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Blutfeuer

Titel: Blutfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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viele Wasser auf dem Fußboden zu verdampfen. Als die Familie
gesammelt vor die Tür trat, verschlug es allen Mitgliedern die Sprache.
Entsetzt betrachteten sie die sich ihnen bietende Szenerie. Das Dach ihres
Hauses war verschwunden, genauso wie die einfache Hafenanlage, die Boote und
der Rest des Fischerdorfes Sefalin. Vom idyllischen Ort an der Westküste Kretas
war nur noch ein rauchender Trümmerhaufen übrig, durch den nun zahlreiche
schmutzige Bäche dem aufgewühlten Meer entgegenstrebten. Ein Bild wie nach
einem Erdbeben. Überall liefen Menschen umher und suchten Angehörige zwischen
den zerstörten Häusern. Die Mühe konnte man sich beim Nachbarn der Familie
Chalkidikis traurigerweise sparen. Aus dem Schutt des nebenstehenden Hauses sah
der alte Angelos den nackten Fuß des einzigen Bewohners in merkwürdig
verdrehter Stellung herausragen.
    Eine Strafe Gottes, dachte Angelos, während er seine zitternde
Familie in die Arme nahm und der riesigen schwarzen Wetterfront
hinterherblickte, die von Kreta aus nach Westen zog.
    *
    Endlich Urlaub. Schluss mit der Ermittlerei und den undankbaren
Kriminalgehilfen. Haderlein hatte gerade in seinem Korbstuhl Platz genommen,
saß entspannt mit einem Cocktail in der Hand an einem tropischen Strand und
betrachtete unter seiner überhängenden Lieblingspalme hervor die zahlreichen
Badenixen, die sich in ihrer ziemlich dürftigen Kleidung durch sein
Gesichtsfeld bewegten. Versonnen schlürfte er das wohltuend kalte Getränk,
genoss das Gewackel von diversen sekundären Geschlechtsmerkmalen der
vorbeischlendernden Weiblichkeit und ließ seinen Gedanken freien Lauf. Endlich
ausspannen, dachte er, endlich dieser verdammten Hitze den Rücken kehren,
endlich keine rätselhaften Leichen mehr, endlich die …
    Unvermittelt kitzelte ihn etwas an der Nase, und jemand rüttelte ihn
plötzlich und unsanft an der Schulter.
    »He, Franz, döff ich dich amal kurz unterbrechen?«
    Der gerüttelte Hauptkommissar wachte notgedrungen auf, öffnete blinzelnd
und verstört die Augen und blickte in das Gesicht seines Kollegen Bernd
Lagerfeld Schmitt.
    Lagerfeld hatte sich tief über ihn gebeugt. Sein Pferdeschwanz hing
ihm über die Schulter und Haderlein ins Gesicht, die große dunkle Sonnenbrille
hatte er auf die Stirn geschoben, aus seinem Konterfei sprach wachsende
Ungeduld. »Komm etzerd, Franz, genuch gebennd. Der Chef will wissen, was mit
denna Doden auf St. Gedreu is, und ich waas vo nix. Was issn da oben los? Hobb,
erzähl.«
    Haderlein brauchte einige Sekunden, um sich zusammenzusortieren. Er
schaute auf seine Armbanduhr und konnte es nicht glauben. Er hatte gerade mal
eine Stunde geschlafen! Verzweifelt schloss er die Augen und ließ seinen Kopf
zurück aufs Kissen plumpsen. Na gut, dann eben nicht. Wenn ihn seine Umwelt
unausgeschlafen ertragen wollte, dann bitte. Aber das konnte böse enden, das
war wohl hoffentlich allen klar.
    »Wieso hörst denn du dei Klingel eichentlich net? Ich hab über dei
Glofenster eisteigen gemusst, weil ich dei Tür net aufmachen gekonnt hab«,
versuchte Lagerfeld sein eigentlich unbefugtes Eindringen auf Fränkisch zu
rechtfertigen.
    Haderlein sprang blitzartig aus dem Bett, die Zudecke flog in weitem
Schwung Richtung Wand. »Ach so, einsteigen hast du gemusst. Das hätte ich wohl
besser auch machen sollen, als ich heute früh vor deiner Tür stand und ein
gewisser Lagerfeld alles verrammelt hatte. Hatten wir uns außerdem nicht auf
das hochdeutsche Idiom im Dienst geeinigt, Kollege?«, rief er bissig, während
Kommissar Bernd Schmitt erschrocken einen Satz zurück machte. Dabei rutschte
ihm seine Sonnenbrille wieder ins Gesicht, und er verfehlte mit seinen
Krokodillederstiefeln Riemenschneider nur um Haaresbreite. Haderlein stand
ausschließlich mit seiner Unterhose bekleidet vor ihm und gab den Racheengel
aus einem Weltuntergangsepos.
    Lagerfeld war sauer. War doch nicht sein Problem, wenn Haderlein ihn
nicht wach bekommmen hatte. »He, hör amal, Kolleche, so geht des fei net«,
versuchte er den Zwergenaufstand, aber Haderlein spielte nicht mit.
    »Wenn du mich schon nicht schlafen lässt und unbedingt arbeiten
willst, bitte, tu dir keinen Zwang an. Greif dir die Riemenschneiderin und geh
schon mal auf die Dienststelle. Sag Honeypenny, ich brauche heute verdammt viel
Kaffee und unbedingt ihre Honigbrote, sonst geht gar nichts. Verstanden? Ich
mach mich nur kurz frisch und komm dann nach. Die Sache mit St. Getreu erklär
ich dir später. Und jetzt,

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