ist es nur Habgier, profane Habgier gewesen, mit nichts zu beschönigen. Es kommen aber noch Eigenschaften dazu, die zum Glück nicht so häufig anzutreffen sind: keinerlei Fähigkeit zum Mitgefühl, emotionale Unempfindlichkeit.«
»Wie wird man so?«
Judith versuchte eine Erklärung zu finden: »Na ja, wir wissen nicht, wie sie aufgewachsen sind. Ob sie uns davon berichten werden? Wie war das mit dem Tod ihrer Eltern? Wir kennen noch nicht einmal ihre richtigen Namen! Und dann der Krieg, ihr Marsch durch den Winter. Doch dieses Schicksal haben Tausende andere auch geteilt, und Schlimmeres durchgemacht. Und die wurden nicht zu Verbrechern.«
Laura nickte. »Die meisten haben sich anders entschieden. Ich denke, es gibt keine Entschuldigung für das, was die Winter-Schwestern getan haben.«
Sie war gerade fertig damit, den Tisch zu decken, als Walter endlich hereinkam. Judith und Laura sahen ihm erwartungsvoll entgegen. »Gibt’s was Neues?«
»Sie haben Emily Winter gefunden. In Stendal. Mit einer Tasche voller Schmuck. Sie hat heute Nachmittag tatsächlich versucht, ein paar wertvolle Stücke zu verkaufen, und dem Händler kam die Sache nicht ganz sauber vor. Er rief vorsichtshalber die Polizei, und wenig später hat man sie in einem Restaurant verhaftet.«
Die gute Nachricht hob die Stimmung der Frauen für einen Moment. Erleichtert setzten sie sich mit Walter zum Essen nieder, ließen es sich schmecken und versuchten ein harmloseres Tischgespräch. Und so boten die einheimischen Spezialitäten wieder einmal Anlass, über Gewürze, Brotsorten und das Landleben im Allgemeinen zu schwärmen. Doch gelang es ihnen kaum, die vorgetäuschte Heiterkeit bis zum Ende der Mahlzeit durchzuhalten, zu präsent waren die kürzlichen Ereignisse.
»Was passiert nun mit den drei Verbrechern, Judith?«, wollte Laura wissen.
»Na, sie werden angeklagt, die Winter-Schwestern auf jeden Fall für gefährliche Körperverletzung, wenn nicht sogar für versuchten Mord – und das nur für den Anschlag auf Sie, Laura. Dazu kommen noch Anstiftung zum Mord, Raub, Erpressung. Bei Busch zwei Morde! Und wer weiß, was über seine Kriegszeit noch herauskommt? Das dürfte für eine lange Zeit im Gefängnis reichen.«
Allerdings waren diese erfreulichen Aussichten nicht genug, um Lauras plötzlich wieder aufkommende Traurigkeit zu vertreiben. Drei gute Männer waren tot. Sie würde keinen Grund dafür akzeptieren können.
Walter versuchte, sie aufzumuntern: »Die sind damit aber nicht durchgekommen, Laura. Und dir geht es bald wieder besser.« Er zwinkerte ihr kaum merklich zu. Laura wurde wieder warm ums Herz und still wollte sie Walter danken.
Doch der sah gerade Judith auf ganz besondere Art an. »Alles wurde aufgedeckt. Und wir haben sie geschnappt! Habt ihr auch ein Glas für mich?«
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Katzen sollen den Menschen ja nicht wegen seiner Fähigkeit, Futter bereitzuhalten, schätzen – die setzen sie voraus – , sondern wegen seines Unterhaltungswerts. Wilhelmina belauschte ihre Menschen, auf dem Sessel zufrieden schnurrend, und mit der ihrer Art eigenen Allwissenheit war sie sicher, dass sie nur das Weitere abzuwarten brauchte.
Impressum:
Schroll, Heike:
»Blutbuchen – Ein Altmarkkrimi«
Judith Brunners erster Fall
Kriminalroman
eBook-Version: 5 (12.05)
Altmarkkrimi.de
Heike Schroll
Im Haselwinkel 33
12589 Berlin
Tel.: +49 30 20237556
[email protected] Alle Rechte vorbehalten.
Umschlaggestaltung: Bernd Schroll unter Verwendung eines Fotos von Bernd Garbe
© Heike Schroll
Wenn Ihnen der Kriminalroman gefallen hat, lesen Sie bitte auch:
» Eisblumen – Ein Altmarkkrimi « Judith Brunners zweiter Fall
»Giftweizen – Ein Altmarkkrimi« Judith Brunners dritter Fall
(erscheint voraussichtlich 2012).