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Blutbraut

Blutbraut

Titel: Blutbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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sich geändert, wenn ich dich nach Santa Reyada geholt hätte. Ich bin der Patron dieser Familie. Ob es mir gefällt
oder nicht, das Konsortium taucht immer wieder hier auf. Ich hätte dich auf Dauer nicht vor ihnen verstecken können. Es sei denn, ich hätte dich im Keller eingeschlossen und einen Bannkreis um dich gezogen.«
    Das, was Rogier möglicherweise mit mir gemacht hätte, wenn ich für keinen der Hexer aus seiner Familie gepasst hätte. Wenn Joaquín mich nicht hierher zurückgeholt hätte.
    »Und warum haben mich Abners Leute dann in Boston gefunden? «
    Jetzt schloss auch er die Hände zu Fäusten. »Weil meine Macht … instabil ist.«
    »Instabil?«
    Ein Nicken, kurz, hart, ruckartig. »Sie schwankt. Oder tut es zumindest von Zeit zu Zeit. Seit ich Nosferatu werde. Meist, wenn die Sonne auf – oder untergeht. Bei einer dieser Gelegenheiten muss zuerst Cris dich gespürt haben und dann zu einem späteren Zeitpunkt irgendwie auch Abner. Oder einer aus seiner Familie. Sie vermutlich vor den anderen, weil sie dir am nächsten waren. Und Cris …. Er ist mein Bruder. Er steht mir in der Blutlinie am nächsten.« Er sah zum Fenster. »Und dann tauchte Rafael mit dir hier auf und mein ganzer Plan ist zum Teufel.« Sein Blick kehrte zu mir zurück. »Sie hätten dich niemals finden sollen.« Genau das hatte er in dieser Nacht damals gesagt. Und ich hatte es für eine Drohung gehalten. Dabei hatte er es genau so gemeint, wie er es gesagt hatte: Sie hätten mich niemals finden sollen. – Weil er mich vor ihnen versteckt hatte.
    »Aber du bist Nosferatu geworden …«
    »Um das aufzuhalten, hättest du mir dein Blut freiwillig anbieten müssen. Daran war seitdem zu keinem Zeitpunkt zu denken.« Ein kleines, trauriges Lächeln huschte über seine Lippen,
war verschwunden, ehe ich mir sicher sein konnte, es tatsächlich gesehen zu haben. »Warum hätte ich dich mit in den Abgrund reißen sollen? Warum sollte ich es jetzt tun?«
    Ich schluckte schwer, schob die Hände zwischen meine Knie. Mein Mund war wie ausgedörrt.
    Als würde ihm erst jetzt bewusst, dass er sie immer noch trug, begann er, die Bandagen von seinen Händen abzuwickeln. »Jetzt weißt du, warum ich deine Krankenakte habe. Ich habe in den letzten Tagen versucht, noch irgendeinen Hinweis zu finden, wie man deinen Panikattacken vielleicht begegnen kann. Nichts.« Wieder ein hartes, kurzes Zucken um seine Lippen. Als würde er sich selbst dafür verachten, dass er diesen Versuch noch einmal unternommen hatte. Noch einmal gewagt hatte, zu hoffen; schwach geworden war. »Aber letztlich war nichts anderes zu erwarten.« Er ging zur Tür. »Ich werde die Papiere verbrennen. Was damals passiert ist, geht niemanden außer uns beide etwas an.«
    Ich nickte, sah ihm zu, wie er mein Zimmer durchquerte. Plötzlich fühlte ich mich benommen. Er hatte die Tür schon geöffnet, als er sich noch einmal zu mir umwandte.
    »Würdest du mir eventuell einen Gefallen tun, Luz?« Die Härte war aus seiner Stimme verschwunden.
    Ich schaute ihn an, nickte erneut. Noch immer ohne einen Ton herauszubringen.
    »Würdest du mir bei etwas behilflich sein? Es dauert nicht lange.«
    »Natürlich.« Wieder nickte ich. Das Wort war ein Krächzen.
    »Dann treffen wir uns in zehn Minuten in meinem Atelier oben. In Ordnung?«
    Ich nickte abermals. »In Ordnung.«
    Auch er nickte noch einmal, dann war er hinaus. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss.
    Ich saß da, die Hände noch immer zwischen den Knien, und starrte auf das Sofa, dorthin, wo er gesessen hatte. Der Mann, der Hexer, der Vampir, vor dem ich mein halbes Leben davongelaufen war, hatte mich die ganze Zeit vor seinesgleichen beschützt. Warum hatte er nie etwas gesagt? – Weil ich ihm niemals geglaubt hätte. Ich verstand selbst nicht, warum ich ihm jetzt glaubte.
     
    Die Läden vor den Fenstern des Ateliers waren geöffnet, als ich zehn Minuten später die Treppe heraufkam. Trübes Licht drang herein. Regen prasselte gegen die Scheiben. Joaquín stand an einem der Arbeitstische entlang der Wand. Offenbar hatte er es geschafft, nicht nur die Trainingshosen gegen Jeans und Hemd zu tauschen, sondern auch noch zu duschen. Seine Haare waren nass. Und wie immer im Nacken zusammengebunden. Und genauso wie immer schien er zu wissen, dass ich da war. Ohne sich umzudrehen. Oder dass ich auch nur einen Laut von mir gab.
    Das Päckchen stand vor ihm. Offen. Eben hob er den Inhalt heraus. Vorsichtig. Plastikbeutel. Acht Stück. Klein.

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