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Bluteis: Thriller (German Edition)

Bluteis: Thriller (German Edition)

Titel: Bluteis: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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ein rüdes »Raus!« entgegen und knallte die Flügeltüren zu. Durch die bis zur Hälfte milchverglasten Scheiben sah Raeti, wie der Notarzt im Inneren des Wagens das Hemd des Patienten hektisch aufschnitt. Der Rettungsassistent klatschte ihm ein farbloses Gel auf die Brust. Dann nahm der Arzt die beiden Elektroden des Defibrillators und rief: »Dreihundertsechzig!«
    Er löste den ersten Elektroschock aus. Den Körper des Marketingmannes hob es fast einen halben Meter hoch von der Liege. Der Rettungsassistent verabreichte eine Herzdruckmassage, während der Notarzt den Patienten intubierte und ihm eine Spritze in den Arm injizierte. Nach zwei Minuten nahm der Arzt wieder die Elektroden in die Hand und setzte sie erneut auf die Brust. Auch der zweite Schock konnte das Herz nicht wieder in Gang setzen. Der Assistent beatmete den Mann mit dem schwarzen Balg durch den Tubus. Der Arzt übernahm die Druckmassage für weitere zwei Minuten. Dann nahm er wieder die Elektroden und jagte den dritten Stromstoß durch den Körper. Das Procedere ging von vorn los. Acht Mal versuchte die Besatzung des Rettungswagens, das Herz des jungen Mannes per Defibrillator wieder zu geregelter Arbeit zu bewegen. Und damit den Patienten aus der Grauzone zwischen Tod und Leben, in der er sich befand, zurückzuholen.
    Schließlich schüttelte der Notarzt den Kopf. Der Rettungssanitärer machte weiter mit der Druckmassage, und der Arzt übernahm den Beatmungsbalg. Das tote Herz wurde so dazu gebracht, die Körperzellen mit sauerstoffhaltigem Blut zu versorgen. In Zeiten von größter Knappheit auf den Transplantationsmärkten wurden auch Alkoholleichen verwertet, sofern sie einen Spenderausweis bei sich trugen oder die Angehörigen einer Organspende zustimmten.
    Der Wagen fuhr ohne Blaulicht in die Winternacht davon. In diesem Moment fielen die ersten dicken Schneeflocken.
    Thien Hung Baumgartner und Markus Raeti standen wie begossene Pudel vor jener Stelle, wo eben der Rettungswagen gestanden hatte. Sie schauten sich wortlos an. Dann nickte Thien in Richtung Hotel. Schweigend gingen sie hinüber zur Herberge, um den Schock hinunterzuspülen.
    Auf dem Weg in die Bar kamen sie an den Toiletten vorbei.
    »Ich muss mal«, sagte Thien. Durch die offene Tür sah er, wie eine Hausangestellte die Spuren des Notarzteinsatzes beseitigte. Erbrochenes landete zusammen mit Ampullen, Nadeln und Spritzenverpackungen in einer blauen Abfalltüte. Sie stellte die Tüte auf den Gang und wandte sich ab, um mit dem Mopp den Boden aufzuwischen. Eine Spurensicherung fand nicht statt, es war auch kein Polizist weit und breit zu sehen.
    In dem Moment, in dem sich die Putzfrau umdrehte, um in einer Toilettenkabine ihr Werk fortzusetzen, schnappte sich Thien die Plastiktüte und ließ sie in seinem Rucksack verschwinden.
    Dann begab er sich in den Club. An der Bar standen bereits zwei Bier in kleinen braunen Flaschen. Hinter einer der Flaschen saß Markus. Wortlos stießen die Männer an und tranken.
    Um sie herum standen die Freerider betont lässig an der Bar oder lehnten an den Wänden. Die meisten hatten auf ihren Smartphones bereits gelesen, dass das Rennen morgen ausfallen würde. Das schien sie mehr zu schocken als der Zusammenbruch des Marketingmannes, den auch hier drinnen einige Leute mitbekommen hatten. Doch auf solchen Veranstaltungen waren Alkoholausfälle nichts Besonderes. Die weibliche Entourage der Freerider tanzte, während die Jungs mit Russenschnaps gemischte Koffein-Limonade schlürften.
    »Wenigstens kann ich ein paar Nachtleben-Bilder schießen«, sagte Thien. Er zog seine Kamera aus dem Rucksack und machte sich in Richtung Tanzfläche auf. Hier war er so etwas wie eine lebende Legende. Als sie ihn erkannten, schlugen ihm viele der Rider auf die Schultern. Andere erstarrten vor Coolheit, denn man wusste: Die Bilder von Thien Hung Baumgartner erschienen in den Top-Magazinen der Freeride-Welt. Wenn er keine Aufnahmen von ihren halsbrecherischen Downhills machen konnte, dann musste man eben auf den Party-Bildern einen schlanken Fuß machen.
    Freitag, 15. Februar, 16 Uhr 58
Zürich, Hauptverwaltung der Caisse Suisse
    Am Ende des Meetings schwor Albert Sonndobler die Teilnehmer noch einmal auf die Wichtigkeit der kommenden beiden Tage ein. »Herrschaften, wenn wir an diesem Wochenende alles richtig machen, dann erschließen sich für unser Haus ungeahnte Möglichkeiten. Denken Sie daran: Der Sudan ist lediglich der Anfang. Äthiopien, Kenia, Kongo,

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