Blutbuchen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners erster Fall) (German Edition)
durch. Und wir beide, Herr Dreyer, hören wieder zu.«
~ 63 ~
Ohne große Vorrede wurde Judith Brunner sehr direkt: »Leider mussten wir feststellen, dass Sie uns weiter belügen, Frau Winter.«
»Das stimmt nicht, ich weiß wirklich nicht, wo meine Schwester ist.«
»Darum geht es gar nicht. Ihre Schwester hat sich mit Sicherheit abgesetzt. Uns geht es ...«
»Abgesetzt?«, unterbrach Anne Winter sofort.
»Ja. Überrascht Sie das etwa?« Judith konnte nicht freundlich sein.
»Aber, aber? Sie kann doch nicht?« Anne Winter wirkte eher durcheinander als ungläubig.
»Wann haben Sie sie denn zuletzt gesehen?«
»Na gestern Abend, bevor ich zu Irmgard Rehse gegangen bin«, gab sie ehrlich zu.
»Aha. Ihre Schwester konnte sich sicher denken, was Sie vorhaben. Oder hatten Sie das sogar mit ihr besprochen?«
»Nein, natürlich nicht! Was glauben Sie denn! Das hätte Emily niemals gestattet. Und auch nicht verstanden. Jetzt noch den Mund aufmachen, wozu?«
»Ja genau. Wozu eigentlich? Das haben wir uns auch gefragt, Frau Winter.«
»Ein Moment der Schwäche, junge Frau. So etwas gibt es eben mal im Leben. Mir tut es selbst schon furchtbar leid.«
Das glaubte Walter ihr aufs Wort. Bis an ihr Ende würde diese Frau es bereuen, über die Ereignisse gesprochen zu haben. Ihre Verbrechen hingegen würden ihr Gewissen nicht belasten.
»Ihre Schwester können wir nun nicht zur Verantwortung ziehen, wer weiß, ob sie gefunden wird. Also werden Sie allein für alles geradestehen müssen. Karl Busch hat Sie sehr schwer belastet.«
»Der?«
»Ja, der!«, betonte Judith Brunner sehr sicher.
»Na, der hat’s nötig!«, empörte sich Anne Winter.
»Sie brauchen hier nicht die verletzte Unschuld zu spielen, Frau Winter. Auch die Erpressungen werden wir Ihnen nachweisen können!«
»Erpressungen?« Anne Winters Augen wurden zu Kieselsteinen.
Und Judith Brunner war es leid. »Lassen Sie das. Ich habe nicht vor, so weiter zu machen. Also geben Sie die Erpressungen zu?«
»Ja, und wenn schon. Das bisschen Geld!« Anne Winter klang sehr verächtlich.
Judith Brunner wollte es unbedingt aus ihrem Mund hören. »Bisschen? Wen alles haben Sie denn erpresst?«
»Busch.«
»Und?«
Patzig kam die Antwort: »Nichts und.«
»Wir wissen noch von Laurenz Heitmann!«
Jetzt wurde Anne Winter doch etwas unruhig. »Ach so?« Trotzdem nickte sie.
»Wie haben Sie Heitmann erpresst, ohne dass es jemandem auffiel?«, fragte Judith Brunner, jetzt schon wieder etwas ruhiger. Sie erinnerte sich, dass niemand engere Kontakte der Winter-Schwestern zu dem Chauffeur erwähnt hatte.
»Nun, ganz einfach, unsere Heimatfreunde-Treffen boten stets Gelegenheit dazu.«
»Und womit haben Sie ihm gedroht?«
»Hm, anfangs mit einer Anzeige bei der Polizei, er hätte den Überfall vertuschen wollen. Und als das verjährt war, einfach damit, Irmgard Rehse alles zu erzählen. Das fürchtete er fast noch mehr.«
»Hat er Ihnen auch geholfen, das Haus zu bekommen?«
»Natürlich. Er hat es zum großen Teil sogar bezahlt.«
Judith schluckte. Die Liste der unsäglichen Grausamkeiten wuchs. »Als Sie dann später wieder auf Busch getroffen waren, wären sie verpflichtet gewesen, ihn anzuzeigen und alles hätte aufgeklärt werden können.«
»Ja, aber auch unsere ...« Erschrocken hielt sie inne.
»Was wäre noch herausgekommen, Frau Winter?«
Anne Winter sagte sehr bestimmt: »Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
»Ach, ich dachte, Sie meinen Ihre Raubzüge«, sagte Judith Brunner und zeigte damit, dass Busch auch das schon längst verraten hatte.
»Unsere was?! Kann der denn seinen Mund nicht halten!« Anne Winter war wirklich ärgerlich, versuchte dann aber eine andere Masche: »Und wovon hätten wir sonst leben sollen?«
»Sie geben also zu, gestohlen und geraubt zu haben.«
Doch Anne Winter beschloss zu schweigen. Sie sah Judith Brunner nur vorsichtig an.
Die tat so, als lenke sie ein. »Na gut, wir können später auch Ihre Schwester dazu befragen. Kommen wir auf die Erpressung von Laurenz Heitmann zurück. Wieso machten Sie damit stets weiter? Er hatte Ihnen beim Start in Waldau doch geholfen?«
»Wir brauchten auch sein Geld«, gab Anne Winter kleinlaut zu.
Walter zweifelte inzwischen am Verstand der Frau. Für ihn war das Ausmaß an Raffgier kaum zu steigern.
Judith ging unerwartet in die Offensive: »Frau Winter, ist Ihnen eigentlich klar, dass Sie uns mit der Erpressung ein gutes Motiv für den Mord an Laurenz Heitmann
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