Blutfeuer
aufbieten, um ihn zu beruhigen.
»Mäßigen Sie sich, Herr Brosst, sonst kann ich Ihnen nicht helfen«,
sagte er beschwörend zu seinem Mandanten. »Sie reden sich hier noch um Kopf und
Kragen.«
Haderleins Augen wurden eng. Bei dem drahtigen
Kriminalhauptkommissar ein sicheres Zeichen für allerhöchste Konzentration. »Wo
ist Gerlinde Rosenbauer?«, fragte er jetzt mit schneidender Stimme.
Daniel Brossts Kopf schwankte hin und her, sein Blick hetzte unstet
über den Boden.
»Herr Brosst? Wo ist Gerlinde Rosenbauer? Wo ist Theresa
Rosenbauer?«, erweiterte Suckfüll die Fragestellung, doch Brosst brach nur in
ein hysterisches Gelächter aus.
»Ich bin der Gesalbte!«, schrie er voller Wut und Verzweiflung in
den Raum. Dann fing er an, um sich zu schlagen. Sein erstes Opfer war sein
korrekt gekleideter Anwalt, der von einem Schlag seines Mandanten genau am
Kinnwinkel getroffen wurde und prompt zu Boden ging.
»Diese Welt wird untergehen, alles wird untergehen!«, brüllte Daniel
Brosst wie ein Berserker, dann ging die Tür auf, und zwei Streifenbeamten
stürmten herein. Sie nahmen den Tobenden in ihren harten Griff und wollten ihn
in die Zelle abführen, als Fidibus ihnen bedeutete, kurz stehen zu bleiben. Der
Delinquent wand sich und zerrte an den beiden Beamten, doch die ließen ihm
keinen Zentimeter Freiraum.
Fidibus schüttelte angewidert den Kopf und hob belehrend seine
Strohhalmzigarre in die Höhe. »Aha, mit verheirateten Frauen also, Herr Brosst.
Sie lassen wohl gar nichts aus, was?« Dann lächelte er kurz und sagte mit
wissendem Gesichtsausdruck: »Bedenke das vierte Gebot, mein Sohn, du sollst
nicht ins Ehebett brechen.«
Brosst schaute ihn verwirrt an.
»Oder so ähnlich«, ergänzte Haderlein ungeduldig. »Abführen, den
Propheten.«
Die Beamten taten wie befohlen. Busch folgte ihnen, als der
Hauptkommissar und sein Chef noch nachdenklich im Verhörraum standen.
Haderleins Verstand versuchte das soeben Erlebte einzuordnen. Ein Vorgang, der
bei seinem Chef schon abgeschlossen zu sein schien. Zumindest wirkte er
ziemlich zufrieden.
»Na, Haderlein, der Fall ist doch jetzt fast gelöst, oder nicht?«,
meinte er heiter. »Ach so, ja, ich habe noch etwas für Sie. Per Schnellkurier besorgt.«
Er streckte ihm ein Päckchen in Buchgröße entgegen. »Überraschung!«, feixte er.
Haderlein schaute ratlos auf das kleine Paket. Noch eine Wohltat von
seinem Chef? Das war ja besser als Weihnachten!
»Vielleicht sollten Sie es sich heute noch zu Gemüte führen, mein
lieber Haderlein«, meinte Fidibus und ging dann fröhlicher Stimmung davon.
Der Hauptkommissar hingegen war bei Weitem nicht so optimistischer
Stimmung wie sein Chef. In seinem tiefsten Inneren wusste er, dass eigentlich
noch gar nichts gelöst war. Klar, irgendetwas stimmte mit diesem Prediger
nicht. Aber war er der Drahtzieher von den Morden?
Haderlein nahm den Gedankengang als Stichwort und ging noch einmal
in die Direktion zu Lagerfeld, der seine Recherchearbeit anscheinend beendet
hatte und fleißig mit Honeypenny flirtete. »Bernd, komm doch mal, du musst
heute noch etwas erledigen.«
Lagerfeld begab sich süffisant lächelnd zu ihm auf die Seite. Aha,
jetzt kam die delikate Angelegenheit, dachte er gespannt. Wurde ja auch Zeit.
»Pass auf, Fidibus und ich, wir haben gerade diesen Brosst verhört.
Der hat jede Menge Dreck am Stecken, und bestimmt weiß der erheblich mehr, als
er uns sagen will. Obwohl er es nicht direkt zugegeben hat, kennt er Gerlinde
Rosenbauer, das beweist ja auch das Foto. Durch die Aufnahme ist außerdem
bewiesen, dass die Frau nicht umgebracht worden ist. Bei dem Verhör ist Brosst
jedenfalls total ausgeflippt. Morgen werden wir ihm noch einmal auf den Zahn
fühlen.«
Lagerfeld hörte interessiert zu und wartete gespannt auf das, was
Haderlein für ihn vorgesehen hatte.
»Du wirst jetzt noch schnell diesen Babylonier auf dem Veitsberg
besuchen und ein bisschen bei ihm auf den Busch klopfen. Vielleicht wird er ja
gesprächiger, wenn sein Heiland nicht danebensteht.«
Lagerfeld wurde nun misstrauisch. Wer war »der Babylonier«? »Wen
meinst du? Bei wem soll ich auf den Busch klopfen?« Doch er ahnte schon etwas.
Etwas sehr Unangenehmes.
»Na, bei diesem Egbert, diesem Sanften, Anschmiegsamen. Ich glaube,
der hat was für dich übrig. Versuch’s bei dem.« Haderlein wollte gehen, aber
Lagerfeld packte ihn nervös am Arm. Verwundert drehte sich der Hauptkommissar
wieder um.
»Was? Was soll ich versuchen?
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