Blutfeuer
Waffe. Laute Schüsse hallten durch den Eisentürraum, und
kleine Bröckchen Sandstein flogen umher. Lagerfeld steckte seine Waffe wieder
ein, dann trat er kurz und entschlossen gegen die eiserne Tür. Mit einem
Knirschen gab das alte Schloss nach und flog klappernd nach draußen in den
Stollen.
»Na dann, auf zu neuen
Ufern«, knurrte Haderlein und ließ Riemenschneider freien Lauf.
Gimli durchquerte mit
Theresa die Produktionsstätten der Fabrik, wo sich niemand mehr befand. Das
blaue Licht beleuchtete nur noch eine von Menschen verlassene Anlage. Der Zwerg
führte das Mädchen in den Gang zum Notstromaggregat, bog dann aber in eine
Nebenkammer ab, wo sich wieder einmal eine Eisenleiter befand. Als sie diese
hochgestiegen waren, mussten sie am oberen Ende eine Eisenklappe aufstoßen.
Gimli half Theresa, aus der Röhre hinauszuklettern, dann sah sie, dass sie sich
in einer Art Zuchtanlage befanden. Überall standen Käfige, in denen Ratten
waren, die nun aufgeregt herumliefen.
Angeekelt drückte sich
Theresa enger an den Zwerg. »Das ist ja ekelig. Was machen die ganzen Ratten
hier, Gimli?«
»Enten essen«, antwortete
dieser trocken, aber Theresa verstand nicht. Enten? Seit wann aßen denn Enten
Ratten?
Fragend schaute sie ihn an.
»Was denn für Enten, Gimli? Enten essen doch keine Ratten?« Zum ersten Mal an
diesem Tag huschte ihr so etwas wie ein Lächeln über das Gesicht.
Gimli schaute sie erstaunt
an, dann lächelte auch er und suchte nach anderen Begriffen. »Schnattermenschen
essen. Essen Ratten. Schnattermenschen essen.«
Theresa fing an zu begreifen.
Die Chinesen? Igitt! Sie verzog das Gesicht und folgte Gimli möglichst schnell
aus dem Rattenstall hinaus. Sie liefen jetzt eine niedrige, aber saubere
Katakombe entlang, die sich nach einiger Zeit verzweigte. Hier endete auch das
blaue Licht der Notbeleuchtung. Gimli zog Theresa in den rechten Gang, der
steil und dunkel nach oben führte. Wieder musste sie auf Gimlis
Orientierungssinn und seine Nase vertrauen. Auf dem feuchten Untergrund
rutschte Theresa mehrfach aus, dann flachte der Anstieg ab, und sie ließ sich
auf den Boden sinken, um sich auszuruhen.
Leonhard Pechmann öffnete
vorsichtig die alte Holztür und schob das Gerümpel, das sich davor befand, zur
Seite. Er stieg durch den staubigen Sperrmüll, bis er sich am anderen Ende des
ehemaligen Stalles befand. Wieder versperrte ihm eine schwere, alte Holztür mit
halbrunder Kopfseite den Weg. Aber für sie besaß er einen Schlüssel. Ein großer
alter Bartschlüssel, noch aus dem Dreißigjährigen Krieg. Er steckte ihn in das
Schloss und drehte ihn nach links. Widerwillig zog sich der Riegel in seine
eiserne Behausung zurück, und der Durchgang war frei. Pechmann stieß die Tür
einen Spalt weit auf und lugte vorsichtig hinaus. Der große Platz war voller
Touristen, aber das war nichts Besonderes. Alles war so, wie er es erwartet
hatte. Vorsichtig schloss er die Tür wieder und drehte den Riegel zurück ins
Schloss. Den Schlüssel ließ er stecken. Dann ging er durch die verstaubte
Müllhalde zurück und winkte den anderen zu. Missbilligend schaute er auf das
Chaos in dem alten Stall, während hinter ihm die Chinesen aus der Tür traten.
Irgendeine Restaurationsfirma hatte wohl vor Kurzem hier ihren Restmüll
entsorgt. Aber sie lagen gut in der Zeit. Da konnten sie es sich leisten, hier
erst einmal ein wenig aufzuräumen.
Riemenschneiders Weg endete
in einem Raum mit einer Eisenleiter, die nach oben führte. Katastrophen-Müller
ging voraus und öffnete die Luke. Einer nach dem anderen kletterte die Leiter
hoch und verzog bei dem Anblick, der sich ihm bot, erstaunt das Gesicht.
»Aha, daher also das
Rattenblut«, meinte Lagerfeld. »A weng a Middachessen vielleicht? Hat jemand
Hunger?«
Haderlein setzte eine
angewiderte Miene auf. »Spar dir deine Witze, Bernd. So viel Bier könnte ich
gar nicht trinken, dass mir die Viecher schmecken würden.« Er setzte
Riemenschneider auf dem Boden ab und wollte eigentlich weiter die Spur
verfolgen, aber Lagerfeld hielt ihn an der Schulter zurück.
»Möcherden haasd des«,
belehrte er ihn. »Viecher schmeggn möcherden, bidde. Endweder oder gell.« Streng
hob er den Zeigefinger.
Haderlein rollte mit den
Augen. Das Letzte, wonach ihm gerade der Sinn stand, war ein Crashkurs in
Fränkisch. »Auf geht’s, Riemenschneider«, rief er und beendete die unleidliche
Diskussion auf seine Weise. Das Ferkel war der gleichen Meinung und senkte
seinen Rüssel
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