Blutfeuer
Bayern eine zerstrittenere Gemeinde zu
finden als diesen kleinen Ort, in dem er bald vor der Wiederwahl stand. Eine
entzweite Gemeinde, die religionstechnisch zur Diözese Würzburg, politisch aber
zum Bamberger Landkreis gehörte. Und ein paar evangelische Nörgler gab’s auch
noch. Ziemlich schwierig alles.
Aber zum Glück gab es ja
jetzt Staatssekretärin Monika Schlagbauer. Die würde das schon richten. Feilers
Miene begann sich aufzuhellen. Die Parteikollegin aus der Staatsregierung war
schließlich extra für diese Aufgabe abkommandiert worden und hatte ihm
persönlich versichert, sich hocherfreut und mit spontaner Begeisterung für
diese Aufgabe gemeldet zu haben. Er lächelte. Auch für ihn konnte das Projekt
zum Sprungbrett in höhere politische Gefilde werden. Die Zuversicht kehrte zu
Bürgermeister Kuno Feiler zurück.
»Helga!«, rief er zufrieden.
»Helga, kannst du mal nach meiner Krawatte schauen? Ich hab jetzt die
gelb-rosakarierte aus Seide genommen. Passt das so?« Er drehte sich zu seiner
Frau um, die gerade seine frisch gebügelte Unterwäsche in den
Schlafzimmerschrank räumte.
»Schon, Kuno«, meinte sie
beiläufig, während sie sich abmühte, das obere Schrankfach zu erreichen. »Aber
nur, wenn du dieses beknackte gestreifte Hemd ausziehst.«
Sofort fuhr Kuno Feiler
herum und betrachtete sein Outfit im Spiegel. »Oh, äh, natürlich, Schatz«,
stammelte er hektisch, während er verunsichert an seinem Hemdkragen fummelte.
»Du weißt ja, ich bin etwas farbenschwach im Rot-Grün-Bereich, Schatz«, gab er
noch missmutig von sich und friemelte weiter an der Kragenregion herum.
»Nicht nur in dem Bereich,
Kuno«, gab seine Frau zurück. »Hier, ich habe dir etwas Passendes aufs Bett
gelegt.« Sprach’s und verschwand geschäftig aus dem Zimmer. Resigniert begann
der Bürgermeister von Mürsbach sich zum siebten Mal an diesem Morgen
umzukleiden.
*
Ute von Heesen trocknete sich gerade die Haare im Schlafraum der
Heidelberger Hütte, als ihr Handy klingelte.
»Ich bin’s, Bernd«, meldete sich der Herzallerliebste mit besorgter
Stimme.
»Hallo, Süßer!«, freute sich Ute von Heesen über den Anruf ihres
Freundes.
»Ich wollte mal nachfragen, wie das werte Befinden auf eurer
Strampeltour ist«, fragte Lagerfeld so lässig wie möglich.
»Oh, Manuela und mir geht’s so weit ganz gut, was man von dem einen
oder anderen männlichen Gruppenmitglied nicht gerade behaupten kann«, meinte
sie fröhlich, während sie das Handtuch auf ihr Lager fallen ließ und kurz die
Haare ausschüttelte.
»Das ist fein, ich wollte eigentlich auch nur wissen, ob ihr schon
von diesem Sturm gehört habt, der heute Nachmittag über die Alpen ziehen soll.
Ich hoffe, ihr habt einen sicheren Platz gefunden?«
Ute von Heesen lächelte. Das war ja mal ein gutes Zeichen! Manchmal
war sie sich nicht ganz sicher, ob es ihrem leicht schrägen Freund auch
wirklich klar war, dass er jetzt eine Lebensgefährtin hatte. Meistens musste
sie ihn anrufen, um ihm das klarzumachen, er hielt es nur selten für nötig,
sich aus eigenem Antrieb zu melden. Frauen wollten eben immer wissen, wie ihr
männlicher Gegenpart so die Zeit verbrachte. Sollte Lagerfeld das etwa langsam
mitbekommen haben? Der Anruf war jedenfalls eine außerordentliche Besonderheit
im Sozialverhalten ihres Kommissars.
»Keine Sorge, mein Schatz«, flötete Ute zurück. »Auf der
Heidelberger Hütte sind wir so sicher wie in Abrahams Schoß. Wenn die nicht
hält, fliegen die ganzen Alpen weg.«
Lagerfeld war beruhigt. Das hörte sich ganz gut an, auch wenn er
nicht wirklich auf das technische Verständnis von Frauen im Allgemeinen baute,
baute er auf das seiner Freundin sehr wohl. Also wollte er nicht weiter die
Freuden seiner besseren Hälfte stören, schließlich war sie im Urlaub und sollte
sich erholen, auch von ihm. Es blieb also nur noch die Verabschiedung. Der bei
Weitem unangenehmste Teil bei einem Telefonat zwischen Ute und Lagerfeld.
»Ja, äh, dann, äh, war’s das eigentlich … Ich wollte nur wissen,
ob’s dir gut geht … ja, dann … hrrgm.« Ein kratziger, fränkischer Kartoffelkloß
schien sich in seinem Hals festgesetzt zu haben. »Ja, was wollte ich sagen …?«
Ute von Heesen wartete grinsend darauf, ob Bernd das Wort, auf das
sie wartete, über die Lippen bringen würde oder nicht. »Also, Ute, dann mach’s
mal gut, hrrgm, ich, äh … Du weißt ja, hrrgrrgm, ich, also, du weißt ja, dass
ich dich, also … also, also, ich hab mit
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