Bluteis: Thriller (German Edition)
wie sah dieser Krieg aus? Auf einmal redeten alle durcheinander, ein jeder hatte Fragen, die er beantwortet haben wollte.
Kayser hob die Hände und versuchte wieder Ruhe herzustellen. »Bitte, meine Herren, ich bitte Sie. Ich verstehe, dass Sie viele Fragen haben, und ich werde sie alle beantworten. Spätestens im April auf unserem diesjährigen Jahresmeeting. Und wir, der Harte Kern, wir werden uns bis dahin regelmäßig treffen. Ich werde Sie über jede Einzelheit in Kenntnis setzen. Aber heute ist es noch zu früh. Wir werden diese Situation meistern. Aber wir dürfen auf keinen Fall die Weltöffentlichkeit von diesem Krieg in Kenntnis setzen. Die Sympathien wären aufseiten der Gegner. Und es geht in diesem Krieg um Sympathie, um Mitleid, schlicht: um Gefühle. Die Normalmenschen können keine rationalen Entscheidungen treffen. Wir müssen das für sie tun. Dazu sind wir auserkoren. Wir sind die wahren Illuminaten, die Erleuchteten, vergessen Sie das nie. Sosehr ich diesen abgedroschenen Ausdruck hasse. Aber wir sind es nun einmal.«
»Was werden wir tun?«, kam es aus der Gruppe.
»Wir werden unsere eigenen Armeen gegen die der anderen stellen.«
»Wer sind unsere Armeen?«, fragte der Chef der deutschen Automobilfirma.
»Wir werden das nicht über die bewaffneten Armeen unserer Staaten regeln können. Sie sind nutzlos. Natürlich sind die Spitzen der amerikanischen und britischen Geheimdienste eingeweiht. Doch operative Unterstützung werden wir nicht anfordern. Wir werden unsere eigenen Truppen bereitstellen und im April die Generalversammlung darüber in Kenntnis setzen. Zumindest so weit, wie das nötig und zu verantworten ist. Auch unsere hundertfünfzig Osterbacher sind zu viele, um dieses Thema in Gänze zu besprechen. Wir, die wir hier in diesem Raum versammelt sind, werden die Entscheidungen treffen. So wie immer. Nur eines ist wichtig. Und daher habe ich Sie heute hierhergebeten und eingeweiht: Unter uns muss absolute Offenheit herrschen. Die Basis unserer Zusammenarbeit ist Vertrauen. Wenn dieses Vertrauen beschädigt wird, haben wir den Krieg verloren, bevor er richtig begonnen hat. Ich frage daher: Ist in diesem Kreise jemand, der in letzter Zeit belästigt wurde? Der von einer fremden Organisation behelligt, vielleicht sogar erpresst wird?«
Sonndobler sah dem Vorsitzenden fest in die Augen. Und dieser ihm. Sonndobler tat alles, dem durchdringenden Blick zu widerstehen, den Augenkampf nicht zu verlieren. Nach drei unendlich langen Sekunden schaute Kayser zu dem Mann neben Sonndobler. Er tat das reihum bei allen zwölf Männern.
Als keiner etwas sagte, atmete er tief durch. »Gut. Ich vertraue Ihnen. Vertrauen auch Sie sich untereinander. Gehen Sie jetzt bitte und verhalten Sie sich so, als hätte dieses Treffen nie stattgefunden. In zwei Wochen sehen wir uns wieder. Den genauen Zeitpunkt und den Ort werde ich Sie wissen lassen. Danke.«
Wortlos bewegten sich die Männer auf die Flügeltür zu, die den Salon vom Vorraum trennte.
»Ach, noch eins«, schickte Kayser ihnen hinterher, und sie drehten sich alle zu ihm um. »Geben Sie Ihren Sicherheitsabteilungen die Anweisung, auf Ihre Unternehmen, Ihre Führungskräfte und Ihre Familien in den kommenden Wochen und Monaten besonders gut aufzupassen. Tun Sie das im Rahmen von Routinemaßnahmen. Kein Aufsehen.«
Im Raum blieb es ganz still. Dann wandten sich die Männer wieder ab und gingen nach draußen. Die Schritte wurden von dem tiefen nachtblauen Teppich geschluckt.
Sonndoblers Herz blieb beinahe stehen, als er Kayser hinter sich sagen hörte: »Albert, bleiben Sie doch noch eine Minute. Ich hätte da noch ein Spezialthema für Sie. Diese CDs, Sie wissen schon.«
Donnerstag, 24. Januar, 19 Uhr 45
Davos, Steigenberger Grandhotel Belvédère Davos
Sobald sie allein waren, bat Axel Kayser Sonndobler, auf dem Sessel der Sitzgruppe im Eck des Salons Platz zu nehmen.
»Vergessen Sie diese CDs. Ich bin sicher, Sie tun Ihr Bestes, um Ihre Daten endlich sicherer zu machen. Das geht nun schon fast ein Jahrzehnt … Aber es gibt Wichtigeres als deutsche Steuerflüchtlinge. Soll sie der Teufel holen, vaterlandslose Gesellen.«
Sonndobler räusperte sich. Immerhin sprach Kayser gerade über seine Kunden.
»Albert, Sie haben eben tapfer standgehalten. Es ist sehr gut, dass Sie eben nichts zugegeben haben. Männer mit eisernen Nerven kann ich brauchen.« Kayser schenkte sich einen Whiskey aus der Karaffe ein, die auf einem gläsernen Beistelltisch
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