Blutfehde
zwischen dem Paar nichts Ernsthafteres vorgefallen war als ein gelegentlicher Ehestreit.
»Als Brendan damals, vor über fünf Jahren, zu Ihnen kam, Mrs Meade, wollten Sie da nicht von ihm wissen, was er getan hatte, um Ihre beste Freundin derart aufzuregen?«
»Nein.«
»Haben Sie ihn nicht gebeten, Ihnen die Sache aus seiner Sichtweise zu schildern?«
»Das brauchte ich nicht. Amanda hatte mir alles erzählt. «
»Sie stimmen mir doch aber sicher zu, dass jede Geschichte zwei Seiten hat? Egal ob Sie hören wollten, was Brendan zu sagen hatte oder nicht?«
Howell punktete zwei Mal. Nicht nur, dass er Kate Meade als stur und engstirnig erscheinen ließ, er könnte später noch einmal mit demselben Prinzip argumentieren, falls sein Mandant nicht in eigener Sache aussagte.
»Möglich.«
»Aber Sie haben sich nicht die Mühe gemacht, ihn zu fragen, richtig?« Howell sprach langsam und betonte jedes Wort mit offensichtlicher Missbilligung.
Kate Meade schwieg beleidigt.
»Sie müssen die Frage beantworten«, sagte Gertz.
»Nein.«
»Ms Cooper.« Howell blieb mit ausgestreckter Hand vor mir stehen. »Dürfte ich Beweisstück Nr. 12 der Anklage sehen?«
Ich zog das gewünschte Foto aus dem Stoß der im Verlauf meiner Befragung von Kate als Beweismaterial zugelassenen Aufnahmen und reichte es ihm.
»Würden Sie sich das hier noch einmal ansehen, Mrs Meade?«
»Natürlich.«
»Das hier ist also das Foto - das vollständige Foto -, das Sie von Mrs Quillian an dem schrecklichen Tag gemacht haben, an dem sie umgebracht wurde, stimmt’s?«
»Ja.«
»Und dieses Foto da von Amandas Gesicht auf der Staffelei ist ein vergrößerter Ausschnitt eben dieser Aufnahme, richtig?«
»Ja.«
»Würden Sie mir zustimmen, dass auf dem kleineren Foto mehr von der Person, von der Hintergrundkulisse zu sehen ist?«
»Ja. Man sieht die Markise des Restaurants hinter Amandas Kopf und den kleinen Bistrotisch, an dem wir sitzen. Ihre Kaffeetasse, die Sonnenbrille auf der Speisekarte. Meinen Sie das?«
»Genau.« Howell lehnte sich auf das Geländer des Zeugenstands und sah über Kates Schulter auf das Bild. »Mrs Quillian scheint einen Ring am Finger zu tragen, ist das korrekt?«
Ich wusste, worauf Howell hinauswollte, und hätte mich ohrfeigen können, dass ich es nicht während meiner Zeugenbefragung angesprochen hatte. Ich hatte das Ring-Thema erst bei meiner Vernehmung des ersten Cops am Tatort und der Haushälterin der Quillians zur Sprache bringen wollen. Howell hatte mir vor vielen Jahren beigebracht, wie ich das Vertrauen der Geschworenen gewinnen konnte, wenn ich die Schwachstellen in der Beweisführung durch die Vernehmung meiner eigenen Zeugen einführte, anstatt sie von der Verteidigung offenlegen zu lassen. Ich wusste, dass der Ring beim Auffinden von Amandas Leiche von der Polizei als vermisst - als gestohlen - gemeldet worden war. Ich hatte es verpasst, diese Tatsache in meiner Vernehmung von Kate anzusprechen.
»Ich weiß, dass Ms Cooper einen schönen Schmuckgegenstand nicht einfach übersehen würde, aber ich glaube nicht, dass wir heute schon über diesen Ring gesprochen haben, stimmt’s, Mrs Meade?«
»Nein. Nein, danach hat man mich nicht gefragt.«
»Dann gestatten Sie mir die Frage: Erkennen Sie den Ring, den Mrs Quillian an jenem Tag trug?«
»Ja. Ja, natürlich.«
»Ich weiß, er ist groß, er ist echt, und er ist blau.« Mr Dreierpack wandte Kate Meade den Rücken zu, um die Geschworenen anzulächeln. »Wissen Sie, was für ein Stein sich in dem Ring befand?«
»Ein Saphir, Mr Howell. Es war ein Saphirring.«
»Und wie viel Karat hatte er, aber vielleicht bitte ich Sie auch um eine Schätzung, und in dem Fall -«
»Ich brauche nicht zu schätzen. Ich war dabei, als Amanda im Schlumberger-Salon die Ringgröße bestimmen ließ. Sechs Karat. Es war ein sechskarätiger Saphir.«
Howell pfiff leise durch die Zähne. »Das war also ihr Verlobungsring?«
»Nein. Nein, das war kein Verlobungsring. Als Brendan um Amandas Hand anhielt, hätte er sich so etwas noch nicht leisten können.«
»Wissen Sie, wann sie den Ring bekommen hat oder ob sie ihn sich selbst gekauft hat?«
»Er hat ihn ihr geschenkt«, sagte Kate und neigte den Kopf in Richtung des Angeklagten.
»Er? Sie meinen Brendan? Wann war das?«
»Vor zwei Jahren. Sie feierten ihren zehnten Hochzeitstag - Preston und ich waren eingeladen - und Brendan hat ihn ihr während der Feier überreicht.«
Howell drehte leicht den Kopf und gab den
Weitere Kostenlose Bücher