Blutfeuer
Tag in diesem Fall, das spürte er. Er schaute auf
seine Uhr. Es war halb sieben.
Gleich hatte er alle
Beteiligten in die Dienststelle bestellt, und außer Lagerfeld hatte noch
niemand eine Ahnung von den neuen Erkenntnissen. Das würde ein paar heftige
Diskussionen geben.
Haderlein telefonierte noch
kurz mit Manuela in Neuendettelsau und legte ihr die Lage dar. Riemenschneider
hätte zwar heute die letzte Prüfung absolvieren müssen, aber die würde sie auch
zu einem späteren Zeitpunkt nachholen können. Das kleine Schwein wurde dringend
gebraucht. Wofür genau, das wollte er lieber persönlich besprechen. Während
Manuela nach Bamberg fuhr, würde sich Ute von Heesen direkt zur HUK nach Coburg auf den Weg machen. Dort
herrschte nach der teilweisen Zerstörung des Hauptgebäudes auf der
Bertelsdorfer Höhe noch immer helle Aufregung. Abgesehen von dem allgemeinen
Chaos in Coburg und einer nun quasi Bauruine als Hauptsitz hatte sich nämlich
herausgestellt, dass der riesige Gebäudekomplex nicht versichert gewesen war.
Zumindest nicht gegen Tornados. Ein höchst peinlicher Fakt für eine der größten
Versicherungen Deutschlands. Gerade wurden vor der HUK -Ruine in Windeseile Zelte aufgestellt, Kabel gezogen,
Computer angemietet, um irgendwie eine Ordnung in den Laden zu kriegen. Ute von
Heesen als Leiterin der Revision war für die HUK in einer solchen Situation unabkömmlich. Seine Liebste konnte Lagerfeld also
für die nächste Zeit vergessen. Na, Hauptsache, Manuela kommt mit der
Riemenschneiderin, dachte Haderlein zufrieden.
Anschließend rief er
Honeypenny an. Sie sollte eine Streife nach Sandhof schicken, um die beiden
Wissenschaftler aus ihrem Intelligenzsilo abzuholen. Vielleicht gab es ja von
der medizinischen Seite her auch schon eine neue Entwicklung. Dieser Schweizer
schien ja wirklich etwas auf dem Kasten zu haben. So, und jetzt musste
Haderlein sich aber wirklich anziehen.
Der Bärtige und Leonhard
Pechmann waren später fertig geworden, als sie gedacht hatten. Aber besser spät
als nie. Der niedrige Gang zur Altenburg war durch hereinsickernde Feuchtigkeit
stellenweise ziemlich glatt gewesen. Nur mit Mühe hatten sie die Handwagen mit
den blauen Fässern durch die kritischen Abschnitte gebracht. Aber jetzt war
alles erledigt. Leonhard Pechmann schloss den letzten Kabelstrang an den
gleichen Verteilerkasten an wie die beiden anderen Kabelpaare. Er drückte sechs
Sicherungen mit einem harten Klacken nach oben, dann entstaubte er sich
klatschend die Hände.
»So, die Eingänge sind jetzt
scharf. Den FI -Schalter habe ich
überbrückt. Nicht dass uns wegen der ganzen Feuchtigkeit noch die Sicherung
rausfliegt. Das heißt, wir haben noch zwei begehbare Ausgänge, die müssen
reichen.« Er schaute den Bärtigen auffordernd an. »Ich mach jetzt ein
Nickerchen. Du nicht?«
Der Bärtige schüttelte den
Kopf. »Wir haben eine verdammt heikle Situation. Ich hoffe, deine Planungen
funktionieren. Das Zeitfenster wird immer enger. Wenn wir am Mittwoch nicht
liefern können, ist das Geschäft mit den Chinesen im Arsch, das weißt du. Was
ist eigentlich mit den Rosenbauers, erledigst du das noch?«
Pechmann hob erstaunt den
Blick. Die Rosenbauers? Er hatte immer gedacht, die seien tabu. Also gab es
eine Änderung, auch gut. »Das mit der lieben Frau Rosenbauer und ihrer Tochter
werde ich regeln, keine Angst.« Er musste immer noch über die Naivität dieser
Frau den Kopf schütteln. Die Entführung der Tochter und ihren eigenen Tod
vorzutäuschen, das war ihre Idee gewesen, aber leider hatte ihr abtrünniger
Mann zuerst nicht mit der notwendigen Kooperation geantwortet. Und dieses
dämliche Techtelmechtel mit dem Prediger, nur um den Babyloniern die Schuld in
die Schuhe zu schieben? Das war doch von Anfang an klar gewesen, dass dieser
gewiefte Bamberger Bulle nicht darauf hereinfiel. Pech für sie. Jetzt war sie
nur noch gefährlicher Ballast. Er wusste schon, wie er es anfangen würde, ohne
sich selbst die Hände schmutzig zu machen.
Der Bärtige beobachtete ihn
misstrauisch. Wahrscheinlich traute er ihm den Mord an einer Frau und einem
Kind nicht zu. Aus seinen grauen Augen sprach die Warnung, keinen Mist zu
bauen.
Leonhard Pechmann wusste die
Blicke des Bärtigen sehr wohl zu deuten. Er war zum Erfolg verdammt, ansonsten
wartete auf sie beide ein sehr langer Lebensabend im Knast oder noch weitaus Schlimmeres.
Für alle Beteiligten war es besser, sein Plan würde funktionieren.
*
Anopheles die Siebte
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