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Blutfeuer

Titel: Blutfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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plötzlichen Todesfall auf der
Hütte«, forderte er sie ernst auf.
    »Ja, genau«, klinkte sich Lagerfeld mit ins Gespräch ein, dem jede
Ablenkung hochwillkommen war. Vor lauter Entzugsverzweiflung hatte er bereits
das zweite Seidla geleert und bestellte sich nun sein drittes.
    »Oh mein Gott, ja«, meinte Manuela Rast, während sie nachdenklich
das Glas Rotwein vor sich auf dem Tisch drehte. Die Sonne neigte sich dem
Horizont entgegen und tauchte den Biergarten des »Greifenklau« im Schatten der
Altenburg in eine friedliche Abendstimmung. Bei endlich erträglichen
Temperaturen von einundzwanzig Grad ein angenehmer Kontrast zu den Tagen und
Wochen zuvor.
    »Das war so«, begann sie ihre Geschichte, »eigentlich fing alles
noch ganz lustig in Oberstdorf an …«
    Leonhard Pechmann saß mit seiner Frau auf der Hollywoodschaukel und
betrachtete den wunderschönen Sonnenuntergang. Erst vor Kurzem hatte der
Laborchef von »Dr. Feger Pharmazeutics« das Häuschen im Bamberger Haingebiet
erworben. Seine Frau und er hatten endgültig beschlossen, in der Gegend zu
bleiben. Der Firma ging es gut, und sein Arbeitsplatz war gesichert. Im Moment
war sein Leben die reinste Harmonie. Die Kinder waren groß und aus dem Haus,
und er wollte nun mit seiner Frau die zweite Lebenshälfte in dieser
wunderschönen Stadt verbringen. Für einen gebürtigen Kölner ein
nachvollziehbarer Entschluss.
    Gerade als er sich und seiner Frau Wein nachschenken wollte,
klingelte es an der Tür. Er stellte die halb volle Flasche Grauburgunder auf
den Terrassentisch und ging zur Tür.
    »Christian!«, rief er überrascht und erfreut zugleich. Doch das
Begrüßungslächeln verging ihm, als er sah, in welchem Zustand der Kollege vor
ihm stand. Die Haare zerzaust, die Augen mit dunklen Ringen und die Haltung wie
ein geprügelter Hund.
    »Komm erst mal rein, um Gottes willen«, sagte er beruhigend und bat
ihn in die Küche. »Setz dich, ich geb nur schnell meiner Frau Bescheid.«
    Christian Rosenbauer nahm auf einem der modernen Küchenstühle aus
Stahlrohr Platz. Er fühlte sich erschlagen. Leonhard Pechmann war nicht direkt
ein Freund. Eigentlich hatte er auch gar keine Freunde mehr. Sein privates
Umfeld der letzten Jahre hatte sich zunehmend auf seine Familie und die
gelegentlichen Einladungen zu Firmenfeiern beschränkt. Leonhard Pechmann war
eine Ausnahme. Das Firmenlabor hatte des Öfteren Sammelbestellungen gängiger
Grundstoffe der Pharmazie zusammen mit dem Labor der Firma Dr. Feger getätigt.
Im Zuge dieser lockeren Geschäftsverbindung hatte Christian Rosenbauer auch
Leonhard Pechmann kennengelernt.
    Pechmann war wie er Allgemeinmediziner, zusätzlich aber noch Doktor
der Chemie und der Pharmazie. Er war verdammt gut in dem, was er tat, und noch
dazu ein ziemlich netter Mensch. Sie trafen sich regelmäßig zum Essen im
»Messerschmitt«, einem Lokal, in dem eher Einkommen über der Hartz- IV -Grenze verkehrten. Rosenbauers
Familie bestand auf einen standesgemäßen Umgang, und auch die Treffpunkte in
der Freizeit hatten sich dem anzupassen. Bei Leonhard Pechmann hatte er jedoch
den Eindruck, ein Essen mit dem Proletariat in der »Bischofsmühle« wäre für ihn
genauso okay gewesen. Es waren immer sehr geistreiche und kurzweilige Gespräche,
die er mit dem Zweimetermann und ehemaligen Basketballer führte. Nicht, dass er
mit ihm sein Innerstes austauschte, aber fast. Auf jeden Fall ging es ihm immer
deutlich besser, wenn er von den Treffen nach Hause ging.
    Doch seit heute war jede Leichtigkeit aus seinem Leben verflogen.
Leonhard Pechmann war der Einzige, der ihm noch helfen konnte. Allerdings war
überhaupt nicht einzuschätzen, ob er dazu auch bereit wäre, wenn Christian
Rosenbauer ihm alles beichtete. Und darum kam er nicht herum, sonst machte
alles keinen Sinn.
    Der dreifache Doktor trat in die Küche und setzte sich ihm gegenüber
auf einen Stuhl. »Christian, du siehst richtig scheiße aus«, sagte er in aller
Offenheit.
    Rosenbauer nickte, dann gab seine misshandelte Seele auf. Er griff
nach den Händen von Leonhard Pechmann und begann mit tränennassen Augen zu
erzählen. Sein Kollege hörte sich die ganze lange, traurige Geschichte an und
schwieg erst einmal eine Zeit lang.
    »Das ist ganz schön harter Tobak, Christian«, sagte er schließlich.
»Aber du musst das mit dir selbst ausmachen, was du da angerichtet hast. Ich
nehme dir deine ehrenvollen Absichten ab, aber ohne Schaden kommst du aus der
Sache nicht mehr raus. Vor allem

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