Blutfehde
Mordprozess nie als gutes Zeichen zu deuten ist. Das dumpfe Pochen in meinem Kopf war wieder da und erinnerte mich, dass Lern noch etwas für Kate Meade in petto hatte.
»Abgelehnt.«
»Nein.« Kate Meade sah mich hilfesuchend an, aber ich konnte nichts für sie tun.
»Sie haben nie einem Ihrer Kollegen im Museum of Modern Art oder im Mount Sinai Hospital, wo Brendan Spendengelder in Millionenhöhe eintrieb, gesagt, dass man Ihrem guten Freund Brendan Quillian besser nicht sein Geld oder sein Leben anvertrauen sollte?«
»Einspruch.«
»Stattgegeben«, sagte Richter Gertz. »Gehen Sie zum nächsten Punkt.«
»Alexandra - Entschuldigung, Ms Cooper«, Howell blinzelte mir zu, als wolle er sich bei mir für die persönliche Anrede entschuldigen, signalisierte aber damit gleichzeitig den Geschworenen, dass wir außerhalb des Gerichtssaals befreundet waren, »Ms Cooper fragte Sie nach der Nacht, in der Amanda Quillian das erste Mal vor Ihrer Tür stand. Sie sagten, dass Sie keinerlei Verletzungen in Mrs Quillians Gesicht erkennen konnten, richtig?«
»Ja.«
»Haben Sie in jener Nacht oder an einem der darauf folgenden Tage einen Arzt gerufen?«
»Nein. Nein, das habe ich nicht.«
»Haben Sie Mrs Quillian in die Notaufnahme gebracht?«
»Nein.«
»Haben Sie die Polizei gerufen?«
»Nein.«
»War Ihr Mann in jener Nacht zu Hause?«
»Ja.«
»Haben Sie, abgesehen von Ihrem Mann - Preston Meade, richtig? -, haben Sie sonst jemandem von Amandas Besuch erzählt?«
»Nein.«
»Ihren Eltern?«
»Nein.«
»Ihren Schwestern?«
»Ich sagte doch, dass ich niemandem etwas erzählt habe«, fauchte sie.
Howell arbeitete gut für sein Schlussplädoyer in drei Wochen vor. Er fragte Kate nicht, warum sie es niemandem erzählt hatte, da er wusste, dass sie antworten würde, dass Amanda sie angefleht hatte, es nicht zu tun. Stattdessen wollte er den Eindruck hinterlassen, dass die Sache nicht ernst genug gewesen war, um einzugreifen. Ich machte mir Notizen, um diese Frage bei meiner nächsten Vernehmungsrunde mit Kate Meade zu klären.
»Nicht einmal Ihrem Kindermädchen?«, fragte Howell. »Sie haben doch sicherlich eine Nanny für Ihre Mädchen?«
»Ja, das haben wir«, sagte sie, erneut aus der Fassung gebracht. »Ich habe sie einfach vergessen, Euer Ehren. Ich… äh… ich wollte nichts verbergen.«
Howell setzte seine sanfteste Miene auf, um sie zu beruhigen. »Das wollte ich damit nicht sagen. Ich bin sicher, dass Ihnen die damaligen Ereignisse nicht mehr ganz so frisch in Erinnerung sind. Haben Sie dem Kindermädchen erzählt, warum Amanda Quillian bei Ihnen blieb?«
»Nein. Sie wusste, dass Amanda meine beste Freundin war. Ich brauchte ihr nichts zu erklären.«
»Weil sie einfach nur für Sie arbeitete, richtig?«
»Genau«, antwortete Kate in einer Art und Weise, die ihr nicht gerade die Sympathien der Mehrheit der Geschworenen einbringen würde.
Howell war schlau und versuchte mit subtilen Mittel die bereits bestehende Kluft zwischen ihnen und meiner Zeugin aus den oberen Zehntausend noch weiter zu vergrößern.
»Das müssen Sie mir genauer erklären, Mrs Meade. Wann haben Sie jemandem, egal wem, zum ersten Mal erzählt, dass Amanda Quillian in jener Nacht Brendan verlassen und bei Ihnen übernachtet hatte?«
Kate überlegte. »An dem Tag, an dem ich Ms Cooper traf. Die Detectives brachten mich am Vormittag des vierten Oktober in die Bezirksstaatsanwaltschaft. Da habe ich Ms Cooper davon erzählt.«
»Das war also - große Güte - das war vier, nein viereinhalb Jahre nach der Nacht, die Sie beschrieben haben, richtig?«
»Das ist wohl richtig.«
Howell würde nicht nachfragen, warum Sie sich so genau an das Datum erinnern konnte. Ich hatte ihm Kates Terminkalender überlassen, in den sie dieses erste flüchtige Anzeichen einer Ehekrise ihrer Freundin eingetragen hatte.
»Wir alle wissen, dass wir uns an Ereignisse, an Gespräche, an Einzelheiten, die Monate oder Jahre zurückliegen, nicht mehr so gut erinnern können.« Howell ging jetzt vor der Geschworenenbank auf und ab, eine Hand auf dem Geländer, die andere an seiner Krawatte.
»Ich erinnere mich an alles, was mit Amanda passierte. Ich habe ein sehr gutes Gedächtnis.«
»Außer dass Sie nicht erwähnt haben, dass Ihre Angestellte, Ihr Kindermädchen, in jener Woche zu Hause war, richtig?«
Kate war schlau genug, nichts zu entgegnen, und Howell wusste, dass er ihr fast fünfjähriges Schweigen dahingehend ummünzen konnte, dass
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