Blutfeuer
Der Wortführer aus Ebensfeld, Vorsitzender des Pfarrgemeinderats
und eigentlich ein friedlicher Mensch, ballte die Hände zu Fäusten. »Sie, Herr
Kommissar, wenn der bekiffte Bumuggel da ned gleich sei Fresse hält, dann werd
ich dem fei gleich a Begechnung mit ganz was annerm verschaffen. Da wird sich
dem sei Schoß ziemlich komisch aafühlen, des versprech ich der, und dann werd
der scho mergen, was ner dann durchströmt.«
Die Wallfahrer waren im Begriff, sich dem entrückt lächelnden Egbert
zu nähern, als Lagerfeld dazwischenging und beschwichtigend die Hände hob.
»Halthalthalt!«, rief er und positionierte sich zwischen die
Fronten. »Ruhe jetzt, alle miteinander. So geht’s nicht. Es muss doch möglich
sein, für nächsten Samstag eine Lösung zu finden.« Er drehte sich zu dem Jünger
um und klopfte ihm auf die Schulter: »He, Egbert, darf ich dich einmal
sprechen?«
Egbert erwachte verwirrt aus seiner gerade begonnenen Meditation und
schaute den Beamten an. Sofort fielen seine Arme nach unten, dann seufzte er
mit sanfter Stimme ein sehnsuchtsvolles »Ach, du!«. Seine Augen klebten
förmlich an Lagerfelds Sonnenbrille.
Die Ebensfelder waren nun ihrerseits verunsichert. Der Vorsitzende
des Pfarrgemeinderats deutete mit seinem Zeigefinger abwechselnd auf Egbert und
Lagerfeld, dann fragte er misstrauisch: »Ach, Sie kenne sich? Ham Sie
mitananner a weng, wie soll ich sachen …?« Seine angeekelte Miene sprach Bände.
»Nein, haben wir nicht!«, unterbrach ihn Lagerfeld sofort barsch,
und der Gesichtsausdruck des Zurechtgewiesenen entspannte sich. Der Kommissar
wandte sich wieder Egbert zu, der ihn immer noch anschmachtete. Als Lagerfeld
kurz mit seinen Fingern vor Egberts Gesicht schnippte, blinzelte dieser erschrocken.
»Also, jetzt bass amal auf, Egbert«, begann Lagerfeld seine Rede.
»Nächsten Samstag früh seid ihr hier verschwunden und kommt frühestens am
Sonntag widder. Hast du mich verstanden?«
Egbert war etwas verunsichert ob des strengen Tons in Lagerfelds
Stimme. »Aber wenn diese Kinder endlich einsehen würden, dass –«
»Nein, Egbert, du verstehst nicht. Wenn ihr am nächsten Samstag eure
heiligen Körper nicht außer Sichtweite schafft, dann garantiere ich für nichts,
klar? Dann lauft ihr Gefahr, unter eure Mutter geschaufelt zu werden. Niemand
wird hier sein, um diese kräftigen Herrschaften dort drüben davon abzuhalten.
Hast du mich verstanden, Egbert?« Lagerfeld schnippte wieder mit den Fingern
vor Egberts Gesicht.
Der eindringliche Appell trug erste Früchte. Egbert schien ganz
offensichtlich nachzudenken. Das war doch schon einmal ein Fortschritt.
Schließlich sagte er sogar etwas offensichtlich Unheiliges. »Nun gut,
vielleicht könnten wir am Samstag ja etwas Erhellendes auf den Kutzenberger
Auen durchführen. Der Meister wollte sowieso in Kürze mit den dortigen
Blasphemikern eine Erhellung versuchen. Würde dies die negativen Energien zum
Versiegen bringen, die ich hier spüre?«
Lagerfeld blickte fragend zur Ebensfelder Gruppe, die sich kurz
beriet.
»Also, vo uns aus gehd des glar«, sagte einer. »Aber wehe, die
Heinis da lassn sich doch irchendwie bliggn. Dann wern mer dena aber zeigen, wo
der Bardel sein Mosd holt. Kabierd?« Dann drehte sich die Gruppe geschlossen um
und ging mit missmutigem Gegrummel davon.
Uff. Lagerfeld atmete durch. Plötzlich merkte er, dass sich eine
Hand auf seine rechte Schulter gelegt hatte. Eine sehr warme Hand. Er drehte
sich um, und ein ausgesprochen gut aufgelegter Egbert begann, an einem seiner
Hemdknöpfe herumzufummeln.
»Nun, mein Kind, möchtest du dich nicht zu mir setzen?«
Lagerfeld entfernte die fummelnden Finger dezent, aber nachdrücklich
mit seinen eigenen und versuchte, das Gespräch in eine sachlichere Richtung zu
lenken. »Gut, von mir aus«, sagte er, nachdem er sich ausgiebig geräuspert
hatte. »Wir setzen uns, aber ich habe einige sehr wichtige Dinge mit dir zu
besprechen, Egbert.« Mit strengem Gesichtsausdruck hockte er sich hin. So
schnell konnte er gar nicht schauen, da saß Egbert schon neben ihm und hatte
ihm eine Hand auf das Knie gelegt.
»Zu besprechen? Ja, das glaube ich auch«, sagte er, während seine
Hand langsam, aber kontinuierlich zu Lagerfelds Krokodillederstiefeln
hinunterwanderte.
Franz Haderlein lag in seinem Bett und folgte der Geschichte des
»Herrn der Ringe« auf Video. Voller Entsetzen hatte er festgestellt, dass
dieser Schinken ja fast vier Stunden dauerte. Fidibus hatte sich
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