Blutbuchen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners erster Fall) (German Edition)
gehörig auf die Nerven.
»Was soll ich da groß erzählen. Er rief mich am Mittwoch letzter Woche an und teilte mir mit, dass er am Donnerstag zum Bahnhof kommen würde. Er hätte jemanden abzuholen. Er würde ein paar Minuten früher kommen und wollte mich kurz sprechen. Ich rief gleich in Waldau an, Emily Winter meinte nur, ich wisse ja, was zu tun sei. Sie würden morgens mit dem Zug verreisen und dann mittags zurückkommen, so hätten wir im Notfall eine Gelegenheit, uns nochmals abzusprechen.«
»Im Notfall?«
»Na, wenn etwas schief gehen sollte.«
»Weiter.«
»Heitmann kam, als ich gerade Fahrgäste zu bedienen hatte. Er stand einfach da und starrte mich an. Ich kannte ihn ja bis dahin nicht persönlich, doch wusste ich gleich, wer das war. Dann deutete er in Richtung Frachtschalter und ging davon. Ich dachte erst, er wolle mich da treffen, doch als ich dann raus ging, sah ich ihn gerade zu seinem Auto gehen. Sonst war niemand zu sehen. Ich folgte ihm, setzte mich neben ihn und, na ja.«
»Sie stachen einfach zu?«
»Ja.«
»Ohne mit ihm zu reden?«
»Worüber denn? Ich kannte ihn nicht, er wollte mir ans Leder!«
»Wo hatten Sie die Waffe her?«, fragte Judith Brunner. Nach dem Geständnis brauchte sie jetzt noch Beweise. Täterwissen!
»Selbst gemacht. Haben wir damals gelernt.« Ein gewisser Stolz in Buschs Stimme war nicht zu überhören.
»Und die hatten Sie stets bei sich? Oder im Büro versteckt?«
»Ich gehe nie ohne aus dem Haus. Bin ich dran gewöhnt.« Wie weit geht der Wahnsinn noch, dachte Judith. Doch dann fiel ihr ein, dass sie bei Busch keine Waffe gefunden hatten. »Kann nicht stimmen, heute hatten Sie keine dabei.«
»Finden Sie schon noch. Ein paar Messer hab ich immer im Büro, kam einfach nicht mehr ran.«
»Hm, was haben Sie nach dem Mord am Donnerstag getan?«
»Ich musste mich beeilen, der Mittagszug kam bald und da sind dann meist auch Leute am Bahnhof, denen mein Fehlen aufgefallen wäre. Oder der Busfahrer hätte mich sehen können. Doch alles klappte. Ich saß rechtzeitig in meinem Kabuff. Als der Zug kam, stiegen die Schwestern aus und ich bedeutete ihnen, dass es erledigt war.«
Die Skrupellosigkeit des Mannes war erschütternd. »Und Paul Ahlsens?«
»Der spielte sich nur auf! Ob ich keine Ehre hätte und so. Er machte mich nur wütend.«
»Warum brachten Sie ihn um?«
»Er wusste, was mit Heitmann passiert war und sagte mir auf den Kopf zu, er hielte mich für den Mörder. Er wollte zur Polizei gehen, wenn ich mich nicht selbst anzeigte! Was blieb mir da denn anderes übrig?«
»Also hat Ihnen für diesen Mord niemand den Auftrag gegeben? Es war Ihre eigene Entscheidung.«
Karl Busch hatte nichts dazu zu sagen. Und auch bei allen anderen Fragen blieb er stumm.
Judith Brunner ließ ihn in seiner Erbärmlichkeit zurück.
Freitag
~ 65 ~
Judith saß, immer noch etwas erschöpft, in der Küche ihrer Gastgeberin und sah Laura zu, wie sie das Abendessen vorbereitete. Sie hatten bereits eine Flasche Rotwein geöffnet und angestoßen. Es war ihr letzter Abend in Waldau und Laura hatte vorgeschlagen, ihn gemeinsam zu verbringen. Walter Dreyer würde auch noch kommen. Eigentlich hatte Laura eine größere Runde geplant, doch weder Astrid Ahlsens noch Irmgard Rehse war nach Geselligkeit zumute.
Gestern Abend hatte Judith ihr nur kurz von der Verhaftung Anne Winters und Karl Buschs berichtet.
So nutze Laura jetzt die Gelegenheit, ihren Gast etwas auszuhorchen. »Wissen Sie inzwischen auch, warum die beiden mich angegriffen haben?«
Bei den Verhören am Vormittag hatte Judith alles noch erfahren. »Busch hatte sofort bei Emily Winter angerufen, da er in Ihnen eine mögliche Zeugin vermutete. Als die beiden Schwestern dann vom Heimatfreunde-Abend kamen, nutzten sie einfach die Gelegenheit und versuchten, Sie als Risiko zu beseitigen.«
»Und der Strauß?«
»Davon wusste sie nichts. Vielleicht hatte ihn tatsächlich nur jemand vergessen?«
Laura fröstelte bei der Erinnerung an die Schläge. »Da hatte ich ja großes Glück, dass sie es nicht noch einmal versucht haben.«
Judith lächelte. »Das Wagnis war ihnen wohl zu groß, da haben sie lieber gewartet, ob wir ihnen überhaupt auf die Schliche kommen.«
Das leuchtete Laura ein. Schließlich war sie nach dem Überfall stets in Gesellschaft anderer gewesen.
Glücklich, jetzt alles überstanden zu haben, prosteten sich die beiden Frauen zu und gaben sich still ihren Gedanken hin.
Judith
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