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Blutfeinde: Norwegen Krimi (German Edition)

Blutfeinde: Norwegen Krimi (German Edition)

Titel: Blutfeinde: Norwegen Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl
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Rock. Fride Welhaven schlief mit offenem Mund.
    Er hängte einen schlaffen Arm über seine Schulter, griff um ihre Taille und hob sie hoch. Sie blieb schwankend stehen. Öffnete die Augen und betrachtete ihn aus dem Tiefschlaf. Der Junge hinter dem Tresen bemühte sich nicht, sein Grinsen zu verbergen, als Frølich sie halb zum Fahrstuhl zog, halb trug. Dort lehnte sie sich an die Wand und schloss die Augen. Auf dem Weg nach unten sagte sie kein Wort. Aber als die Tür aufging, stolperte sie in Schlangenlinien, mit schweren Schritten und sehr gebeugten Knien hinaus. Jetzt war es an ihm zu grinsen. Er dachte an die Marx Brothers, John Cleese und Funny Walks. Sie stieß mit der Schulter an die Wand, warf ihm einen benebelten Blick zu und kämpfte darum, aufrecht zu bleiben. Er zeigte auf die Ausgangstür. Sie torkelte weiter und stand schließlich schwankend auf dem Bürgersteig. »Wohin?«, murmelte sie mit belegter Stimme. Er griff ihren Arm und trug sie fast über die Straße. Hielt ihr die Wagentür auf. Sie nahm Anlauf und fiel hinein, rollte sich auf dem Beifahrersitz zusammen, ohnmächtig.
    Er setzte sich ans Steuer. Sie stank nach Alkohol, war leichenblass und schlief mit kleinen Schnarchlauten. Er legte seine Hand auf ihre Stirn. Schob ihr Augenlid hoch. Es blinzelte weiß. »Hei!«, rief er, ohne eine Reaktion auszulösen. »Wo wohnen Sie?«
    Auch jetzt keine Reaktion. Sie schmatzte, hyperventilierte.
    »Wo wohnen Sie?«
    Keine Reaktion.
    »Ist Ihnen schlecht?«
    Keine Reaktion.
    Er fuhr probeweise den Drammensveien entlang und fragte sich, was jetzt zu tun sei. Er bog am Bygdøylokket ab und fuhr an den Feldern entlang, am königlichen Gut vorbei. Bei jeder Kurve rollte ihr Kopf an der Nackenstütze hin und her. Er fuhr weiter am Folkemuseum vorbei, an den Wikinger-Schiffen, weiter in Richtung Huk und bog dort auf den Parkplatz ein. Er ließ den Motor laufen, die Scheinwerfer eingeschaltet, öffnete die Fahrertür, stieg aus und ging um den Wagen herum. »Hier«, er fasste sie um die Taille und zog sie heraus.
    »Nein«, murmelte sie. »Lass mich!«
    »Sie müssen sich bewegen, den Rausch runterfahren.«
    Endlich tat sie einen Schritt. Dann noch einen. Sie sah in Richtung Osten. Die Berghänge hatten einen strahlenden Schimmer bekommen. Doch der Sternenhimmel hielt noch stand – wenn auch mühsam.
    Ihre Sandalen schlurften über den Schotter.
    »Ich kann nicht mehr.«
    Sie verlor das Gleichgewicht, als er sie losließ, schwankte, fand einen Baumstamm, versuchte sich festzuklammern, sank aber auf die Knie.
    »Wo sind Sie?«
    »Hier. Hoch mit Ihnen!«
    Sie zog ihre Kleider mit schlaffen Fingern zurecht, taumelte und wäre beinahe umgefallen. Ihre Bewegungen waren einigermaßen koordiniert. Er deutete das als Signal dafür, dass sie langsam wieder zu sich kam. »Können Sie mir sagen, wo Sie wohnen?«
    »Warum fragen Sie die ganze Zeit danach?«
    »Weil ich Sie nach Hause fahren will.«
    »Bogstadveien.« Sie sah zum Himmel hinauf. »Als ich klein war, hab ich mich gefragt, warum es Sterne gibt«, sagte sie. »Wissen Sie, was Papa geantwortet hat?«
    »Nein.«
    »Weil wir staunen sollen, denn wenn wir staunen, werden wir daran erinnert, dass wir nicht vollkommen sind. War das nicht schön gesagt?«
    Weiche Lippen berührten seinen Hals. Dann war sie wieder auf dem Weg zum Auto, ihre Hüftgelenke schwangen bei jedem Schritt in schlaffen Bögen hin und her.
    Sie plumpste auf den Beifahrersitz.
    Als er vor ihrem Haus hielt, schlief sie. Als er in ihrer kleinen Handtasche nach den Schlüsseln suchte, stand sie an ihn gelehnt, den Kopf an seinem Hals vergraben. Als er endlich die Tür aufgeschlossen hatte, torkelte sie hinein, ohne das Licht einzuschalten.
    Er zögerte ein paar Sekunden, folgte ihr dann aber, um sich zu vergewissern, dass alles in Ordnung war. Eine Sandale lag kopfüber im Flur. Die andere lag im Wohnzimmer auf dem Teppich. Die Schlafzimmertür stand offen. Ihre Füße ragten unter der Decke hervor. Sie schlief. Er stand eine Weile und betrachtete ihr Gesicht. Plötzlich flatterten die langen Wimpern. Sie hob den Kopf ein paar Zentimeter und flüsterte mit geschlossenen Augen. »Jetzt sind wir um die bescheuerte Frage herumgekommen.«
    »Welche bescheuerte Frage?«
    »Ob Sie mit zu mir kommen und Musik hören wollen.« Ihr Kopf fiel wieder auf das Kissen zurück.
    Frank Frølich drehte sich um, verließ das Schlafzimmer und schloss die Tür. Ein Paar Sekunden stand er noch da und lauschte. Als es

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