Blutfeuer
Kreuz die Autobahn zu wechseln. Er bog nach rechts auf die Schweinfurter Strecke
ab, Huppendorfer folgte ihm mit leichtem Sicherheitsabstand. Beide Fahrzeuge
verließen das Bamberger Stadtgebiet und fuhren an der Ausfahrt »Bamberg Hafen«
vorbei. An der nächsten Ausfahrt »Oberhaid« bog der Roller ab. Huppendorfer
begann langsam an seiner Theorie zu zweifeln. Vielleicht machte der Mann ja nur
einen kleinen Ausflug in die Hassberge? Dann verfuhr er hier gerade sinnlos das
Geld der Steuerzahler. Aber jetzt kam es auf eine halbe Stunde hin oder her
auch nicht mehr an. In Oberhaid bog der weiße MP 3
nach links ab und beschleunigte wieder. Die Straße führte erst über freie
Felder und schließlich, immer steiler werdend, in den Wald hinein. Huppendorfer
ließ den Abstand sich vergrößern, um keinen Verdacht zu erregen. Als der Roller
im Wald verschwunden war, versuchte der Beamte wieder aufzuschließen. Am
höchsten Punkt fuhr er an einer Kapelle vorbei und bog in eine scharfe
Linkskurve. Von dort aus ging es erst einmal flach dahin, dann wieder den Berg
hinunter. Huppendorfer trat das Gaspedal durch und schoss mit hundertfünfzig
Sachen aus dem Wald hinaus. Die Straße lag weit einsehbar vor ihm. Kein Roller
weit und breit.
Der Kommissar stieg sogleich
konsequent in die Eisen. Das konnte nicht wahr sein! Wo war der Mann hin? So
schnell war selbst dieser Roller nicht, als dass er ihm auf dieser kurzen
Strecke mehrere Kilometer davongefahren sein konnte. Unmöglich! Aber wo war er
dann geblieben? Huppendorfer wendete sein Fahrzeug und fuhr den Weg durch den
Wald in langsamem Tempo zurück. Wenn dieser Pechmann ihn bemerkt hatte, dann
war er vielleicht kurz in einen Feldweg abgebogen und hatte ihn vorbeidonnern
lassen. In diesem Fall war der Typ bereits über alle Berge. Doch Huppendorfer
war sich sicher, dass er noch nicht weit sein konnte. Vielleicht war nur der
Wunsch Vater seines Gedankens, aber andererseits hatte er schon immer ein gutes
Gespür in solchen Situationen gehabt. Vielleicht hatte er etwas übersehen? Als
er an einem alten Gutshof vorbeifuhr, hielt er einer Eingebung folgend an.
Sandhof. Früher hatten hier
im Sommer noch Musikveranstaltungen stattgefunden, doch was man so hörte, war
das Anwesen seit zwei Jahren verkauft, und Konzerte gab es auch keine mehr.
Er betrachtete den Waldboden
vor der Einfahrt genauer und fand schließlich, was er suchte. Reifenspuren.
Spuren von zwei kleinen und einem größeren Motorradreifen. Bingo.
Lagerfeld stand
selbstzufrieden mit Eichberg und Haderlein im Aufzug, der sie nun ins
Kellergeschoss beförderte. Der ältere Kommissar war stinksauer und bedachte
Lagerfeld in regelmäßigen Abständen mit einem vernichtenden Blick. Nicht nur,
dass Lagerfeld einfach so Medikamente nahm, die noch nicht einmal zugelassen
waren, nein, er hatte sich auch gleich eine ganze Packung davon eingesteckt!
Als wichtiges Beweismittel, wie er sich ausgedrückt hatte. Lagerfeld hatte nur
abfällig gelacht, als Franz Haderlein ihn darauf hinwies, dass man durch diese
Tabletten womöglich grausam sterben könne. Er würde sich seinen jungen Kollegen
einmal richtig zur Brust nehmen, wenn sie wieder in der Dienststelle waren.
Aber erst dann. Jetzt mussten sie noch dieses Gebäude zu Ende inspizieren.
Eichberg hatte es zwar für unnötig gehalten, den Keller des alten Ziegelbaus
aufzusuchen, aber Haderlein war nun mal ein gründlicher Mensch und hatte darauf
bestanden.
»Hier befindet sich die
gesamte Technik des Hauses«, erklärte Heinz Eichberg bereitwillig. »Heizung,
Klimaanlage, Notstromaggregat und so weiter.«
Haderlein blickte sich in
dem alten Kellergewölbe um. Hier war das Haus noch in dem Urzustand, in dem es
vor hundert Jahren gebaut worden war. Alles sauber, aber alt.
»Wo geht es denn da hin?«,
wollte Lagerfeld wissen und deutete auf eine alte, verrostete Eisentür.
»Oh, da sind noch ein paar
Abstellräume, da kommt eigentlich keiner mehr hin«, tat Eichberg ab. »Es wäre
jetzt auch an der Zeit, wieder nach oben zu gehen, meine Herren, ich kann meine
Arbeit schließlich nicht ewig warten lassen.« Er schaute Haderlein mit
dringlichem Gesichtsausdruck an. Er hatte schon lange gemerkt, wer hier das
Sagen hatte.
Haderlein sah sich noch
einmal kurz um und wollte sich anschicken zu gehen, als er hinter sich ein
quietschendes Geräusch hörte. Lagerfeld hatte die verrostete Eisentür geöffnet
und war wie vom Donner gerührt stehen geblieben.
»Bernd, was ist?«,
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