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Bluteis: Thriller (German Edition)

Bluteis: Thriller (German Edition)

Titel: Bluteis: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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in die Luft sprengen. Denn damit würden sie keinen Terror auslösen. Ein solcher Anschlag wäre zu logisch, zu vorhersehbar. Das Ziel von Terror waren eine viel größere Anzahl Menschen als nur die wenigen bedauernswerten direkten Opfer eines Anschlags. So wie das bei 9/11 funktioniert hatte. Knapp dreitausend Tote hatten die Anschläge auf das World Trade Center, das Pentagon und der Flugzeugabsturz bei Shanksville gefordert. Eine relativ kleine Anzahl, verglichen mit den jährlichen Verkehrstoten in den Vereinigten Staaten. Thien hatte die genaue Zahl nicht im Kopf, aber er hatte in einem Radiobeitrag etwas von dreißigtausend pro Jahr gehört. Mit einem Zehntel davon war es den Terroristen des 9. September gelungen, die Politik der USA und der westlichen Verbündeten für Jahrzehnte zu beeinflussen. Als Vergeltung für die dreitausend Toten waren zwei Kriege geführt worden, die Milliarden von Dollar verschlangen und wiederum Zigtausende das Leben gekostet hatten. Hunderte Millionen von Amerikanern und Europäern hatten seit diesem strahlend blauen New Yorker Septembertag Angst. Angst vor Leuten mit einer anderen Religion, mit langen Gewändern, mit langen Bärten. Und auf Basis dieser Angst hatten weitere Beeinflussungen vorgenommen werden können, hatten Gesetze geändert werden, Steuern erhoben, ganze Ministerien neu gegründet werden können. Thien fragte sich, wer den größten Nutzen aus diesen Anschlägen gezogen hatte. Die Männer mit den Bärten, die Fanatiker in Flugzeuge gesetzt hatten, damit sie in Häuser und Ministerien flogen – oder die Männer in den Anzügen, die diese Häuser und Ministerien bevölkerten?
    Zu einem Schluss kam er nicht. Eine Hand, die ihn von hinten an der rechten Schulter berührte, riss ihn aus seinen Gedanken. Thien wirbelte herum. Instinktiv duckte er sich in eine Abwehrposition und hielt die Fäuste nach oben.
    »Bitte, Herr Baumgartner, ich tue Ihnen nichts«, sagte Albert Sonndobler.
    »Müssen Sie mich so erschrecken?«
    Der Bankenchef grinste. »Ich dachte, ich hätte es mit einem Agenten mit stählernen Nerven zu tun.«
    »Schon gut.« Thien entspannte sich wieder. »Ich hatte einen Kaffee bestellt vor einiger Zeit.«
    Sonndobler zuckte mit den Schultern. »Es tut mir leid, aber dieses Lokal gehört nicht zu unseren Investments. Ich bin hier auch nur Gast.« Er trug einen eng geschnittenen Mantel aus Kamelhaar über dem dunklen Dreiteiler. Seinen Hut, in dem er Schal und Lederhandschuhe verstaut hatte, hielt er in der Linken. »Einen Kaffee bekommen Sie bei uns auch. Kommen Sie doch bitte mit.« Er ging zur rückwärtigen Wand mit der uralten verschnörkelten Holzvertäfelung, drückte an einer der Intarsien herum, und eine Geheimtür sprang auf.
    Thien hob die Augenbrauen. »Wie im Agentenfilm üblich«, spottete er.
    »Wie in der Schweiz üblich. Unser Land besteht aus geheimen Gängen, strategischen Löchern, unterirdischen Bunkern. Manchmal glaube ich, dass wir das missing link zwischen Maulwurf und Mitteleuropäer sind«, sagte Sonndobler ohne eine Spur von Humor im Tonfall.
    Thien ging nach Sonndobler durch die Tür, die sich hinter den beiden schloss. Sonndobler schritt durch den edelstahlverkleideten Gang voraus. »Sie können es sich denken, mein lieber Baumgartner. Es gibt Kunden, die nicht gesehen werden möchten, wenn sie unsere Bank betreten. Und es gibt Kunden, von denen wir nicht möchten, dass sie gesehen werden, wie sie unsere Bank betreten.«
    »Mit denen gehen Sie auf ein Lunch ins Café Fédéral, und anstatt eines Desserts gibt es einen Gang in Ihre Zentrale zu besonderen Dienstleistungen.«
    »Nun, es sind gar keine so besonderen Dienstleistungen. Eigentlich diejenigen, die uns bekannt gemacht haben. Und die uns die rauher werdende Welt immer weniger zugesteht.«
    »Wie das Bankgeheimnis.«
    »Zum Beispiel. Sehen Sie, wenn wir es nicht tun, dann tut es eine andere Bank auf der Welt. Niemand hat etwas davon.«
    »Am wenigsten Sie.«
    »Am wenigsten die Schweizerische Eidgenossenschaft, ganz recht.«
    Mittlerweile hatten sie gut zweihundert Meter Weges hinter sich gebracht. Eine Stahltür schloss den Gang ab. Sonndobler stellte sich vor einen Augenscanner, der in die rechte Wand eingelassen war, und griff mit beiden Händen zwei darunter angebrachte Metallstäbe. Ein roter Laserstrahl fuhr über seine Augen, und die Tür glitt zur Seite.
    »Sie wissen, dass das nur scheinbare Sicherheit bedeutet«, bemerkte Thien.
    Sie gelangten an eine Art

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