Blutfehde
Mercer Wallace zu mir zu schicken.
Mike und der zwei Meter große Detective hatten mich in die Mitte genommen, um mich an den aufdringlicheren Presseleuten, die von mir eine Reaktion auf die Aussage meiner Zeugin erwarteten, vorbei zu den Aufzügen zu begleiten.
Ich befolgte Mercers Anweisung, einfach weiterzugehen, ohne den Kopf zu wenden, und ignorierte die lärmenden Reporter, die mehr über Kate Meade erfahren wollten und darüber, ob diese schockierende Information meine Beweisführung verändern würde.
»Hey, Alex, Sie sehen aus, als wären Sie unter die Räder gekommen. War das Ihr bestes Pferd im Stall, oder wie würden Sie das nennen?«, rief einer der Reporter und versuchte mir sein Mikrofon, an Mercers Arm vorbei, unter die Nase zu halten, während ein anderer fragte, ob ich vorhätte, den Prozessverlauf auch in den nächsten Tagen so lebendig zu gestalten.
Mike brachte mich in mein Büro zurück. Meine Sekretärin Laura würde keine Anrufe durchstellen, bis ich mich mit dem Beistand der beiden Detectives, die über ebenso viel Prozesserfahrung verfügten wie ich, wieder gefangen hatte.
Mercer, der sich gerade an der Tür mit Laura unterhielt, hielt mich am Arm zurück, als ich vorbeigehen wollte. »Kate ist im Konferenzraum hinten auf dem Gang. Du musst mit ihr sprechen.«
»Ich muss gar nichts, außer meine Strategie für den heutigen Nachmittag überdenken. Diese Zeugin hat mich zum Gespött der Leute gemacht und dabei nicht nur ihre ganze Würde, sondern auch ihre Glaubwürdigkeit verloren. Lern hat mich heute Morgen noch vorgewarnt, jetzt muss ich mir überlegen, ob es klug ist, noch weitere Freundinnen von Amanda in den Zeugenstand zu rufen. Ich muss den Geschworenen heute noch ein paar forensische Fakten geben. Sie müssen kapieren, mit welcher Brutalität dieser Mord verübt wurde. Kate Meade kann sich zum Teufel scheren.«
Ich griff zum Telefon und wählte die Nummer der Rechtsmedizin.
»Du musst sie beruhigen, Coop«, sagte Mike. »Du kannst sie nicht einfach wegschicken und den Wölfen zum Fraß vorwerfen.«
Ich wackelte mit dem Finger. »Seit wann belehrst du mich darüber, wie man sich anderen Leuten gegenüber richtig benimmt? Vergiss es! Kümmer du dich doch um sie! Sei du mal zur Abwechslung der Diplomatischere von uns beiden!«
Ich hatte Jerome Genco, den Rechtsmediziner, der Amanda Quillian obduziert hatte, in der Leitung. »Entschuldigen Sie, dass ich Ihnen das antue, Jerry, aber ich brauche Sie in einer Stunde. Sie müssen noch heute Nachmittag in den Zeugenstand.«
»Sie sagten mir, nächste Woche. Ich habe es mir für Donnerstag im Kalender eingetragen.«
»Haben Sie gerade eine Leiche auf dem Tisch?«
»Nein. Ich bin dabei, einige tiefgefrorene Präparate herzurichten -«
»Jerry, ich brauche Sie heute. Max schickt Ihnen einen Streifenwagen vom fünften Revier - mit Blaulicht und Sirene. Legen Sie die Präparate wieder auf Eis, und retten Sie mich, okay? Sie kommen nach dem Cop, der die Leiche gefunden hat.«
Ich legte auf und ging zum Aktenschrank, in dem sich die restlichen medizinischen Befunde befanden.
»Alex«, sagte Mercer. »Kate ist deine Zeugin. Sie wird den ganzen Nachmittag rumjammern.«
»Ein bisschen Zeit zum Nachdenken wird ihrem Gewissen ganz guttun. Ich fange mit Genco an, dann müsst ihr euch mit mir zusammen etwas einfallen lassen, womit ich heute Nachmittag noch Eindruck hinterlassen kann.«
»Sei jetzt nicht stur. Sie ist hysterisch und fürchtet sich zu Tode. Sie weiß nicht, wie sie heute Abend ihrem Mann unter die Augen treten soll.«
»Das hätte sie sich überlegen sollen, bevor sie mit Brendan Quillian in die Kiste stieg.«
Mercer streckte mir seine Hand entgegen. »Bring’s hinter dich.«
Mike und ich folgten ihm über den Korridor. Die ohnehin schlanke Frau schien unter ihrem Kostüm noch schmaler geworden zu sein, und die Tränen hatten Spuren in ihrem geschminkten Gesicht hinterlassen.
»Ich hasse Sie!«, schrie sie, als sie uns kommen sah. »Ich hasse Sie alle! Sie haben mein Leben zerstört. Warum haben Sie es zugelassen, dass dieser Mann mir das antut?«
»Mrs Meade, es gab für mich nur eine Möglichkeit, Sie vor so etwas zu schützen, wenn Sie mir nämlich genau diese Information gegeben hätten«, sagte ich, es wäre mir nie von allein in den Sinn gekommen, dass zwischen ihr und Quillian etwas gewesen sein könnte. »Ich habe Ihnen von Anfang an gesagt, dass Sie unbedingt offen und ehrlich zu mir sein müssen.«
»Aber
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