Blutfeuer
Sie kauerte sich auf das Sims und schaute Gimli
fragend an.
»Bleiben«, sagte der Zwerg
in einem merkwürdig veränderten Ton.
»Was hast du vor, Gimli?«,
fragte sie ihn voller Angst. Ihr Blick sprach Bände. Lass mich nicht allein!
»Theresa bleiben. Gimli
spielen«, antwortete er schließlich kalt schnarrend, bevor er Theresa noch
einmal anschaute. »Gimli traurig«, fügte er noch sanft hinzu, dann wackelte er
davon, in jeder Hand eine blutige »Franziska«.
»Am besten, wir schmeißen
das Weibsstück über den Schutthaufen zurück in den Gang, oder?«, meinte Eichberg,
und auch Waldmüller hielt das für die praktikabelste Lösung.
Als sie wieder den Stollen
betraten, stieß Eichberg den Mediziner in die Seite. Nur wenige Meter vor ihnen
stand der Zwerg. Sein Blick war starr auf sie gerichtet, und in jeder Hand
hatte er eine merkwürdig aussehende Axt, die bis zum Boden reichte.
Heinz Eichberg brach wieder
in sein typisch hysterisches Gelächter aus. »Ja, was hat unser kleiner Gimli
denn da in seinen Händen? Er wird doch nichts Böses im Schilde führen?«,
wieherte er.
Auch Waldmüller schien nicht
gerade verängstigt. Eher genervt. Sie hatten schließlich zu arbeiten. »Pass
auf, dass du dir mit den Dingern nicht selbst wehtust, du hässlicher Gnom«,
fuhr er den Zwerg an. »Und jetzt aus dem Weg, du Scheusal, wir haben zu tun.« Er
ging auf ihn zu, um ihm die Äxte aus den Händen zu nehmen.
Er hatte Gimli fast
erreicht, als dieser die »Franziskas« mit unglaublicher Geschwindigkeit
herumwirbelte. Waldmüller zuckte erschrocken zurück und wollte dem Zwerg dann
endgültig den Garaus machen, als er merkte, dass die Arme seinen Befehlen nicht
mehr gehorchten. Indem er seinen Kopf nach rechts und links drehte, sah er,
dass sie nur noch an letzten Hautfetzen an seinen Schultern hingen. Rotes Blut
pulsierte aus den Stümpfen, und ein unglaublicher Schmerz bemächtigte sich
seiner. Brüllend drehte er sich zu Eichberg um, dem fast die Augen aus dem Kopf
fielen. Das Blut des Mediziners begann sich dampfend über dem Höhlenboden
auszubreiten, bevor dessen verstümmelter Torso nach vorn kippte. Gimli änderte
den Griff um seine Äxte und kam langsam auf Eichberg zu, der aschfahl wurde. Er
war absolut unfähig, sich zu rühren.
Als Gimli endlich vor ihm
stand, fiel er auf die Knie, faltete die Hände bittend und wimmerte irgendetwas
Unverständliches. Ihre Gesichter befanden sich nun auf gleicher Höhe. Fast
belustigt sagte Gimli: »Du laufen. Gimli spielen.« Er schubste Eichberg mit der
Axt an, doch dieser rührte sich nicht, sondern jammerte weiter vor sich hin.
»Dann sterben«, teilte ihm
der Zwerg ungerührt mit und hob eine Axt.
»Oh mein Gott!«, schrie
Eichberg, als er die Ernsthaftigkeit der Drohung begriff. Er sprang auf und
begann ungelenk davonzulaufen. Gimli ließ ihm circa zehn Meter Vorsprung, dann
schickte seine rechte Hand eine »Franziska« auf ihre todbringende Reise. Die
fränkische Wurfaxt überwand die Distanz zwischen Zwerg und Opfer mit wirbelnder
Leichtigkeit. Ihre geschwungene Klinge traf Eichberg am Kopf und zerschnitt die
Schädeldecke in zwei ungleiche Hälften. Der Körper rannte reflexartig noch einige
Meter weiter, bevor er in sich zusammenfiel wie eine Marionette, der man die
Fäden durchgeschnitten hatte. Gimli holte sich seine Axt wieder und wischte das
Blut an Eichbergs Hemd ab. Die Überreste seiner Spielstunde zerrte er in einen
Seitengang und warf ein paar alte Säcke darüber, die hier überall herumlagen.
Dann ging er zu Theresa zurück. Das Mädchen hatte sich die Hände vor das
Gesicht geschlagen und wagte nicht aufzuschauen. Das Gebrüll war fürchterlich
gewesen! In ihrem ganzen Leben hatte sie sich noch nie so geängstigt wie gerade
eben. Sie zuckte zusammen, als der Gnom ihr die Hand auf die bebende Schulter
legte.
»Gehen«, sagte er, und
Theresa schaute erleichtert auf.
»Gimli!«, rief sie
schluchzend und warf sich an seinen Hals. Der Zwerg lächelte gequält und schob
sie sanft von sich. Dann packte er seine Äxte in den Rucksack zurück und diesen
auf seinen Rücken. »Gehen«, sagte er wieder und setzte sich wackelnd in
Bewegung. Theresa suchte seine grobe Hand und folgte ihm gehorsam.
Lagerfeld hatte es fast
geschafft. Mit der großen Schnalle seines Hosengürtels hatte er so viel von dem
Sandstein herauskratzen und dann brechen können, dass das Eisen des Schlosses langsam zum Vorschein kam.
»Zurück!«, warnte er die
anderen und zog seine
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