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Blutfeuer

Titel: Blutfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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er ihn endlich los, drückte die Sendetaste des
E-Mail-Programms, und die Nachricht vom Hurrikan »Luca« machte sich auf den Weg
um die Welt. Sein Namensgeber sank fassungslos auf seinen Bürostuhl, während
sein älterer Kollege sich zurücklehnte und in ein lautes, schrilles Lachen
ausbrach.

Yellowstone
    »Noch eine letzte Frage, Dr.
Waldmüller«, sagte Kommissar Haderlein zum Leiter der Klinik St. Getreu,
während er Riemenschneider im Arm hielt und zwischen den Ohren kraulte. »Was
für Versuche waren das noch einmal, die mit den Alten in dieser Sonderabteilung
gemacht wurden?«
    Der Arzt verzog das Gesicht
und hob die Arme beschwichtigend in die Höhe. »Also, wenn Sie glauben, dass wir
arme Demenzkranke für Experimente missbraucht haben, Herr Kommissar, dann muss
ich Sie enttäuschen. Es war eine offiziell mit dem Bundesamt für
Arzneimittelsicherheit abgeglichene klinische Studie, die alle Vorprüfungen
widerspruchsfrei bestanden hat. Die Einverständniserklärungen der Patienten
beziehungsweise des jeweiligen Vormunds, soweit eine Entmündigung vorlag, haben
wir damals natürlich auch eingeholt.«
    Dr. Waldmüller blies die
Luft durch die Nase nach draußen. Die Abhandlung hatte er nun schon allen
möglichen Bedenkenträgern gegenüber des Öfteren herunterbeten müssen. Was
diverse politische Spinner natürlich trotzdem nicht davon abhielt, derartige
Forschung als Teufelszeug zu verdammen.
    »Aha«, nahm Haderlein die
Belehrungen zur Kenntnis. »Hat sie denn etwas gebracht, Ihre Studie? Ich meine,
konnte man Fortschritte im Heilungsprozess feststellen?«
    Waldmüller machte einen
reichlich unentschlossenen Gesichtsausdruck. »Wenn Sie mich fragen, Herr
Kommissar, nein, obwohl bei den Patienten bezüglich ihres körperlichen
Allgemeinzustandes erhebliche Verbesserungen sichtbar waren. Die sind hier
plötzlich herumgerannt wie Zwanzigjährige, aber was die Demenz anbelangt,
konnte ich persönlich keine positiven Veränderungen feststellen. Wenn Sie
Genaueres wissen wollen, müssen Sie sich an Dr. Rosenbauer wenden, er leitet
das Projekt ›Yellowstone‹.« Waldmüller wirkte enttäuscht, selbst nicht mehr
darüber zu wissen.
    »Und was war das für ein
Medikament? Und wieso ›Yellowstone‹? Ist das nicht ein sehr merkwürdiger Name
für eine medizinische Studie? Klingt eher wie eine Geheimdienstoperation von
James Bond«, ließ Haderlein nicht locker. »In welcher Form gibt es das, wie
häufig wird es verabreicht, wer ist der Hersteller et cetera pp.?«
    Wortlos griff Dr. Waldmüller
in die linke Tasche seines weißen Arztkittels und holte ein durchsichtiges,
etwa fünf Zentimeter hohes Plexiglasröhrchen hervor. »Hier, Herr Kommissar!«,
rief er mit einem schiefen Grinsen, während er das Röhrchen mit einem leichten
Schwung in Haderleins Richtung warf. »Wir haben die kleinen Dinger wegen ihres
Aussehens ›Yellowstone‹ genannt. Der pharmazeutische Name würde den meisten
sowieso nichts sagen. So, ich muss wieder an die Arbeit. Den Rest erfahren Sie
von Dr. Rosenbauer, aber der ist erst übermorgen wieder da. Hat Urlaub.
Außerdem wird’s mir hier draußen gerade entschieden zu warm.« Sprach’s und
entschwand in die Tiefen des klimatisierten Eingangsbereiches.
    Haderlein hatte das
durchsichtige Röhrchen mit der freien linken Hand gefangen und hielt es nun
nachdenklich in die glühende Mittagssonne. Er konnte etwa zehn ovale Tabletten
erkennen, die eine kräftige zitronengelbe Farbe aufwiesen. Er steckte das
Medikament weg, bevor sich Riemenschneider noch daran zu schaffen machen
konnte, denn sie hatte die interessanten Pillen schon gewittert.
    »Schluss für heute,
Mädchen«, sprach Haderlein entschlossen und entriegelte per Fernbedienung
seinen grünen Fiat Multipla. »Ich kann mich sowieso nicht mehr konzentrieren.
Befragungen, Verhaftungen und sonstigen Zeitvertreib verschieben wir auf
später. Wir wenden jetzt am besten die Lagerfeld-Methode an und schlafen ein
paar Stunden.«
    Er startete den Motor und
fuhr am Kloster Michaelsberg vorbei den Berg hinunter. Flüchtig musste er an
den dramatischen letzten Fall denken, der ihn erst vor Kurzem zu dem Kloster
geführt hatte.
    Zu Hause angekommen,
schaltete er Telefon, Handy und Türglocke aus und legte sich erleichtert auf
sein Futonbett.
    Er lächelte noch kurz seinem
kleinen Ferkel zu, welches es sich ebenso dankbar auf seinem Schlafteppich
neben der Tür bequem gemacht hatte, und wenige Minuten später waren die
Bewohner der

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