Blutfehde
eine Erektion stundenlang aufrechtzuerhalten.
»Wir haben ihn noch vor Ort nach Waffen abgetastet -«
»Haben Sie das Messer gefunden?«
»Nein, aber die Spurensicherung ist noch dabei, das Treppenhaus zu durchsuchen. Es gab eine kleine Verfolgungsjagd. Aber wir fanden das hier in seiner Tasche.« Alan hielt mir einen Plastikbeutel hin, in dem sich ein weißes Pillenfläschchen aus Plastik befand.
Ich studierte das Etikett. »Viagra. Das sollte mich wohl nicht überraschen. Das lässt sich auf der Straße wahrscheinlich einfacher bekommen als Heroin.«
»Es stammt nicht von der Straße, und es fiel auch von keinem Lastwagen. Das hier sind Ihre Steuergelder, Ms Cooper.«
»Wie bitte?«
Ned reichte mir ein Stück Papier. Es war eine Apothekenquittung über ein auf Derrick Ferris ausgestelltes Medicaid-Rezept für Viagra.
»Das ergibt keinen Sinn. Derrick Ferris ist als Sexualstraftäter dritten Grades eingestuft«, sagte ich. »Ich war damals selbst im Gericht, um diese Einstufung durchzusetzen. «
Ferris war mit achtzehn zu einer fünfundzwanzigjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden, war aber nach nur acht Jahren aus dem Gefängnis entlassen worden. Da in seinem Fall die Wahrscheinlichkeit, dass er wieder ähnliche Verbrechen beging, größer war als bei den meisten anderen Straftätern, war er in die höchste Sexualstraftäter-Kategorie eingestuft worden, damit er sich in regelmäßigen Abständen bei der Polizei melden musste.
»Ich habe gestern mit seinem Bewährungshelfer gesprochen«, sagte Ned. »Ferris sollte eigentlich Medikamente einnehmen, die - wie soll ich es sagen? - sein Verlangen unterdrücken.«
»Wisst ihr, wie dieses Zeugs wirkt?« Ich schüttelte das Fläschchen. »Es verstärkt den Blutfluss zum Penis. Falls er irgendwelche Erektionsprobleme hatte, dann erhöht das hier seine Fähigkeit zum Geschlechtsverkehr. Wie viele von denen bekommen denn Schützenhilfe von Medicaid?«
»Sie setzen sich besser, Alex. Wir haben letzte Nacht nachgesehen. Alle Sexualstraftäter dritten Grades sind online erfasst. Der Sergeant hat heute Morgen gleich als Erstes beim Medicaid-Büro angerufen. Allein in unserem Bezirk sind über zweihundert verurteilte Vergewaltiger registriert, ihnen allen steht das Medikament zu. Er meinte, Sie sollten besser Battaglia informieren, dass die Sache für Schlagzeilen sorgen wird.«
»Vielen Dank. Bitten Sie Ryan, ein Memo für den Boss vorzubereiten und mir zur Unterschrift vorzulegen. Er soll ausdrücklich betonen, dass sich Sexualstraftäter dritten Grades nicht ändern. Ich kenne keinen einzigen, der durch eine Gefängnisstrafe »resozialisiert« wurde.«
»Alles Gute für heute«, sagte Alan.
»Mein erster Zeuge ist Curtis Pell«, sagte ich. Sie kannten beide den Detective von der Mordkommission Manhattan North, der zusammen mit Chapman in ihrem Nachbarbüro arbeitete. »Sobald er kommt, sprechen wir noch einmal seine Zeugenaussage durch, und dann gehen wir noch vor neun Uhr hoch zu Gertz. Wenn die Geschworenen alle pünktlich sind, sind wir um Viertel nach neun an der Reihe. Falls Sie vorher irgendetwas Neues von Medicaid hören, sagen Sie mir Bescheid.«
Curtis Pell kam eine halbe Stunde später in mein Büro, mit Kaffee und Frühstück für sich und Laura. Wir hatten in den vergangenen vier Wochen bereits vier oder fünf Mal miteinander gesprochen, also ging ich mit ihm nur kurz die abgespeckte Version meiner Fragen durch, die ich gestern zusammengestellt hatte.
Der Korridor im achten Stock war von den Stimmen der Anwälte erfüllt, die gerade zur Arbeit kamen, als Curtis mir dabei half, meinen Einkaufswagen zu den Aufzügen zu schieben, die die Büros der Bezirksstaatsanwaltschaft mit den darüberliegenden Gerichtssälen verbanden.
Im Flur vor dem Gerichtssaal drängten sich bereits die Zuschauer und eine Handvoll Gerichtsreporter. Zwei Gerichtspolizisten standen neben der Sicherheitsschranke, die alle passieren mussten, und untersuchten auf dem langen Holztisch Handtaschen, Rucksäcke und Aktenkoffer.
Curtis Pell hielt mir die Tür auf, und wir gingen durch den Mittelgang zu meinem Tisch.
Lern Howell hatte das Wall Street Journal vor sich ausgebreitet. Sein cremefarbener Anzug wirkte in dem graubraunen Gerichtssaal blütenrein und bildete einen kühlen Kontrast zu meinem türkisfarbenen Etuikleid.
Lern sah nicht von den Börsenkursen auf, hörte aber das Klacken meiner Absätze, als wir näher kamen. »Guten Morgen, Alexandra.«
»Guten Morgen,
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