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Blutfeuer

Titel: Blutfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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sich langsam, aber kontinuierlich füllte.
    Der Landtierarzt drehte sich um und schaute Jonathan fragend an.
    *
    Franz Haderlein stellte die Riemenschneiderin auf Siebenstädters
Schreibtisch und stellte vor: »Das ist Fräulein Riemenschneider, die jüngste
Mitarbeiterin der Polizeidirektion Bamberg. Wenn Sie so freundlich wären, jetzt
Ihre Untersuchungen durchzuführen und anschließend das Attest auszustellen?«
    Dabei fixierte der Kommissar Siebenstädter mit seinem Blick und
harrte der Dinge, die da kommen sollten. Riemenschneider sah verwirrt von einem
zum anderen. Sie fühlte sich in ihrer exponierten Stellung zunehmend
unbehaglich. Es war wohl besser, sich unauffällig zu benehmen und sich
hinzulegen, was sie denn auch flugs tat.
    Der Chef der Gerichtsmedizin Erlangen, Eugen Siebenstädter, war zu
einer Salzsäule erstarrt. Er, der größte Zyniker des Frankenlandes, war in
einen Hinterhalt gelockt worden! Eigentlich war es so offensichtlich gewesen,
und er hatte es trotzdem nicht bemerkt. Andererseits gab es andere große
Feldherren der Geschichte, denen es ähnlich ergangen war. Also verlor er, Eugen
Siebenstädter, mit seiner Armada diese Schlacht, während vor ihm Sir Francis
Haderlein mit seinem Schlachtschiff Riemenschneider den Sieg davontrug und
auskostete. Aber gut, er war hart im Austeilen, doch auch fair in der
Niederlage.
    » Touché , Herr Kommissar«, kam es ihm leise und knapp über die
Lippen. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, holte er ein Stethoskop und einen
Schreibblock heraus. Schweigend untersuchte er unter den erstaunten Augen von
Kriminalkommissar Haderlein das kleine Ferkel von oben bis unten. Als er fertig
war, legte er sein Instrumentarium auf die Seite und schrieb etwas auf das
oberste Blatt seines Blocks. Dann riss er dieses mit einer schnellen Bewegung
der linken Hand ab und überreichte es Haderlein.
    Dieser nahm ihm den Zettel ab und las den Text sicherheitshalber
noch einmal durch.
    Die Mitarbeiterin der Polizeidirektion Bamberg »Riemenschneider«
wurde von mir eingehend untersucht und für gesund befunden.
    Der allgemeine körperliche Zustand ist als ausgezeichnet zu
beurteilen, wenn auch leichte Tendenzen zur Adipositas festzustellen sind. Dies
dürfte bei Ferkeln dieses Alters jedoch als normal anzusehen sein.
    Somit ist die Untersuchte uneingeschränkt für den Polizeidienst
tauglich.
    Gez. Dr. Eugen Siebenstädter
    Haderlein war baff. Das war’s? Keine Szene? Nun war es wiederum an
ihm, verwirrt zu sein. Er nahm Riemenschneider vom Tisch, streckte
Siebenstädter die rechte Hand hin und sagte: »Vielen Dank, Herr Doktor, ich
hoffe, wir sehen uns bald wieder, und ganz sicher hören wir uns ja am Telefon.«
    Lächelnd und sichtbar entspannt gab ihm Siebenstädter die Hand: »Ja,
ganz sicher, Herr Kommissar. Es war mir eine Ehre, Ihnen auf der Planche
gegenübergestanden zu haben. Und es wird mir immer wieder ein Vergnügen sein.«
Dabei lächelte er weiter sein anerkennendes Lächeln.
    Haderlein hatte beschlossen, nicht so einfach die überdimensionale
Friedensfahne zu schwenken, und wandte sich mit Riemenschneider auf dem Arm dem
Ausgang zu. Als er gerade die Tür öffnen wollte, rief ihm Siebenstädter
hinterher: »Moment noch, Herr Kommissar, wie alt ist dieses Schwein
eigentlich?«
    Haderlein drehte sich um. Misstrauisch antwortete er: »Ein gutes
Jahr, warum?« Suchte der Besiegte doch noch einen Grund, das Attest rückgängig
zu machen? Aber weit gefehlt. Siebenstädter war wieder ganz Kriminologe.
    »Das Schwein ist viel zu klein für sein Alter, es müsste viel größer
sein. Ist Ihnen das noch nicht aufgefallen, Haderlein?« Mit langen Schritten
und einer Schere, die er sich aus seinem Schreibtisch gegriffen hatte, ging er
auf die beiden zu. Bevor irgendjemand noch reagieren konnte, hatte er auch
schon ein Büschel kleiner Borsten hinter Riemenschneiders Ohren abgeschnitten
und es in seiner Kitteltasche versenkt. »Ich werde das mal überprüfen«,
bemerkte er sachlich und öffnete Haderlein die Tür. »Und wenn Sie nichts
dagegen haben, Herr Kommissar, dann möchte ich Ihnen schnell noch etwas
zeigen.« Damit ging er ihm voraus die Treppe hinunter.
    Haderlein schüttelte nur den Kopf und folgte ihm mit Riemenschneider
in die Sektionsräumlichkeiten. Sollte doch einer diesen Menschen verstehen, er
hatte jedenfalls keine Zeit mehr, sich über Siebenstädters Sozialverhalten
Gedanken zu machen. Dieser hielt vor einer abgedeckten Leiche inne und schlug
ohne

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