Blutfeuer
überlegte kurz.
»Die Frage ist berechtigt, denn jetzt erinnere ich mich wieder. Das Kabel des
Föhns war zu kurz, deswegen habe ich Charlotte auf die Waschmaschine gelegt,
die näher an der Steckdose steht.«
»Aha, auf die
Waschmaschine«, würgte Honeypenny heraus.
»Natürlich mit dem
Badvorleger, Frau Hoffmann, da brauchen Sie gar nicht so zu schauen.« Genervt
bedachte er sie mit einem missbilligenden Blick. »Das hat auch richtig gut
geklappt. Charlotte wurde einigermaßen trocken. Nur die braune Farbe ging eben
nicht ab, und die Windel war immer noch feucht. Vielleicht sollte ich für das
nächste Mal einen stärkeren Föhn kaufen?«, meinte er überaus nachdenklich.
Honeypenny zuckte zusammen.
»Sie …? Charlotte hatte immer noch die nasse Windel an?«, krächzte sie.
Doch ihr Chef beachtete sie
und ihre lästigen Einwürfe nicht mehr. »Das Blöde war, aber das konnte ich ja
nicht ahnen, dass die Waschmaschine plötzlich in den Schleudergang schaltete.
Da tut man sich als junger Vater dann schon schwer mit dem Föhnen, nicht wahr?«
Honeypenny musste sich
setzen. Ihr Chef gehörte in die Psychiatrie. Sofort. Abteilung
gemeingefährliche Verbrecher und Amokläufer. Doch der Amokläufer setzte gerade
zum Finale an.
»Und in diesem
zugegebenermaßen etwas hektischen Moment kommt meine Frau herein«, meinte
Fidibus zerknirscht. »Das ergab alles zusammen natürlich ein etwas ungutes
Bild.« Er setzte den Blick des zu Unrecht Unverstandenen auf. »Und wegen dieses
kleinen Missgeschicks regt sich meine Frau jetzt seit Tagen auf. Wegen eines
Kinderschnupfens. Ha! Ich sage ja immer: Was nicht härtet, tötet ab. Jedenfalls
finde ich die Reaktion meiner Frau etwas übertrieben. Das ist doch schon etwas
zickig, oder nicht, was sagen Sie, Frau Hoffmann?« Um Beistand bittend, drehte
er sich zu seiner Sekretärin um.
Als Haderlein und Lagerfeld
mit ihrem gesalbten Delinquenten in der Dienststelle erschienen, war mal wieder
ein Tumult im Büro ihres Chefs im Gange, den sie nicht so recht zu deuten
wussten. Honeypenny kam kurz darauf durch die Glastür herausgeschossen und lief
an ihnen vorbei ins Treppenhaus. Fragend schauten die Kommissare ihren Chef an,
der etwas derangiert aus dem Glaskasten trat, den er sein Büro nannte.
Irgendwie war seine Garderobe etwas zerknittert. Jemand schien ihn heftig am
Hemdkragen gezogen zu haben.
»Was ist denn los?«, fragte
Haderlein verwundert.
Robert Suckfüll richtete
seine Kleidung, bevor er antwortete. »Frau Hoffmann sagte etwas in der Art wie:Sie müsse mal zum Schreien in den Hof hinaus. Oder so ähnlich.« Er räusperte
sich. »Fragen Sie mich bloß nicht nach dem Grund. Frauen eben, haha.«
»Wie bitte? Zum Schreien?«,
fragte nun auch Lagerfeld, der mit Daniel Brosst verhandschellt mitten im Raum
stand.
»Äh ja, genau«, murmelte
Fidibus halblaut. »Und sie meinte außerdem, für den Rest des Tages würde sie
nur noch Vorschrift nach Dienst machen.«
Haderlein und Lagerfeld
verzogen beide gleichzeitig das Gesicht. Ehe Fidibus feststehende deutsche
Ausdrücke noch weiter verunstaltete, konnte man durch das Fenster von unten aus
dem Hof eine weibliche Stimme hören. Die Geräuschquelle war völlig außer sich.
»Der macht mich noch
wahnsinnig! Irgendwann bringe ich ihn um! Ich bring ihn um! Irgendwann werde
ich den –«
Fidibus schloss das Fenster,
während ihn alle im Büro wortlos beobachteten. Er räusperte sich: »Es ist ja
jetzt auch nicht mehr so warm, dass man dauernd die Fenster, also … nicht
wahr?« Mit diesen Worten ging er eilig in seinen Glaskasten zurück und schloss
flugs die Tür. Die Bürobediensteten schauten sich ratlos und schweigend an. Nur
vom Hof konnte man noch, jetzt gedämpft durch die Fensterscheiben, das
ausgiebige Schimpfen von Miss Honeypenny vernehmen.
Vincent Lacroix traf in
Erlangen pünktlich mit dem Zug ein und nahm sich ein Taxi zur Gerichtsmedizin.
Siebenstädter erwartete ihn nicht, zumindest nicht am Eingang, sodass sich
Lacroix bis zu dessen Büro durchfragen musste. Ob der eine Professor froh war,
den anderen zu begrüßen, war nicht festzustellen. Das Erste, was Siebenstädter
sagte, als er den alten Kollegen sah, war: »Nur damit das klar ist, Lacroix,
gegessen wird nur außerhalb meines Instituts.«
Manuela Rast und Ute von
Heesen kamen gerade noch rechtzeitig vom Abendessen zurück, um die
Abschlussübung von Riemenschneiders erstem Tag mitzuerleben. Das Ferkel musste
sich gerade in den gepolsterten Arm eines
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