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Bluterde

Bluterde

Titel: Bluterde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Praxmayer
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Polizeichef, Vitale Matete …«
    In der Dunkelheit wirkte Bukavu beängstigend auf Lea.
    In der Umgebung ihres Hotels hatten wenigstens die Fenster der Villen hinter den hohen Mauern etwas Licht gespendet. Aber je weiter der See hinter ihnen lag und sie bergauf fuhren, umso dunkler wurden die Straßen. Gruppen von Jugendlichen lungerten an Baustellen und vor geschlossenen Läden herum. Sie rauchten, schrien und lachten. Eine Flasche zerschellte auf dem Boden. Im Vorbeifahren erhaschte sie einen Blick auf einen schwach erleuchteten Hinterhof. Soldaten saßen auf Holzkisten und tranken Bier. Ihre Waffen lehnten an der Wand. Eine Ziege blökte am Straßenrand. Lea fröstelte.
    »Wir treffen die anderen im Bel Air«, erklärte Femi und bog in die belebte Avenue Lumumba ein. Lichter, Menschen, buntes Treiben umfing sie wie eine warme Umarmung. Von der Hauptstraße mussten sie ein paar Stufen zum Bel Air hinabsteigen, das versteckt hinter dem Club Anges Noirs lag. Ein großes Schild empfing die Besucher am Eingang der Bar.
    »Keine Shorts, keine Flip-Flops, keine Messer, keine Schusswaffen«, übersetzte Femi für sie. Mit der strengen Miene eines Polizisten sah er Lea an.
    »Hast du eine Waffe dabei?«
    »Meinst du den Raketenwerfer in meiner Handtasche?«
    Sie lachten und betraten die Bar. Femi ließ die Theke links liegen und steuerte zielstrebig auf eine offene Tür am anderen Ende des Raums zu. Dahinter befand sich ein großer Innenhof. Dutzende Plastiktische und Stühle standen auf dem gesprungenen Estrich, ein paar bunte Glühbirnen erhellten das Szenario notdürftig. Es war voll. Überall standen und saßen kleine Gruppen von Menschen, Bierflaschen bevölkerten die Tische und den Boden.
    »Wir sitzen dahinten.«
    Joseph war plötzlich wie aus dem Nichts vor ihnen aufgetaucht. Sie zwängten sich durch die Menge und erreichten den Tisch, an dem bereits Omari und Adolphe warteten.
    »Trinkst du auch ein Bier?«, fragte Femi sie. Lea nickte. Ein paar Minuten später kam er mit fünf Flaschen Primus zurück. Lea nahm die wuchtige Flasche in die Hand und tat so, als ob sie interessiert das blau-rote Etikett studieren würde. Mit einer schnellen Handbewegung wischte sie über die Flaschenöffnung und entsorgte das Reinigungstuch unauffällig in ihre Handtasche.
    Die Männer hoben ihre Flaschen.
    »Willkommen in Bukavu!«
    Lea lächelte in die Runde.
    »Danke! Ich freue mich, dass ich euch endlich alle persönlich kennenlerne. Auch wenn der Anlass meiner ersten Kongo-Reise ein sehr trauriger ist.«
    Über die Gesichter der Männer huschte ein Schatten.
    »Wie hat es dir heute bei den Gorillas gefallen?«
    Josephs laute Stimme verscheuchte das betretene Schweigen. Lea wollte gerade antworten, als ein Mann in einem blütenweißen Hemd von hinten auf Femi zutrat und ihn mit einem kräftigen Handschlag begrüßte. Sie unterhielten sich kurz und wandten sich dann Lea zu.
    »Lea, darf ich vorstellen, mein Freund Pierre. Er ist Anwalt.«
    Der Mann verbeugte sich knapp, zog einen Plastikstuhl heran und setzte sich neben Lea.
    »Ich freue mich immer, wenn ich die Gelegenheit habe, interessante Menschen kennenzulernen.«
    Im ersten Moment hielt Lea ihn für einen Amerikaner. Aber wie sich schnell herausstellte, hatte der Kongolese in den USA studiert.
    »Haben Sie Femi dort kennengelernt?«
    »Nein, hier in Bukavu. Aber wir haben viel gemeinsam. Wir haben beide im Ausland studiert, wissen, wie Politik in echten Demokratien funktioniert, und trinken gerne Bier.«
    Sein Lachen klang wie das Wiehern eines Mulis. Lea warf einen schnellen Blick über den Tisch zu Femi. Seine Augen waren von Lachfältchen umrahmt, er zwinkerte ihr verschwörerisch zu. Ihre Unterhaltung mit Pierre schien ihn zu amüsieren.
    »Ich habe eine Weile in Den Haag für die UN gearbeitet«, fuhr der Anwalt fort.
    »Ich bin auf den Bereich Menschenrechte spezialisiert. Eine interessante Wahl für einen Kongolesen, nicht wahr?«
    Er wieherte noch lauter. Sein Lachen war so ansteckend, dass Lea ebenfalls losprusten musste. Obwohl es im Bel Air laut war, drehten sich einige Gäste neugierig nach ihnen um. Pierres Wiehern ebbte zu einem leisen Kichern ab.
    »Lachende Menschen sehen die nicht oft. Noch ein Grund, warum ich hier wieder wegwill.«
    »Und was haben Sie vor?«, fragte Lea.
    »Ich bewerbe mich gerade für Jobs bei der UN, beim Roten Kreuz und einigen anderen Organisationen. Vielleicht kann ich da etwas für meine Leute hier im Kongo tun.«
    Femi hatte sich

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