Blutfeuer
Angestellten
trugen zusätzlich zu ihrer Reinraumkleidung Gesichtsmasken.
Am Ende des Ganges blieb die
hübsche Empfangsdame vor einer Tür mit der Aufschrift »Leitung Produktion«
stehen und klopfte an. Von drinnen konnten sie ein entschlossenes »Herein!«
vernehmen.
Als sie eintraten, empfing
sie ein kleiner Mann mit schwarzen, streng zurückgekämmten Haaren. Die braune
Hornbrille unterstützte den Eindruck des verklemmten Bürokraten. Der Mann hielt
sich nicht lange mit höflichen Begrüßungsworten auf. »Heinz Eichberg. Bitte
setzen Sie sich, meine Herren, wir hatten schon seit geraumer Zeit mit Ihnen
gerechnet. Eine fürchterliche Sache mit unseren Probanden in St. Getreu. Wie
sieht es denn aus, können Sie schon etwas über die Mörder sagen?«
Er zog eine seltsame Miene,
damit seine Gesichtsmuskulatur die runtergerutschte Brille von allein wieder
auf seiner Nase nach oben schob. Ein reichlich unästhetischer Anblick, dachte
Haderlein. Dem Tonfall des Bürokratenhengstes war sogleich zu entnehmen, dass
er nur pro forma fragte. In Wirklichkeit war er froh, wenn die Polizei wieder
weg war und er damit fortfahren konnte, wieder seine Akten zu streicheln.
Was sollte man diesen Fatzke
eigentlich fragen, was Huppendorfer nicht sowieso schon wusste? Wenn Haderlein
ehrlich war, hatte er auch gar keine Lust, mit diesem Beamtenverschnitt in
einem Zimmer zu hocken.
»Wissen Sie was, Herr
Eichberg, wieso zeigen Sie uns nicht einmal Ihre nette Firma?«, fragte
Haderlein rhetorisch, doch es klang wie ein Befehl. Lagerfeld hatte Mühe, sein
Grinsen zu verbergen.
Heinz Eichberg schaute
zuerst etwas verdutzt, dann aber erhob er sich ruckartig von seinem Platz. »Ja,
natürlich, Herr Kommissar«, gab der kleine Produktionsleiter hastig von sich.
»Wenn Sie mir bitte folgen möchten. Allerdings müssten Sie vorher noch die hier
anlegen.« Er holte zwei weiße Reinraumanzüge aus einem Schrank. »Das ist leider
Vorschrift. Ich hoffe, sie sind ungefähr Ihre Größe.«
Lagerfeld grinste schief. »Ich
wette, hier darf man auch nicht rauchen?«
Eichberg schaute ihn mit
entsetztem Blick an. »Rauchen? Das wäre der sofortige Tod der
Luftreinigungsanlagen. Sollte sich jemand erdreisten, hier drinnen zu rauchen,
würde das seine sofortige Kündigung nach sich ziehen. Ganz zu schweigen von den
immensen finanziellen Forderungen, die dann auf ihn zukämen. Um Gottes willen,
nein.« Der Produktionsleiter erregte sich immer mehr.
Haderlein lachte. »Keine
Sorge, Herr Eichberg, der Kollege Schmitt wird sich für die Dauer des Rundgangs
zusammennehmen. Nicht wahr?« Er grinste Lagerfeld an, der mühsam ein süßsaures
Lächeln zustande brachte.
»Können wir jetzt gehen?«,
knurrte er ungeduldig und wischte seine feuchten Hände an dem weißen Anzug ab.
»Sehr wohl«, antwortete Eichberg
wie ein gut ausgebildeter Butler und schritt ihnen voran.
Vincent Lacroix hob die
Augen vom Elektronenmikroskop und blickte Siebenstädter äußerst nachdenklich
an. »Das Blut ist total verklumpt«, sagte er. »Wenn man den Zeugen Glauben
schenken darf, dann ist das sehr schnell passiert, binnen weniger Minuten.«
Grübelnd war er auf seinem Stuhl zusammengesunken. So ein Blutbild hatte er in
der Tat noch nie gesehen. Es war hochgradig interessant und mindestens genauso
schauderhaft.
»Vielleicht haben wir ja
eine völlig neue Krankheit vor uns, den Beginn einer weltweiten Seuche?«,
vermutete Siebenstädter begeistert.
Lacroix hätte fast
geschmunzelt, wenn die Sache nicht so ernst gewesen wäre. »Das würde Ihnen so
passen, was, Siebenstädter?« Er musterte sein Gegenüber missbilligend. »Eine
neue Krankheit, damit Sie ihr Ihren Namen geben können. Morbus Siebenstädter,
oder wie?« Als er sah, wie Siebenstädters Mimik in sich zusammenfiel, musste er
doch grinsen. »Aber Siebenstädter, so weit sind wir noch lange nicht.« Er
beugte sich wieder über das Elektronenmikroskop und studierte intensiv die
Blutprobe zwischen den beiden Glasplättchen vor dem Okular. »Irgendetwas ist da
im Blut, ich kann es nur beim besten Willen nicht erkennen. Schauen Sie mal
durch, Herr Kollege, mir verschwimmt schon alles.«
Siebenstädter beugte sich
über sein Mikroskop und versenkte sich in die tausendfache Auflösung. »Tja,
schwer zu sagen, Lacroix. Fest steht, dass die roten Blutkörperchen ihr
Chromatin im Zellkern ins Orangene verändert haben.«
Lacroix unterbrach ihn.
»Schauen Sie sich einmal die Größe und Form der Blutkörperchen an. Ich
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