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Bluteis: Thriller (German Edition)

Bluteis: Thriller (German Edition)

Titel: Bluteis: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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Einwohner dieses Dorfes wurden vertrieben. Der Großvater des Mädchens Kisi, ein lokaler Chief namens Ebo, wurde getötet. Und Kisi auch.« Kayser machte eine bedeutungsschwere Pause. »Dachte man. Doch 2004 trat Kisi, mittlerweile knapp vierzig Jahre alt, wieder in Erscheinung. Sie hatte eine Guerillatruppe um sich geschart. Und diese Guerilleros verübten Anschläge auf die Palmenplantagen der PalmCorp. Sie bedrohten die Manager und ihre Familien. Sie taten das sehr erfolgreich, denn die Firma zog sich 2006 aus dem Gebiet zurück. Und Kisi wurde eine Legende in Ghana. Doch sie tauchte wieder ab. Blieb wie vom Erdboden verschluckt. Sie können sich vorstellen, dass der holländische, der ghanaische, der südafrikanische und auch der US-amerikanische Geheimdienst sie suchten. Mit allen Mitteln. Doch Kisi war nicht aufzufinden. Und letztendlich war sie doch ein zu kleines Licht für CIA und Co. Es gab andere Feinde, um die man sich kümmern musste. Nun, um eine lange Geschichte abzukürzen: Sie war nicht untätig in den letzten Jahren. Fragen Sie mich nicht, wie sie das geschafft hat, aber es gibt nicht nur Anzeichen, dass sie sich eine Armee aufgebaut hat. Und das nicht nur in Ghana, sondern in Ihren Heimatländern, meine Herren. Eine Armee, die Sie nicht mit den herkömmlichen Armeen vergleichen können. Es ist die vollkommene und perfekte Partisanen-Armee. Sie leben in Zellen von zwei Mann. Sie kommunizieren über das Internet. Auf eine Weise, die die Kryptologen sämtlicher Geheimdienste verzweifeln lässt. Sie sind zu allem bereit. Sie haben Geld. Viel Geld. Und das Schlimmste, meine sehr verehrten Herren: Niemand von Ihnen kann sicher sein, dass er nicht einen von ihnen beherbergt. Es sind die Kinder aus der westlichen Mittel- und Oberschicht.«
    »Was reden Sie da, Lex?«, warf doch endlich einer der Zuhörer ein.
    »Brian, geben Sie mir noch ein paar Minuten. Ich verstehe Ihre Ungeduld. Und glauben Sie mir, auch ich habe das alles anfangs für reine Phantasie gehalten. Doch es ist wahr, was ich Ihnen jetzt erzähle.«
    Im Raum hörte man kaum noch jemanden atmen.
    Obwohl es eiskalt in der klimatisierten Suite war, lief Sonndobler der Schweiß über den Rücken. Bereits beim Erscheinen des schwarzen Mädchens auf dem Bildschirm und der Erwähnung des Wortes »Afrika« war ihm der Schock durch die Glieder gefahren, und je mehr Axel Kayser sagte, desto nervöser wurde Sonndobler. Sollte Alexandre D’Annecy mit etwas mit dieser Armee um das ominöse Mädchen namens Kisi zu tun haben? Wusste Lex Kayser darüber Bescheid? War er deshalb zu diesem Treffen eingeladen worden? Würde er ausgerechnet an diesem Tag, den er als den wichtigsten in seinem Leben, an dem Tag, an dem er sich im Harten Kern der Osterbacher gewähnt hatte, zum Teufel gejagt? Würde sein Versagen in diesem Kreis publik gemacht werden? Das würde nicht nur den Hinauswurf aus dem Kreis der Osterbacher bedeuten, das wäre das Ende seiner Karriere. Weder die Caisse Suisse noch eine andere Bank oder irgendein größeres Unternehmen dieses Planeten würden ihn mehr beschäftigen, wenn er hier mit Schimpf und Schande verjagt würde. Nicht einmal als Hausmeister würde er einen Job bekommen. Nicht, weil dann bekanntgeworden sei, dass er mit seiner Sekretärin schlief. Bezüglich der ehelichen Treue war er in diesem Kreis eher die spießige Ausnahme, denn bei ihm waren es keine minderjährigen Edelprostituierten, sondern eben nur die Sekretärin, und das galt in diesem Kreis schon als quasimonogam. Sondern, weil er sich durch diese Schwäche erpressbar gemacht hatte und – was noch schwerer wog: weil er diese Erpressung bislang verschwiegen hatte.
    Axel Kayser sprach weiter, und er klang dabei völlig sachlich. Panik wäre auch das Letzte gewesen, was man von ihm oder den Männern, zu denen er sprach, erwartet hätte. Er wandte sich an den Zwischenfrager, an den Vorstandsvorsitzenden eines amerikanischen Chemiegiganten. »Ich weiß, Brian. Ich muss weiter hinten anfangen. Gehen wir also zurück ins Jahr 1989. Kisi überlebt den Anschlag auf ihr Dorf. Sie schleppt sich zum nächstgelegenen Truckstop. Zwanzig Meilen Urwaldpiste. Mit gebrochener Hüfte und gebrochener Schulter. Dort nimmt sie ein Fahrer mit nach Norden und liefert sie in Obuasi im Krankenhaus ab, wo man sie gesund pflegt. Und dann nehmen sich die Schwestern des Bistums Obuasi ihrer an. Sie geht dort zur Schule. Obwohl sie bis zu ihrem vierzehnten Lebensjahr im Busch aufgewachsen ist,

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