Blutfeuer
wollte Zeit seines
Lebens nur forschen. Das war auch der Grund, warum er die Heirat in die
bekannte Bamberger Familie als so einen Glücksfall betrachtet hatte. Von wegen
Glücksfall. Da er nicht früh genug einfach einmal Nein gesagt hatte, steckte er
jetzt im größten Schlamassel seines Lebens. Aber Schlamassel war wirklich nicht
das richtige Wort.
Das Bild einer Schlinge erschien ihm da schon passender, eine
Schlinge, die um seinen Hals lag und gerade dabei war, sich zuzuziehen. Aber er
durfte nicht aufgeben, schon wegen Theresa nicht. Der Gedanke an seine
verschwundene Tochter quälte ihn. Die Polizei zu benachrichtigen, schloss er
aus, die würden Theresa garantiert nicht finden, so viel war sicher. Wie denn
auch, bei einer Erpressung, bei der es nicht um Geld ging. Na gut. Sie sollten
ihren Willen bekommen, aber erst musste er seine Schuld der Menschheit
gegenüber begleichen. Sonst würde nicht nur das Leben seiner Tochter auf dem
Spiel stehen, sondern auch das sehr vieler anderer Menschen. Mit Schaudern
dachte er an den Bericht des » FT «
über diesen Gerichtsmediziner aus Erlangen und seine merkwürdigen Leichen.
Niemand wusste bis jetzt, dass es sich dabei um seine, um Christian Rosenbauers
Leichen handelte. Es war seine Schuld, ganz allein. Und wenn er nicht in
allernächster Zukunft eine Lösung fand, würden noch sehr viele Tote
hinzukommen.
Es half nichts. Ins eigene Labor und zu seinem Projekt konnte er
nicht mehr zurück. Das würden sie schon zu verhindern wissen. Er musste
jemandem vertrauen können. Er brauchte Hilfe.
*
Die beiden Kommissare saßen gerade einmal fünf Minuten an ihrem
Stammplatz im »Greifenklau«, als Ute von Heesen und Manuela Rast den Biergarten
betraten. Die Tische waren bestenfalls zur Hälfte besetzt, weshalb sie ihre
Männer auch sofort entdeckten und freudig in die Arme schlossen.
Auch die Riemenschneiderin wurde zur Begrüßung heftigst geknuddelt
und stürzte sich gleich darauf auf den Apfelkorb, den ihr die beiden aus
Oberstdorf mitgebracht hatten. Ute von Heesen bestellte sich ebenfalls ein
Bier, während Manuela Rast sich ihren geliebten Rotwein genehmigte. Zuerst
berichteten die beiden Daheimgebliebenen von der aktuellen Situation in Coburg
und im Itzgrund. Ein Tornado in der Heimat, mitten in Deutschland, der wollte
erst einmal nacherzählt und durchdiskutiert werden.
Dann fragte Ute von Heesen: »Mal zwischendurch bemerkt, Bernd, du
hast also wirklich mit dem Rauchen aufgehört?«
Haderlein hätte sich fast an seinem Bier verschluckt, während
Manuela zweifelnd zwischen ihm und Lagerfeld hin und her schaute. Doch der
junge Kommissar ließ sich nichts anmerken und meinte selbstbewusst: »Äh, ja,
das stimmt. Franz und ich haben uns nach einiger Zeit der Debatte und des
In-sich-Gehens darauf verständigt, dass sich in unser beider Leben dringend
etwas ändern muss, und mein Teil der Vereinbarung ist der sofortige Verzicht
auf Rauchmittel jeglicher Art. Tatsächlich habe ich bereits seit mehreren
Stunden nicht mehr geraucht.« Das war nicht einmal gelogen, denn gestern Abend
hatte er sich die Letzte genehmigt und war seitdem nicht mehr an einen
Automaten gekommen. Ablenkung von seiner Sucht hatte es ja letzte Nacht
wahrlich genug gegeben. Der Gedanke an einen Zigarettenautomaten machte ihn jetzt
allerdings doch etwas wuschig, und seine Finger gingen instinktiv auf
Tabaksuche in den Innereien seiner Lederjacke, die allerdings leerer waren als
die bayerische Staatskasse. Er musste dem Drang standhalten, aufzuspringen und
einen Zigarettenautomaten aufzusuchen. Zur Beruhigung trank er in einem Zug
sein Seidla leer und bestellte sich umgehend ein zweites.
»Und was ist dein Part bei dieser Vereinbarung?«, fragte nun Manuela
Rast ihren Franz. Der lächelte säuerlich und gab eine etwas ausführlichere
Darstellung der Abmachung von sich, woraufhin beide Damen synchron in ein
ausgiebiges Gelächter ausbrachen.
»Du und Fränkisch?«, japste Manuela Rast amüsiert. »Da bring ich ja
noch eher der Riemenschneiderin das Fliegen bei!«
Die Erwähnte schaute nur kurz auf, widmete sich dann aber wieder
schmatzend ihrer Leibspeise. Haderlein schwieg, schmunzelte aber konsequent
weiter in sich hinein. Eine wahre Herkulesaufgabe für einen gestandenen
Aschauer, das war wohl wahr. Der fränkische Dialekt war ein zäher Gegner, aber
er würde sich ihm stellen. Doch nun wollte er etwas von den beiden
Herzallerliebsten wissen.
»Jetzt erzählt ihr aber mal von eurem
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