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Blutfeuer

Titel: Blutfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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Augen. Hatte er gerade etwas
gehört, oder war das nur wieder ein Signal aus einem anderen Universum gewesen?
Er wollte sich schon umdrehen, aber in diesem Moment beugte sich ein Mann mit
grauem Bart über ihn und drückte ihn sehr bestimmt in die Horizontale.
    »Der Weltuntergang ist gekommen, Gesalbter«, flüsterte eine kalte
Stimme in sein Ohr. Ein panischer Schauer durchflutete seinen Körper, er wollte
sich von der Zellenwand wegdrücken, aber das ließ der Bärtige nicht zu. Seine
Hände umfassten Brossts Kopf mit beiden Händen und drehten ihn ruckartig nach
hinten. Mit einem trockenen Knacken brach das Genick. Der Bärtige erhob sich
und legte die Decke wieder genauso über die Leiche, wie er sie vorgefunden
hatte. Dann erhob er sich und klopfte dreimal ruhig, aber bestimmt gegen die
Tür.
    »Was? Schon fertig?«, fragte der Beamte erstaunt. »Das waren ja nur
ein paar Minuten.«
    Der Bärtige setzte ein verärgertes Gesicht auf. »Mein Klient will
heute nicht reden, sondern lieber weitermeditieren. Ich habe ihm die
Medikamente dagelassen und mich gleich wieder zurückgezogen.«
    Der Vollzugsbeamte lachte und schaute neugierig durch das kleine
Fenster. Dieser Spinner schlief tatsächlich schon wieder.
    »Mir soll es egal sein. Der Kunde ist König«, sagte der Anwalt
jovial. »Ich bekomme zweihundertfünfzig Euro pro halbe Stunde.« Er lächelte.
»Und ab morgen sogar mehr, viel mehr.«
    Der Vollzugsbeamte schüttelte noch voller Unverständnis den Kopf,
als er die Außentür des Gefängnisses hinter dem Anwalt wieder geschlossen
hatte. Zweihundertfünfzig Euro für eine halbe Stunde? Für ein solches Salär
musste er einen Haufen Zellentüren auf- und zuschließen. Diese Welt war nicht
gerecht, und sie würde es auch nicht mehr werden. Grummelnd begab er sich auf
seinen üblichen Rundgang.
    Als der Zwerg das Zimmer betrat, drehte sich Gerlinde Rosenbauer
erschrocken um. Nur Theresa rief erfreut »Gimli!« und wollte auf ihn zulaufen.
Ihre Mutter erwischte sie gerade noch am Ärmel und hielt sie zurück.
    »Was machst du da, Mama?«, rief Theresa ärgerlich und versuchte,
sich mit aller Macht ihr zu entziehen. Endlich einmal eine Abwechslung in
diesem langweiligen Zimmer. Sie wollte zu dem kleinen Mann und mit ihm spielen.
Vielleicht würde er wieder für sie singen? Doch ihre Mutter hielt sie mit
eisernem Griff fest.
    »Was hast du da, Gimli?«, fragte sie und starrte auf die schwarze
Dose, die der Zwerg in der Hand hielt. Der kleine Mann lächelte kurz und
stellte das schwarze Ding vor sich auf den Boden.
    »Gimli bringen. Gimli spielen. Lustig!« Mit breitem Lächeln schaute
er vergnügt in die Runde.
    »Au ja, au ja!«, rief Theresa Rosenbauer begeistert und verstand
immer weniger, warum sie nicht zu dem neuen Spielzeug durfte.
    Doch Gerlinde Rosenbauer presste ihre Tochter an die Wand und sagte
in einem drohenden Ton, in dem sie noch nie zu ihr gesprochen hatte: »Theresa,
du wirst jetzt verdammt noch mal hier stehen bleiben und dich nicht vom Fleck
rühren. Und wehe, du bewegst dich auch nur einen Zentimeter von dieser Wand
weg, verstanden?«
    Das Mädchen schaute ihre Mutter erschrocken an, unfähig zu
antworten. Was war denn los? Sie wollte doch nur mit Gimli spielen.
    »Ob du mich verstanden hast?«, schrie Gerlinde Rosenbauer jetzt ihre
Tochter an und schüttelte sie, dass der Kopf von Theresa hin und her flog. Dann
ließ sie von ihr ab, und Theresa glitt eingeschüchtert und leise weinend auf
den Boden. Gerlinde Rosenbauer wandte sich wieder Gimli zu, der verblüfft das
Geschehen verfolgt hatte. Was war hier los, warum der Streit? Er wollte doch
bloß nett sein. Gefiel den beiden das neue Spielzeug nicht? Gerlinde Rosenbauer
machte vorsichtig zwei Schritte auf den Zwerg zu und setzte sich dann langsam
im Schneidersitz vor ihm auf den Boden.
    »Das da ist kein Spielzeug, Gimli«, sagte sie sanft. »Das ist Gas.
Wenn du auf diesen Knopf da drückst, werden wir alle sterben. Du, ich und auch
Theresa.« Sie schaute ihn direkt an, wusste aber nicht, ob er verstanden hatte,
was sie ihm gerade gesagt hatte. »Hast du verstanden, Gimli, diese schwarze
Dose wird uns töten. Das ist Gas.« Sie merkte, wie es in dem kleinen Mann
heftig arbeitete.
    Schließlich meinte er verunsichert: »Herr sagen, das Spielzeug.
Überraschung Theresa.«
    Gerlinde schloss die Augen. Wenn sie schon sterben sollten, warum
dann so, auf diese niederträchtige Art und Weise? Aber noch lebten sie. Sie
öffnete wieder ihre

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