abschnitt den Faden verlor, gab er es auf und griff nach dem Telefon, auch wenn es schon nach eins war.
    »Hab ich dich geweckt?«, fragte er, obwohl er die Antwort wusste.
    »Kein Problem«, antwortete Ragnhildur gähnend. »Wie geht’s dir, Schatz?« Obwohl die Telefonverbindung nicht gerade die beste war und sie ihren besorgten Unterton zu unterdrücken versuchte, kannte Stefán sie nach fünfunddreißigjährigem Zusammenleben nicht weniger gut als sie ihn.
    »Mir geht’s prima«, sagte er so beruhigend und aufmunternd wie möglich. »Und dir?«
    »Doch, mir auch, abgesehen von der Tatsache, dass mir der Mann im Haus fehlt.« Sie gähnte wieder, und Stefán biss sich auf die Unterlippe. »Ich habe in den Nachrichten gehört, dass sie inzwischen wieder irgendeine Straßenverbindung zu euch hergestellt haben?«
    »Ja, das ging relativ schnell, da gab es schon irgendeine Baggerpiste runter zu dem provisorischen Staudamm, und die haben sie, soweit ich weiß, nach einigen Stunden auch für andere Fahrzeuge passierbar machen können.«
    »Und überall Männer mit Karabinern, die sämtlichen Verkehr stoppen und niemanden durchlassen, weder Reporter noch sonst wen?«
    »Sie lassen die durch, die durchmüssen, Schatz. In beide Richtungen. Und ich bin ehrlich gesagt froh, dass uns auf diese Weise die Pressegeier vom Hals gehalten werden, es reicht auch so schon. Sag nicht, dass der Faschismus total von Übel ist.« Er versuchte, herzlich und unbefangen zu lachen, aber es war ein ziemlich misslungener Versuch.

    »Ja, ja, wenn dir das hilft, darfst du das gern ins Lächerliche ziehen«, erklärte Ragnhildur. »Aber jetzt sag mal ehrlich, wie geht es dir da oben in dieser Einöde?«
    »Gemessen an den Umständen geht’s mir eigentlich erstaunlich gut«, antwortete Stefán wahrheitsgemäß und strich sich über den dicht behaarten und vollen Bauch. »Heute Morgen war ich relativ gestresst, aber es ist alles besser verlaufen, als ich befürchtet hatte, wurde ja auch niemand verletzt. Und jetzt bin ich auch nicht mehr wütend. Das war ich erst, aber jetzt nicht mehr. Ich sollte es vielleicht sein, aber mir ist die Lust dazu vergangen. Wenn die hier unbedingt so ein Zinnsoldatenspiel spielen wollen, dann ist das ihre Sache.« Er seufzte und bemühte sich angestrengt, Kappe und Kissen zurechtzurücken, bevor er sich an die Wand am Kopfende des Betts lehnte und zur Sache kam. »Da ist nur eines«, sagte er, »erinnerst du dich an Mundi? An Ásmundur Arason?«
    »Der in deiner Klasse war? Den Bruder von Ásgerður, die in meiner Klasse war?«
    »Genau.«
    »Natürlich erinnere ich mich an den. Ich war doch die ganzen Jahre im Gymnasium jeden zweiten Sonntag bei ihm zu Hause oder besser gesagt bei Ásgerður zu Hause zu Kaffee und Pfannkuchen eingeladen. Der Vater ist, glaube ich, vor zwei Jahren gestorben, aber Dísa, ihre Mutter, habe ich letzten Sommer getroffen, als wir in Akureyri waren. Und zwar bei diesem legendären Kaufmannsladen Brynja, wo es hausgemachtes Eis gibt. Sie hat sich da ein Eis gekauft, genau wie ich. Die alte Dame war erstaunlich gut drauf. Weshalb fragst du?«
     
    Da Árni befürchtete, dass der Rauch auf den Korridor hinausdringen würde, sah er sich gezwungen, das Fenster einen
Spalt zu öffnen, auch wenn der Schnee die ganze Zeit hereinwirbelte und sich wie ein Teppich auf den Schreibtisch legte. Er war ständig damit beschäftigt, den Schnee zusammenzustreichen und ins Waschbecken zu tragen, was mit einer Zigarette in der einen und Telefon in der anderen Hand nicht ganz einfach war. Glücklicherweise hatte er aber sein Freisprech-Set mitgenommen, sonst wäre es richtig schwierig gewesen.
    »Ich weiß es nicht«, sagte er. »Stefán behauptet, dass derjenige, der dahintersteckt, die Brücke observiert und mit der Sprengung gewartet haben muss, bis wir runtergefahren sind, aber ich bin mir da nicht so sicher.«
    »Aber ist das nicht wahrscheinlich?«, fragte Ásta, die Gelassenheit und Vernunft in Person. »Ich meine, das passierte doch genau in dem Augenblick, als ihr von der Brücke runter wart, und nicht um zwölf, wie in dem Drohbrief stand?« Árni murmelte etwas und schniefte. Er fand, dass

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