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Bluteis: Thriller (German Edition)

Bluteis: Thriller (German Edition)

Titel: Bluteis: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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fest auf dem Programm stand: Die große deutsche Sportartikelfirma ließ die Sonderauflage der eine Million T-Shirts, die sie anlässlich der Olympischen Sommerspiele an Waisenhäusern und Kinderbetreuungszentren in Afrika verteilen ließ, im weißlackierten Logistikzentrum am Rande der M6 umverpacken und versenden. Die Container aus Bangladesch würden Mitte Februar den Mersey heraufdieseln und am Seaforth Dock im Norden Liverpools festmachen.
    Neil Brown wusste, dass West Midland Global Logistics den Auftrag auch deswegen an Land gezogen hatte, weil man wegen des Ratten-Jobs die komplette Liste sämtlicher Kinderbetreuungseinrichtungen in Afrika auf den Servern hatte. Er konnte natürlich nicht wissen, dass er und seine Kollegen an dem Abend, als der letzte rattengefüllte Container ihr Logistikzentrum auf einem Tieflader verlassen würde, auf der Fahrt zur Bowlingbahn, in der sie den erfolgreichen Abschluss des Riesenjobs feiern wollten, auf der M6 in das Heck eines plötzlich vor ihnen scharf bremsenden Betonmischers rasen und im Wrack des Ford verbrennen würden.
    Das wussten zu diesem Zeitpunkt nur ganz wenige Menschen auf der Welt.
    Mittwoch, 20. März, 9 Uhr 05
Zürich, Zentrale der Caisse Suisse
    »Wir sind bereit, Albert.«
    »Was meinen Sie mit bereit?«
    »Wir können die Sendungen losschicken. Alles wartet auf Ihren Einsatzbefehl.«
    »Auf meinen? Lex, ich habe noch gar nicht gesagt, ob ich …«
    »Sie machen einen Rückzieher?«
    »Das habe ich genauso wenig gesagt. Ich weiß nur nicht, ob das der richtige Zeitpunkt … ob das alles … ob wir nicht einen Fehler machen.«
    »Einen Fehler, Albert? Wir machen keine Fehler. Wir haben alles berechnet. In allen Konsequenzen durchgespielt. Sie kennen die Ergebnisse.«
    »Ja, aber Computerprogramme … ob die wirklich das tatsächliche … ich meine, das Leben abbilden?«
    »Wir vertrauen ihnen minutengenaue Wetterprognosen zu. Unsere Vorfahren haben noch an Bauernregeln geglaubt. Wir hingegen simulieren die Orkansysteme über dem Atlantik und sagen genau voraus, wo ein Hurrikan auf die US-Küste treffen wird. Und wir können voraussagen, wohin ungebremstes Bevölkerungswachstum führt, Albert.«
    »Lex, wir spielen Gott. Ist das rechtens, was wir da tun?«
    »Moral ist verboten. Sie macht den Normalzustand schlimm und das Schlimme nur noch schlimmer. Die Menschheitsgeschichte ist voll mit Beispielen dafür.«
    Albert Sonndobler raufte sich den kurz geschorenen Resthaarkranz. Er erhob sich aus dem Lederzweisitzer. »Ich kann doch nicht den Befehl geben, Millionen Menschen umbringen zu lassen. Nein, das kann ich nicht!« Seine Stimme bebte.
    »Weder Sie bringen sie um noch jemand, der in Ihrem Auftrag handelt. Sie bringen sich selbst um. Wir helfen nur ein bisschen nach, verstärken nur die naturgegebenen Eigenschaften des Menschen. Nichts anderes tun Markenartikler, wenn sie Ihnen ihre Produkte verkaufen.«
    »Jetzt machen Sie einen Punkt. Wir setzen Hunderttausende von infizierten Mäusen und Ratten aus, mit … Wie heißt dieser Einzeller?«
    »Toxoplasma gondii.«
    »Danke. Mit Toxoplasma gondii infizierte Ratten, damit sie die Menschen angstfrei und aggressiv machen. Das ist grauenvoll. Mit Werbung und Marketing hat das nichts zu tun.«
    »Ach, kommen Sie, wenn die Jungs von Varrée damit ihren Kaffee oder ihre Schokolade besser verkaufen könnten, würden sie es auch tun.«
    Sonndobler hatte nur wenige Zweifel, dass Kayser in diesem Punkt recht hatte.
    »Und Sie sitzen bei denen im Aufsichtsrat. Sie betreiben dort die Privatisierung des Wassers auf der Welt, Albert. Sie wollen mit einem Konsortium unter Ihrer Führung Afrika zum großen Agrarland machen. Glauben Sie, ich weiß das alles nicht? Da ist es Ihnen doch scheißegal, ob da hundert oder tausend oder zehntausend afrikanische Bauern vertrieben werden oder verrecken.«
    Sonndobler schwitzte. Kayser hatte ihn in eine Ecke gedrängt, aus der er nur schwer wieder herauskam. Zumal sich Kayser in dieser Ecke gut auskannte und sich offenbar seit Jahren und Jahrzehnten darin wohl fühlte.
    Lex Kayser wurde immer lauter. »Und wo ist der Unterschied? Ob Sie nun einen oder zehn oder hundert oder eine Milliarde umbringen, mein lieber Albert?«
    Albert Sonndobler hatte darauf keine Antwort.
    »Ich sage es Ihnen«, fuhr Lex Kayser fort. »Es gibt nämlich tatsächlich einen Unterschied zwischen den paar tausend Menschen, die Sie und die Unternehmen, die Sie finanzieren, umbringen werden, und der Milliarde,

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