Bluterde
war. Ihr Magen krampfte sich zusammen. Sie dachte an die Kisten voller Waffen. Wenn sie nur gewusst hätte, womit sie diesen ganzen Irrsinn ins Rollen gebracht hatte? Dass sie und ihre Leute sich mit der Verlegung des WPS-Projekt-Gebietes den Zorn der Coltan-Mafia zugezogen hatten, lag auf der Hand. Deswegen musste Mailke sterben und wurden die Gorillas erschossen. Aber warum hatte man sie entführt? Ausgerechnet sie? Die Stimme des Mannes riss sie aus ihren Überlegungen. Er hatte sein Telefonat beendet und stand vor ihr, die Hände in die Hüften gestemmt.
»Sollen sich doch die anderen Gedanken um Sie machen, ich habe keinen Bock.«
Er drückte ihr die offene Coladose in die Hand, ging durch die Tür zur Treppe und pfiff auf zwei Fingern. Abwartend blieb er stehen. Lea machte einen schnellen Schritt zum Tisch, griff in die Keksschale und stopfte sich eine Handvoll Gebäck in die Hosentasche. Sie konnte spüren, wie der zarte Teig zwischen ihren Fingern zerbröselte, und für den Bruchteil einer Sekunde schämte sie sich. Als der Cowboy mit einfältigem Grinsen an der Treppe auftauchte, war sie wieder an ihrem Platz. Lea hatte das Gefühl, in einer Endlosschleife gefangen zu sein.
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14. KAPITEL
M cAllister kaute seit zwei Stunden Kopfschmerztabletten im Akkord, um den hämmernden Schmerz hinter seiner Stirn zu betäuben. Sein Magen meldete Protest an, aber darauf konnte er keine Rücksicht nehmen. Er drückte noch eine Pille aus dem Blister und steckte sie in den Mund, bevor er durch die Drehtür des Residence Hotels ging. Das alte Hotel verströmte mit seinem abgewetzten Holzboden und den matten Messingelementen die Aura einer verlebten Diva. Vergilbte Fotos und Landkarten von Zaire hingen an den Wänden und McAllister tat so, als ob er sie aufmerksam studieren würde. Als er sicher war, dass ihm niemand gefolgt war, schritt er durch die Lobby zum Lift und drückte den obersten Knopf. Thorsten Hecht und sein Stab erwarteten ihn auf Zimmer 608. Auf dem Weg dorthin dämpfte ein geschmackloser Teppich in Altrosa das Geräusch seiner Schritte. Ein junger Mann öffnete die Tür einen Spaltbreit und musterte ihn mit ernsten Augen, dann ließ er ihn ein.
»Wir erwarten Sie schon, Mr. McAllister.«
Er betrat die Räumlichkeiten, die durch eine geöffnete Schiebetür verbunden waren. Im vorderen Bereich waren Tische zusammengeschoben worden, um eine provisorische Arbeitsfläche zu schaffen. Darauf türmten sich Satellitentelefone, Funkgeräte, Drucker, Headsets und Laptops. Unzählige Kabel schlängelten sich zwischen den Geräten und fanden ihren Weg über die Tischbeine zu den Mehrfachsteckdosen. Zwei Männer in Zivilkleidung saßen vor den Bildschirmen und sahen flüchtig von ihrer Arbeit auf, als McAllister eintrat. Sein Blick wanderte zu den großen, eng beschriebenen Papierbögen, die an die Wand gepinnt waren. Neben einer Satellitenkarte entdeckte er den Schnappschuss von Lea, eine eiserne Faust grub sich in seinen Magen. Er wandte sich ab und atmete tief durch. Ein hochgewachsener Mann kam aus dem hinteren Zimmer auf ihn zu. McAllister schätzte Thorsten Hecht auf vierzig. Er wirkte dynamisch und durchtrainiert, seine schwarzen Haare waren von einzelnen grauen Strähnen durchzogen. Das Erscheinungsbild passte zu der Stimme, die er vom Telefon kannte. Sonst war niemand in dem hinteren Raum zu sehen, aber McAllister wusste aus Erfahrung, dass man sich nicht täuschen lassen durfte. Die operativen Teams waren bei solchen Einsätzen auf verschiedene Hotels aufgeteilt, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Die beiden Männer gaben sich die Hand, Hecht hielt sich nicht lange mit Formalitäten auf.
»Die Sache mit Ruanda ist bedauerlich.«
McAllister nickte nachdenklich. Er konnte sich vorstellen, dass Hecht alles andere als glücklich war über die unerwartete Wendung. Die Komplexität des Einsatzes war damit um ein Vielfaches gestiegen.
»Das kann man wohl sagen. Hoffen wir, dass Dr. Winter tatsächlich in der Lagerhalle von AVOMEX festgehalten wird. Wie sieht es mit den Aufklärern aus?«
»Zwei Mann, Scharfschützenteam. Sind bereits in Kigali.«
»Gut. Glücksfall, dass das Lagerhaus direkt neben dem Flughafengelände liegt. Aufwendige Tarnung braucht es da nicht.«
Thorsten Hechts Mundwinkel wanderten nach oben, er sah McAllister abschätzend an. Er wusste alles über McAllister. Ausbildung, Dienstgrad, die Einsätze in Südamerika, aktuelle Aufgaben. Das Dossier war sehr ausführlich gewesen. Und er
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