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Blutfeinde: Norwegen Krimi (German Edition)

Blutfeinde: Norwegen Krimi (German Edition)

Titel: Blutfeinde: Norwegen Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl
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um nach Ullevål Hageby zu fahren und Ivar Killis Nachbarschaft in Augenschein zu nehmen.
    Nachdenklich blieb er stehen und betrachtete die Fahrräder, die ans Treppengeländer gelehnt waren. Gunnarstranda verstand nichts von Fahrrädern. Aber er konnte Unterschiede erkennen. Das eine war ein Mountainbike, das einen ziemlich teuren Eindruck machte, mit Stoßdämpfern an den Gabeln und ausgefeilter Mechanik um die Naben und am übrigen Rahmen. Das zweite Rad war dem ersten ziemlich ähnlich, die gleiche Größe, aber in weniger kostspieliger Ausführung. Das dritte war anders. Es war kleiner, der Metallrahmen war schmaler, und die Rostflecken in der Vernickelung zeugten von Sonderpreis und kürzerer Lebensdauer. Der eine Lenkstangenbeschlag fehlte.
    Er nahm eine Bewegung wahr und blickte auf. Im ersten Stock flatterte eine Gardine, als ein Beobachter sich hastig zurückzog. Er schritt durch das schmiedeeiserne Tor. Öffnete die Haustür und trat ein. Er ging an Killis Wohnungstür vorbei und stieg die Treppe hinauf. Seine Schritte hallten wider. Die Tür öffnete sich, eine Sekunde nachdem er geklingelt hatte. Gunnarstranda lächelte breit und zuvorkommend. »Danke für neulich«, rief er, um gehört zu werden.
    Zwei Stunden später rief er Vibeke Starum an.
    »Sie haben immer noch Sehnsucht nach mir?«, fragte sie in gemessenem Ton.
    »Sie wissen doch, die Katze lässt das Mausen nicht und so weiter …«
    »Ich denke, Sie möchten die letzten Neuigkeiten hören«, fuhr sie fort. »Aber ich kann noch nichts sagen. Die Kripo hat noch keine Schießproben mit den Revolvern vorgenommen.«
    »Ja, aber deshalb rufe ich auch nicht an.«
    »Weshalb denn dann?«
    »Also, ich glaube, ich habe das Mädchen gefunden, nach dem Sie suchen.«

35
     
    Ingenieur Ruben Andresen kam sich ein wenig wie James Coburn in Pat Garrett jagt Billy the Kid vor, als er die beiden Revolver auf ein Stück blauen Filz legte, das er von zu Hause hatte mitgehen lassen. Obwohl beide Pistolen von der Marke Thompson Contender waren, wiesen sie deutliche Unterschiede auf. Die Waffe, die beim Hehler in Tøyen losgeschlagen werden sollte, hatte einen zwölf Zoll langen Lauf mit stahlblauem Finish. Der Kolben war aus Walnussholz und machte einen exklusiven Eindruck. Die bei Petter Bull beschlagnahmte Waffe hatte das gleiche Kaliber. Aber der Lauf war ganze vierzehn Zoll lang und aus rostfreiem Stahl. Der Kolben war aus schwarzem Gummi. Es gab einen weiteren deutlichen Unterschied. Petter Bulls Waffe war gereinigt und geölt. Die Waffe mit dem Walnussholzkolben war nach dem Gebrauch nicht gereinigt worden. Die Mündung roch noch nach einem Schuss.
    Andere technische Untersuchungen der Pistolen hatten nichts ergeben. Die Fingerabdrücke an Bulls Waffe waren seine eigenen. Die bei der Polizeiaktion sichergestellte Waffe wies nur die Fingerabdrücke des Mannes auf, der sie versetzen wollte. Der Mann würde wegen verschiedener Delikte angeklagt werden. Seine Fingerabdrücke waren in mehreren bislang nicht aufgeklärten Fällen von Wohnungseinbrüchen aufgetaucht.
    Andresen hatte die Leitung der Kripo dazu bewegen können, einen tief gefrorenen Lammbraten zu spendieren, den er ein paar Stunden zuvor aufgetaut hatte und dann zurechtschnitt, damit er in den Kugelfänger passte. Wenn er schon eine Analyse machen sollte, dann war es wichtig, dass die Kugeln auf Fleisch trafen. Nachdem er sich die Hände gewaschen und gut abgetrocknet hatte, zog er Gummihandschuhe an. Er betrachtete die Gegenstände auf dem blauen Filz. Dann griff er nach dem Revolver mit dem stahlblauen Finish, entfernte das Holzstück vor dem Abzug und hakte den Splint aus, der den Lauf an seinem Platz hielt. Er machte sich die Mühe, einige Male einen in Waffenöl getauchten Lappen durch den Lauf zu ziehen. Er liebte den Geruch, der dadurch entstand: der süßliche Duft, wenn Waffenöl und Stahl aufeinandertreffen, vermischt mit Schwarzpulver und Ruß. Er zog einen neuen Lappen durch den Lauf und wiederholte die Prozedur so lange, bis der Lappen sich nicht mehr färbte. Danach montierte er den Revolver wieder zusammen und lud ihn. Er atmete tief durch, bevor er den Walnusskolben mit beiden Händen umfasste, hob den Revolver, hielt die Arme durchgedrückt und fand die Mitte der Zielscheibe im Visier. Er atmete ruhig. Der Revolver war schwer. Das Korn schwankte minimal. Er atmete aus. Drückte ab. Der Knall wurde vom Ohrschutz einigermaßen gedämpft. Aber die Hand bekam einen Stoß. Der Rückstoß

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