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Bluterde

Bluterde

Titel: Bluterde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Praxmayer
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trocken von seinen Lippen. Bei jedem Paff riss er die Maschinenpistole ein Stück nach oben. Er lachte ausgelassen, wie ein Kind. Lea wollte sich nur noch hinsetzen, so sehr zitterten ihre Knie.
    »Paff!«
    Triumphierend sah er sie an, während er langsam wieder zurückkroch. Lea ließ sich an der Wand nach unten gleiten, atmete durch und wartete, dass ihr Herz wieder seinen normalen Rhythmus fand. Sie kniff die Augen fest zusammen in der Hoffnung, in eine Traumwelt abtauchen zu können, doch das konstante Gerüttel ihrer fahrbaren Zelle ließ nur ein unruhiges Dämmern zu. Immer wieder schreckte sie hoch, wenn die Räder durch ein tiefes Schlagloch pflügten. Sie hielt die Augen fest geschlossen, wollte der Realität zumindest für kurze Zeit nicht ins hässliche Gesicht schauen. Die plötzliche Abwesenheit von Stößen und Schlägen ließ sie aufschrecken. Sie schaute sich um. Nichts hatte sich verändert, nur Ado fiepte leise in seinem Käfig. Draußen waren Schritte zu hören, gedämpfte Männerstimmen. Unaufgeregt. Mit all ihren Sinnen versuchte Lea zu ergründen, was vor sich ging. Da hörte sie es wieder, dieses Klatschen von Plastik. Im Inneren des LKWs wurde es heller. Keine Spur vom Cowboy. Schleifende und rhythmische Geräusche, eine leise Unterhaltung. Angespannt lauschte sie in den Bauch des Fahrzeuges. Die Fracht wurde abgeladen. Sie waren also an ihrem Zielort angekommen. Lea setzte sich neben den kleinen Gorilla und wartete darauf, dass jemand die Wand zu ihrem Gefängnis abtragen würde. Und dann? Die Stimmen der Männer waren jetzt deutlicher zu hören. Sie kraulte Ado den Rücken, während sie die Coltansäcke im Auge behielt. Jetzt konnte sie Köpfe sehen. Ihre Anspannung wuchs mit jedem Sack, der vom Stapel gezogen wurde. Was stand ihr bevor? Vier Männer tauchten in ihrem Gesichtsfeld auf. Als sie Lea entdeckten, lachten sie, schickten verstohlene Blicke in ihre Richtung, aber verstummten schlagartig, als der Cowboy an der Laderampe auftauchte. Lea stand auf. Samt seiner lächerlichen Kopfbedeckung war er kleiner als sie. Sie streckte den Rücken durch und straffte die Schultern, dann sprang sie vom LKW. Hatte sie ein Déjà-vu? Über ihrem Kopf spannte sich das Dach einer gewaltigen Lagerhalle. LKWs, wohin sie blickte, Männer, die Säcke ausluden und Kisten auf die Ladeflächen wuchteten. Das alles hatte sie heute doch schon einmal gesehen? Der Cowboy führte sie zügig durch das Chaos, aber nicht schnell genug, als dass sie nicht einen Blick in die offenen Boxen werfen konnte, in denen Gummistiefel, Konservendosen, Spaten, Zigarettenstangen, Flaschen in einem bunten Durcheinander lagen. Sie drehte den Kopf und sah sich nach Ado um. Ein Knall ließ sie zusammenzucken. Zwei Arbeiter hatten beim Beladen eine Kiste fallen gelassen und das Holz war unter der Wucht des Aufpralls zerborsten. Auf dem Boden lagen Waffen. Jede Menge Maschinenpistolen. Dazwischen Fragmente der Holzkiste, Lea konnte kyrillische Schriftzeichen erkennen. Der Cowboy sah ihren entgeisterten Blick und versetzte ihr einen so harten Stoß, dass sie vorwärtstaumelte. Lea erinnerte sich an ein Gespräch mit McAllister, in dem es um die Tauschgeschäfte der Rebellen ging – Coltan gegen Waffen. Ihr Herz sank. Wenn es das war, was sie hier sah, war ihr Leben keinen Cent mehr wert. Sie stoppten vor einer Treppe, automatisch glitt ihr Blick nach oben. Ein Teil der Halle war mit einer Zwischendecke ausgestattet, um unter dem Dach Raum für ein Büro zu schaffen. Ein Fenster, von dem aus man das ganze Lagerhaus überblicken konnte, leuchtete ihr mit trügerischer Freundlichkeit entgegen. Oben angekommen, öffnete sich eine Tür und Lea stand einem Mann mit freundlichem Gesicht in Jeans und Polohemd gegenüber. Das Gelb seines T-Shirts kontrastierte stark mit seiner dunklen Hautfarbe. Mit einer knappen Geste schickte er den Cowboy weg und führte sie in das Büro. Er betrachtete sie eine Weile schweigsam, dann nahm er ihr die Fesseln ab.
    »Möchten Sie sich waschen?«
    Lea glotzte ihn so verdutzt an, als ob er ihr einen unsittlichen Antrag gemacht hätte. Freundliche Worte waren das Letzte, was sie erwartet hatte. Sie schluckte und nickte. Mit einer eleganten Handbewegung zeigte der Mann auf eine Tür am Ende des Raums.
    »Bitte. Lassen Sie sich Zeit.«
    In dem kleinen Raum befanden sich eine Toilette, ein Waschbecken und ein Spiegel, aus dem sie eine fremde Frau anstarrte. Haare, die wie eine Kappe am Kopf klebten, verschreckte

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