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Blutbraut

Blutbraut

Titel: Blutbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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Ich bin zu Rafael und habe ihn gezwungen, sie aus mir herauszupulen. Ohne irgendjemandem sonst etwas davon zu erzählen. Anschließend wollte ich direkt zurück ins Krankenhaus. Nur war das Eisen zu lange in mir drin. Ich erinnere mich noch daran, wie er den ersten Splitter herausgezogen hat. Danach fehlen mir ungefähr achtundvierzig Stunden.«
    »Rafael weiß das alles?«
    »No. – Vielleicht hat er eins und eins zusammengezählt, aber wenn, dann hat er nie etwas gesagt.« Wie zuvor hob er die Schultern. »Ich konnte mich tagelang kaum bewegen, sosehr ich es auch immer wieder versucht habe. Ich habe sogar einen Streit mit Estéban vom Zaun gebrochen, damit er mich in Ruhe lässt und nicht obendrein noch auf die Idee kommt, meine Dienste zu benötigen. Wenn er etwas gemerkt hätte …«
    Verwirrt sah ich ihn an. »Du hast noch nicht einmal deinem Vater …? Aber warum?«
    »Weil ich ihm ab einem gewissen Zeitpunkt in den meisten Dingen nur so weit getraut habe, wie ich ihn sehen konnte.«
    Und was mich anging, hatte er ihm offenbar überhaupt nicht vertraut. »Er war dein Vater.«
    »Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Und ganz nebenbei: Er war ein machtbesessener Bastard.« Er rieb sich übers Gesicht. »Nachdem das Krankenhaus mich ausfindig gemacht
hatte und ich wusste, was mit dir los war …« Er stemmte die Ellbogen auf die Knie, ließ die Hände dazwischenhängen. »Es war die beste Klinik, die ich in der kurzen Zeit finden konnte. Sie waren spezialisiert auf posttraumatische Störungen und Angstpsychosen. Ich dachte, sie könnten dir helfen. Ich hatte es gehofft. Als der Brief kam, dass du davongelaufen bist, war mir klar, dass ich einen Fehler gemacht hatte. Aber da war es zu spät. Ich habe die letzte Rechnung bezahlt und ihnen gesagt, sie sollen die Suche nach dir einstellen. Ich würde mich von jetzt an persönlich darum kümmern.«
    Für eine Sekunde schloss ich die Augen, holte tief Luft, öffnete sie wieder. »Du wusstest die ganze Zeit, wo ich war. Mit deinen Spiegeln.«
    »Unter anderem mit ihnen. Sí.«
    »Warum hast du niemals versucht, mich zurückzuholen? Ich meine … ich … mein Blut …« Ich verstummte.
    »Ich wollte es, aber … ich habe im Spiegel gesehen, wie du die Narbe an deinem Hals betrachtet hast, immer wieder; wie du dabei viel zu schnell geatmet hast. Das Grauen in deinen Augen … Ich dachte, es würde sich legen, wenn ich dir nur genügend Zeit gebe.«
    »Es wurde ja auch besser.«
    »Sí. Und ich war drauf und dran, zu dir zu kommen. Damals, als du in New York warst. Aber dann ist Estéban gestorben. In den Machtkämpfen danach …« Er schüttelte den Kopf. »Als die Machtverhältnisse innerhalb der Familie dann endgültig geklärt waren, wollte ich dich zu mir holen. Zu diesem Zeitpunkt wärst du auch endlich auf Santa Reyada in Sicherheit gewesen; wirklich in Sicherheit. – Aber ich wollte mich vergewissern, dass du über das Trauma von damals hinweg warst.«

    »Was …?«
    »Erinnerst du dich an den Typen im Vampirkostüm auf dieser Halloweenparty in dem Club, in dem du gearbeitet hast? Der versucht hat, dich mit seinem Plastikgebiss zu beißen?«
    Schaudernd nickte ich. Dann wurde mir klar, was seine Worte bedeuteten. »Woher …? Du …?«
    »Ich war dort. Weit genug weg, dass du mich nicht bemerkt hast, aber nah genug, um alles zu sehen.« Er wich meinem Blick aus. »Ich habe ihm fünfzig Dollar gegeben, damit er dir an den Hals geht, und ihm gesagt, es sei eine Wette.«
    Fassungslos saß ich da, wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich war damals zusammengebrochen, weil ich keine Luft mehr bekommen hatte. Alle Welt hatte gedacht, ich hätte einen Asthmaanfall oder etwas Ähnliches. Um ein Haar wäre ich wieder im Krankenhaus gelandet. Weil er wieder eines seiner Spielchen gespielt hatte. »Du elender Scheißkerl. Ich dachte, ich … sie …«
    »Ich musste es wissen, Luz.«
    »Ach, und warum?« Ich ballte die Fäuste. »Damit du mich wieder in eine Klinik stecken lassen konntest? Damit sie mich endlich wieder auf Spur bringen? Damit ich endlich so funktioniere, dass du mich benutzen konntest?«
    »No.« Brüsk stand er auf, sah auf mich herab. Unter seinem diamantfahlen Blick zuckte ich zurück. »Damit ich dich nicht unnötig zur Zielscheibe mache, wenn du es nach wie vor nicht ertragen kannst.« Plötzlich war seine Stimme scharf.
    »W …?« Weiter ließ er mich nicht kommen.
    »Bis zu diesem Zeitpunkt wusste niemand, dass es dich noch gibt. Das hätte

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