Blutfehde
Serienvergewaltiger eingesperrt, einen Kerl, den Alex vor Jahren hinter Gitter gebracht hatte und der auf Bewährung draußen war. Weißt du, was du ihm spendiert hast?«
»Ich?« Gertz verstand nicht. »Was habe ich wem spendiert?«
»Wir alle haben für sein Viagra bezahlt, Fred. Du und ich. Wir haben ihm dabei geholfen, wieder ins Geschäft zu kommen. Ihm seinen Elan zurückzugeben.«
Die beiden Gerichtspolizisten, Oscar und Elsie, hatten den Raum verlassen, um Brendan Quillian zu holen.
»Das Zeug ist teuer.« Gertz lachte. »Was muss man tun, um es auf Staatskosten zu bekommen?«
Das musste ich nun wirklich nicht über den normalerweise sachlichen Richter wissen!
Ich ging zu dem Telefon, das hinter Jonettas Schreibtisch an der Wand hing, um Battaglias Büro anzurufen. Im Gerichtssaal waren keine Handys erlaubt.
»Rose? Würden Sie dem Boss bitte sagen, dass er jeden Augenblick eine dringende Nachricht von Ryan Blackmer bekommt? Er muss sie sofort zur Kenntnis nehmen. Ich bin erst wieder heute Abend zu erreichen. Der Polizeipräsident wird versuchen, in der Angelegenheit viel Presse zu bekommen, Battaglia muss die Zahlen kennen.« Ich dankte ihr und legte auf.
Oscar Valenti hielt die Tür für Quillian auf, und ich hörte, wie Elsie dem Gefangenen am Eingang zum Gerichtssaal die Handschellen abnahm.
»Ich erkundige mich für dich, Fred«, sagte Lern.
»Das nennt man eine kräftige Dosis Medizin«, rief Artie in den Raum und lachte als Einziger über seinen eigenen Witz.
Sobald Gertz mit dem Hammer auf den Tisch schlug und darum bat, die Stenographin und die Geschworenen hereinzulassen, wäre Schluss mit der Heiterkeit. Aber die bizarre, schockierende Medicaid-Nachricht hatte uns die Anspannung genommen, bevor der Ernst des Tages begann.
Sie hatte auch zur Folge, dass wir alle unaufmerksam waren.
Ich hörte den Schuss, noch bevor ich die Pistole in Brendan Quillians Hand sah. Dann stürzte die zierliche Gerichtspolizistin von einem Kopfschuss aus ihrer eigenen Dienstwaffe getroffen zu Boden.
29
Quillian trat ein paar Schritte vor und bewegte den Kopf hin und her, um mit seinem gesunden Auge die Lage zu sondieren. Er war oft genug im Gerichtssaal gewesen, um zu wissen, dass die Tür zum Hauptkorridor verschlossen blieb, bis der Gefangene Platz genommen hatte. Der einzige Fluchtweg war die hintere Saaltür, die zu den Gerichtszellen führte und durch die er gerade hereingekommen war.
Jonetta Purvis starrte wie angewurzelt auf die Frau, die vor unseren Augen mit einem Kopfschuss niedergestreckt worden war, und schrie. Ich sah ohnmächtig zu, wie Brendan Quillian Oscar Valenti mit Elsies Pistole einen Schlag auf den Kopf versetzte, als dieser sich unwillkürlich über seine Partnerin beugte und dabei seine Waffe aus dem Halfter ziehen wollte.
Quillian zielte auf Jonetta. Ich riss sie zu Boden und ging mit ihr hinter ihrem Tisch in Deckung. Brendan drückte ab, es folgte ein ohrenbetäubender Krach, als die Kugel in die Wand über uns einschlug.
Als ich auf Jonetta fiel, sah ich, wie Lern Howell mit einem Satz hinter der Balustrade der Geschworenenbank Deckung suchte. »Hör auf, Brendan. Hör auf, du verdammter Narr.«
Der Richter hatte sich anscheinend gleich beim ersten Schuss hinter der Richterbank verschanzt. Von Gertz war nichts zu sehen oder zu hören.
Artie Tramm lief mit gezückter Waffe auf den Haupteingang zu, um die Tür zu öffnen oder zu fliehen. Quillian war schneller. Tramm hatte noch nicht die Saalmitte erreicht, als Quillian drei Schüsse auf seinen breiten Rücken abgab.
Ich konnte meinen alten Freund nicht sehen, aber ich hörte ihn stöhnen, nachdem mindestens eine Kugel ihr Ziel gefunden hatte, und zuckte zusammen, als er mit einem dumpfen Aufprall auf dem Boden aufschlug.
Durch die Öffnung von Jonettas Schreibtisch sah ich, wie der Angeklagte kehrtmachte und zu Oscar zurückging.
Ich legte Jonetta meine Hand auf den Mund, damit man ihr Schluchzen nicht hörte, und stützte mich mit der anderen Hand auf. Ich beobachtete, wie Quillian die Pistole aus Oscars Lederhalfter an sich nahm und über die Treppe neben der Gerichtszelle entschwand. Nach all den Monaten wusste er so gut wie ich, dass dieses riesige Gebäude ein wahres Labyrinth aus Korridoren, Treppenaufgängen und Aufzugschächten war. Er hatte unzählige Gelegenheiten gehabt, sich die verwinkelten Wege einzuprägen, und rannte jetzt wohl durch das Treppenhaus an den Gefangenenaufzügen vorbei nach unten,
Weitere Kostenlose Bücher