Blutfeuer
fiktiven Angreifers verbeißen. Es
versuchte angestrengt, dem Befehl zu folgen, jedoch war sein Gebiss viel zu
klein für die Übung, und es schaffte es gerade mal, kleine Fetzen aus dem
umwickelten Arm des Übungsleiters herauszubeißen.
Der junge Trainer lachte
sich über die Riemenschneiderin und ihre albernen Versuche, einen Polizeihund
zu mimen, schier kaputt.
»Okay, okay, du Bestie.
Schluss damit! Das wird ja nie etwas«, rief er laut, während die restlichen
Hundeführer abfällige Bemerkungen über das Ferkel verloren. Niemand gab auch
nur einen Pfifferling auf das kleine Schwein.
Die Riemenschneiderin setzte
sich sofort und folgsam auf ihren Schinken, wie sie es am heutigen Tag fleißig
gelernt hatte.
»Was hab ich nur verbrochen,
dass ich mich mit einem Schwein abgeben muss?«, schimpfte jetzt der junge
Hundeführer gar nicht mehr amüsiert. Genervt stand er da und streifte seinen
Beißschutz vom Arm. Plötzlich spürte er etwas Warmes an seinem Knöchel. Als er
nach unten schaute, sah er gerade noch, wie das Ferkel weglief und sein linker
Strumpf von einer warmen gelblichen Flüssigkeit dampfte. Laut fluchend bedachte
er Riemenschneider mit einem wütenden Blick.
»Gut gemacht«, lachte
Manuela Rast, während sie das kleine Schwein hochhob und streichelte. Die
Zärtlichkeiten konnte Riemenschneider gut gebrauchen. Der Tag war extrem
anstrengend und nicht gerade mit Erfolgserlebnissen gepflastert gewesen. Das
hatte sie sich weiß Gott einfacher vorgestellt. Aber sie würde nicht aufgeben.
Auch Superschweine müssen klein anfangen, dachte sie entschlossen.
»Auf geht’s, it’s Apfel- time «, hörte sie Ute von Heesen rufen und sah Lagerfelds Freundin
mit einem Grafensteiner Apfel winken. Grafensteiner! Riemenschneiders Miene
hellte sich wieder etwas auf.
Christian Rosenbauer
studierte aufmerksam das Blutbild, das sich ihm unter dem Elektronenmikroskop
bot. Kein Zweifel, der Handballer war, wie er erwartet hatte, durch die
bekannten Gründe gestorben. Jetzt musste er nur noch herauskriegen, warum, und
das war der schwierigste Teil der Übung. Er brauchte Leonhard.
Rosenbauer verließ die
Scheune und kletterte auf die dahinterliegende Mauer. Als die SMS gesendet war, setzte er sich auf die
Steine. Er vermisste Gerlinde, die sie kaltblütig umgebracht hatten, und er
vermisste seine kleine Theresa. Seine Gefühle überwältigten ihn, und er vergoss
bittere Tränen.
In dem fensterlosen Raum
ergriff der Bärtige das Wort. »Es gibt eine neue Leiche, aber an die werden wir
wohl nicht mehr herankommen. Sie wird bewacht. Außerdem steht zu befürchten,
dass es noch weitere Opfer geben wird. Da wir zwar wissen, dass wir die Ursache
sind, aber nicht den Grund für den plötzlichen Tod kennen, stelle ich den
Antrag, Projekt ›Yellowstone‹ vorerst einzustellen. Es wird zu gefährlich. Und
sobald das unsere Kunden mitkriegen, war’s das mit dem Supergeschäft.«
Der Mann am Ende des Tisches
blickte kurz zu der Frau an seiner Seite, um sich rückzuversichern. Dann sagte
er: »›Yellowstone‹ wird weitergeführt. Erst wenn die Ursache für die
Nebenwirkung gefunden ist, können wir es abstellen.«
»Ja, schon richtig«, zischte
der Bärtige, »aber ich wüsste nicht, wer außer Rosenbauer dazu in der Lage sein
sollte.« Dabei warf er einen verärgerten Blick Richtung Türecke, wo sich ein
ängstlicher Udo Kümmel zusammenkauerte.
»Außerdem haben wir nicht mehr
viel Zeit«, zischte er. »In ein paar Tagen kommen die Chinesen, und bis dahin
muss die Sache geklärt sein.« Er war nervös und hatte keine Ahnung, wie sein
Gegenüber in dieser Situation so ruhig bleiben konnte. Es stand so verdammt
viel auf dem Spiel.
»Dr. Christian Rosenbauer
ist nicht verschwunden«, sagte der große Mann lächelnd. Der Bärtige war
erleichtert, endlich gab er es zu. »Zumindest nicht für uns. Er arbeitet
bereits an der Lösung des Problems. Er ist gut, er wird es herausfinden.«
Der Bärtige lächelte kalt.
So war das also. Der Mann war wirklich ein verdammt schlauer Hund. Nicht
umsonst hatte er das Sagen hier. Der wusste auf alles eine Antwort. Jetzt sah
die Zukunft schon wesentlich besser aus.
»Solange Theresa
verschwunden bleibt, wird Rosenbauer alles tun, um sie zu retten. Während er
die Lösung des Problems sucht, wird er nicht zur Polizei gehen. Er tut alles,
und wenn wir haben, was wir wollen, brauchen wir ihn nicht mehr. Er weiß es nur
noch nicht. So einfach ist das.« Der Mann lächelte zuversichtlich
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