Bluteis: Thriller (German Edition)
Nigeria, Ghana kommen als Nächstes. Wir werden die kommenden zehn Jahre genug zu tun haben. Das wird eine Zeit, in der Sie die Zukunft nicht nur unserer Bank mitgestalten. Sie gestalten den Lauf der Welt mit!«
Er machte eine Pause, dann sagte er: »Sehen Sie sich noch einmal das Satellitenbild an.« Er drehte sich um und deutete auf die Projektion auf der Leinwand hinter ihm. »Alles, was Sie auf diesem Bild von Afrika grün sehen, ist fruchtbares Land. Es ist schon bald das Land unserer Kunden. Wir ermöglichen ihnen den Aufbau einer Agrarindustrie, wir finanzieren die Logistik, und wir kümmern uns um die Risiken. Wir – unsere gute alte CS –, wir werden die Finanziers, die Brot und Bio-Sprit für Europa und Amerika sicherstellen. Das ist nicht nur eine gewaltige Chance, das ist eine gewaltige Verantwortung!«
Die Manager an dem runden Tisch nickten ergriffen. Sie wurden Zeugen eines historischen Moments. Ihre Bank konnte das werden, was Jakob und Anton Fugger im 16. Jahrhundert für die Habsburger geworden waren. Die Finanziers und dadurch die Nutznießer der Eroberung Südamerikas. Diese Behauptung, mit der Sonndobler das Meeting eröffnet hatte, hatte die junge Deutsche Pitzauer während ihres Vortrags mit deutlichen und klaren Zahlen untermauert.
»Wir stehen vor einer Jahrtausendchance und müssen sie nur ergreifen!« Sonndobler setzte sich, senkte die Stimme. »Haben Sie noch Fragen? – Gut. Frau Käppli wird Ihnen das Protokoll heute Nacht zumailen. Es ist nur für Ihre Augen bestimmt, vergessen Sie auch dies nicht. Wir müssen nicht nur schnell handeln, sondern auch diskret. Die Konkurrenz schläft nicht. Lose lips sink ships, meine Herrschaften. Oder, wie es Anton Fugger gesagt hätte: Stillschweigen stehet wohl an.«
Sonndobler ließ seine letzten Worte wirken, bis jeder im Raum begriffen hatte, dass er Mitglied eines Geheimbundes war. Eines Geheimbundes, dessen Plan die CS weit vor die Wettbewerber stellen und sie alle im Raum unermesslich reich machen konnte.
Schließlich beendete der CEO das Meeting. »Herzlichen Dank für Ihre Anwesenheit. Wir treffen uns morgen früh um acht Uhr im Badrutt’s in St. Moritz.«
Die Teilnehmer kramten ihre Unterlagen zusammen, murmelten ihr »Gueten Aabig« und machten sich schweigend durch die Tür des Konferenzraumes davon. Keine Stunde später, als sie in ihren Villen am Hang des Züribergs oder im Stadtteil Enge mit ihren Familien beim Abendessen saßen, summten ihre Blackberrys. Das Protokoll des abendlichen Meetings traf verschlüsselt in ihren Mailboxen ein.
Freitag, 15. Februar, 19 Uhr 10
St. Moritz, Pizzeria Diamond
Thien stocherte in der Pasta herum. »Bei den nächsten Events müssen wir beide Vollgas geben. Das sind die wichtigsten der Saison.«
»Du hast doch bisher einen erstklassigen Job gemacht. Die Amis sind sicher zufrieden.«
»Die sind nie zufrieden. Klar hab ich Fotos geschossen, die kein anderer hat. Aber sie wollen noch mehr vom Partygeschehen haben. Jetzt kommt die Prominenz in Scharen. Da musst du dann unter die Leute und diese ganzen wichtigen Gesichter knipsen. Als Mädel hat man es da leichter.«
»Ich hab da gar nichts dagegen. Ich finde die Gesellschaften hier sehr aufregend. Wenn man sich mal ansieht, wie tot die Wintersportorte bei uns zu Hause in dieser Hinsicht sind.«
»Aber jetzt fährst du morgen früh erst mal zu deiner Weltmeisterschaft. Mal sehen, ob du genug trainiert hattest bei all der Ablenkung.«
»Mein lieber Thien, ich habe trainiert wie noch nie. Das weißt du auch. Das Höhentraining war genau das Richtige für mich. Und dass ich ab und an mal auf eines der Events gegangen bin, hat mich eher entspannt. Immer locker bleiben!« Sandra stieß die Gabel entschlossen in die Nudeln, die sie sich an diesem Tag zum Abendessen gönnte. Die Kohlenhydratspeicher wollten gefüllt sein. Am Sonntag stand ihr Einzelrennen bei der WM im französischen Pelvoux an. Und gleich am Montag der Teamwettbewerb. Auf ihr ruhte die Hoffnung des deutschen Nationalteams im Skibergsteigen. Die Franzosen, Schweizer und Italiener hatten in dieser Sportart in den vergangenen Jahren immer wieder die deutschen Athleten von den Siegespodesten verdrängt.
In den letzten Wochen hatte sich Sandra vorwiegend von Salat und Eiweißriegeln ernährt. Sie würde jedes Gramm, das sie zu viel auf den Hüften trug, bei den Rennen schmerzlich spüren. Schließlich war sie nicht mehr die Jüngste und mit ihren vierunddreißig so etwas wie die
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