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Bluteis: Thriller (German Edition)

Bluteis: Thriller (German Edition)

Titel: Bluteis: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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Person, die der gefundenen aufs Haar gleicht, verschwunden ist. Ebenfalls aus dem CS-Zelt.«
    Maler starrte ihn verständnislos an. Beat Steiner brauchte drei Anläufe, um seinem obersten Dienstherrn zu erklären, was nach seiner Recherche passiert war. Passiert sein musste.
    Irgendwann stellte sich in Jakob Malers Gesicht vollkommene Fassungslosigkeit ein. Endlich hatte er nicht nur akustisch verstanden, sondern auch gedanklich verarbeitet, was er eben gehört hatte. »Das darf nicht die Runde machen«, sagte er leise.
    »Eben darum … dachten wir …«, setzte Stefan Habersack an, kam aber nicht weiter.
    Der ausgefuchste Politiker Maler war schon wieder Herr der Lage und seiner selbst. »Erklären Sie sie für vermisst. So lange, bis diese Entführer sich melden. Oder Sie sie gefunden haben. Sie haben Carte Blanche. Finden Sie sie, liquidieren Sie diese Terroristen – und machen Sie das alles so geräuschlos wie irgend möglich. Wir werden denen zeigen, wozu diese kleinen Schweizer fähig sind!«
    Mittwoch, 20. Februar, 10 Uhr
Weil am Rhein, Grenzübergang Schweiz/Deutschland
    Die Autos standen Stoßstange an Stoßstange. Die Menschen in den Wagen machten sich auf lange Stunden im Stau gefasst.
    Um acht Uhr morgens würden die Grenzen wieder aufgemacht, hatte es im staatlichen Radio und Fernsehen geheißen. Alle Nichtschweizer hatten ihre Kinder und ihr Gepäck ins Auto geworfen und hatten sich in Richtung Nachbarländer auf den Weg gemacht. Nichts wie weg hier, war die Devise. Auch viele Schweizer hatten den Drang abzuhauen. Doch jeder wusste, dass er sich verdächtig gemacht hätte, hätte er versucht, sich in Richtung Frankreich, Italien, Deutschland oder Österreich davonzumachen. Deshalb standen in der Blechlawine kaum Autos mit eidgenössischen Nummernschildern.
    An den Grenzübergängen wie hier in Weil am Rhein wurde jedes Fahrzeug einer genauen Durchsuchung unterzogen. Und alle Passagiere mussten sich einer Leibesvisitation unterwerfen. Riesige Zeltlandschaften waren dafür errichtet worden. Denn jede Person musste sich bis auf die Unterwäsche ausziehen. Männer rechts, Frauen links. Kinder mit ihren Eltern. Hunde und Katzen wurden von Veterinären geröntgt. Kein Floh würde die Schweiz verlassen, ohne dass die Dienste ihn verzeichnet hatten.
    Das hatten die offiziellen Medien nicht angekündigt. Und andere Informationsquellen gab es nicht. Das Internet war seit Sonntagnachmittag in der ganzen Schweiz für Normalmenschen tot. Nur bei Behörden und wichtigen Unternehmen funktionierte der Datenverkehr. Sonst wäre alles zusammengebrochen. Die Lebensmittelversorgung, die Wasserversorgung, die Stromnetze.
    Jetzt zahlte sich aus, dass beinahe jeder Schweizer Mann Angehöriger des Militärs war. Das ganze Land war auf Generalmobilmachung geschaltet. Die Kasernen waren voll besetzt, jeder Reservist hatte seine Uniform und seine Waffen zu Hause aus dem Schrank geholt. An jeder Straßenecke standen Bewaffnete, die jeden kontrollierten, der seinen Fuß vor die Tür setzte. Jeder kontrollierte jeden. Beim geringsten Verdacht erging Anzeige.
    Dem Alarmplan folgend wurden einige Kasernen zu Internierungslagern. Dort wurden verdächtige Ausländer erkennungsdienstlich behandelt. Und wegen geringfügigster Anlässe einbehalten. Abgelaufene Pässe, die bei der Einreise nicht kontrolliert worden waren, wurden zum Verhängnis. Verdächtige E-Mails, die auf iPads und Handys gespeichert waren, konnten zum Anfangsverdacht der Spionage führen. Verdächtig war schon, wenn eine der Mails das Wort »Bombe« enthielt. Nachdem man nicht wusste, wonach man suchen sollte, entschied man sich für die Standardprozeduren. Jeder wusste, dass die Täter nicht so einfältig sein konnten. Doch wo beginnen, wenn nicht mit dem Einfachen?
    Internationale Proteste verhallten, ohne dass die Festsetzung von Männern, Frauen und Kindern ein Ende genommen hätte. Auf Jahre würde die Schweiz unter diplomatischem Sperrfeuer und unter Schadensersatzklagen der Betroffenen zu leiden haben. Das alles war jetzt egal. Man hatte ein kleines Land, das lückenlos zu überwachen war. Das brachte man schon in Friedenszeiten sehr gut hin. Jetzt, im Krisenfall, konnten der Staat und seine Exekutivorgane zeigen, was sie wirklich konnten. Und das taten sie mit Inbrunst.
    Mittwoch, 20. Februar, 11 Uhr 35
Bern
    Thien ging vom Bahnhofplatz durch die Spitalgasse zum Bärenplatz. Er wunderte sich, wie schnell das öffentliche Leben in der Schweiz wieder

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