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Bluteis: Thriller (German Edition)

Bluteis: Thriller (German Edition)

Titel: Bluteis: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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wieder die einzelnen Schritte des Projekts zu besprechen, hatten sie keine persönliche Beziehung aufgebaut. John verzog sich nach den Meetings in sein Hotel, und Neil war froh, dass er ihn nicht ins Pub hatte mitnehmen müssen. Neil Brown war die persönliche Beziehung zu seinem Chef im Grunde auch egal. Ob der nun ein Bier mit ihm trank oder nicht, er würde an die Aufgabe herangehen wie immer: mit Ruhe und Professionalität.
    Anfang März war der weiße Blechquader, der außen nicht einmal ein Logo von West Midland Logistics trug, leer. Zusammen mit den ersten Trucks kamen die Leute in den weißen Kitteln, die sich um die Tiere kümmerten. Sie behandelten jedes einzelne mit einer Spritze und sorgten dafür, dass es immer genug Futter und Wasser in den Spendern gab. Obwohl sie wie Wissenschaftler aussahen, waren sie sich nicht zu schade, den Dreck, den die Nager erzeugten und der in die Auffangbleche unter den Käfigen fiel, jeden Tag auszuräumen und zu beseitigen. Neil fiel auf, dass die blauen Fässer, in denen die Rattenfäkalien landeten, mit dem Zeichen für Biogefährdung gekennzeichnet waren, drei offene Kreise vor einem gefetteten Kreis in der Mitte. Neil fand es auch erstaunlich, dass so wenige der Tiere starben. Pro Tag vielleicht eines oder zwei, was er für eine sehr niedrige Quote hielt. »Den Viechern geht es besser als dem durchschnittlichen Engländer«, schimpfte er im Kreise seiner Mitarbeiter. »Von unserer Klimaanlage gereinigte Luft, sauberes Wasser, ausgewogene Ernährung, und jeden Tag kommt der Arzt auf Hausbesuch.«
    Seit einer Woche stand die Anlage, die die Weißkittel – so nannten sie die Stammbesatzung des Logistikzentrums die Besucher – aufgebaut hatten. Von den großen Gemeinschaftskäfigen führten durchsichtige Plastikrohre zu einem Fließband, über das die Kartons liefen, in denen die Ratten und Mäuse paarweise eine neue Heimat finden sollten. Nach etlichen Probedurchgängen lief die Nagerverschickungsmaschine reibungslos. Am kommenden Montag sollte es losgehen. Fünfzigtausend Päckchen waren dann innerhalb von wenigen Tagen fertig zu machen, mit jeweils einem Paar Ratten oder Mäusen pro Paket. Diese Pakete kamen dann in die Laster, und diese würden sie irgendwohin befördern. Neil Brown vermutete zum Hafen von Liverpool oder dem Flughafen von Birmingham. Die Schachteln bestanden aus einem Spezialmaterial, das Neil Brown noch nie gesehen hatte. Es schien aus Karton- und Holzresten gepresst zu sein, elastisch und dennoch äußerst stoß- und reißfest. Er wusste nicht, dass es so beschaffen war, dass sich eine Ratte in drei Tagen durch die Wände fressen konnte, eine Maus in fünf, wenn sie im Inneren der Schachtel nichts Fressbares mehr fand. Jede Schachtel hatte ein Innenleben, bestehend aus einer Wasserflasche, deren Kugelverschluss die Tiere aus den großen Käfigen kannten, sowie aus einem Futterapparat, der täglich einmal eine optimale Menge an Trockenfutter abgab. Der Boden jeder Schachtel war doppelwandig, damit auch hier der Kot von den Tieren separiert wurde. Wer auch immer diese Konstruktion entworfen hatte, hatte sich sehr viel Mühe gegeben, ein für Ratten und Mäuse ideales Liebes- und Reisenest herzustellen. Denn eines war Neil Brown klar: Am Ende der Reise würde sich eine schwangere Rättin oder Mäusin mit ihrem stolzen Beschäler in jeder Box befinden.
    Anfang April wäre der Job getan. Brian und seine beiden Kollegen Alex und Nitin würden nicht darüber nachdenken, wohin man die fünfzigtausend Tierpaare verschicken würde. Sie würden die Putztruppe durch die Halle scheuchen und die großen Rolltore einen Tag lang offen stehen lassen, um das Logistikzentrum zu entlüften. Eine Woche nach den Viechern würden dreißig Hochseecontainer mit Spielzeug aus Shanghai und eine Verpackungsmaschine aus den Niederlanden angeliefert. Im April ging es für den nächsten Kunden bereits streng auf Weihnachten zu. Sechshunderttausend Babypuppen aus China mussten in ihre EU-Verpackung eingeschweißt und in die Zwischenlager der Spielzeuggroßhändler zwischen Stockholm und Palermo geliefert werden. Dann kamen über den Sommer ein paar Kleinjobs. Wahrscheinlich wieder einige Container für die Royal Army und Navy nach Afghanistan. Im Herbst und Winter waren die Sommerklamotten und Bikinis für K&N umzuverpacken. Dazu kamen wieder die Saisonarbeiterinnen aus Estland, worauf sich Neil Browns Männer fast so freuten wie auf das Megaprojekt, das für Anfang 2020 bereits

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