Blutflecken (Ein Lucy-Guardino-Thriller) (German Edition)
und half ihr, festen Boden unter die Füße zu bekommen.
»Hier entlang.« Er eilte über den Pfad und bückte sich tief, um in die nächste Kammer zu gelangen. Jenna folgte ihm. Diese Höhle war kleiner als die anderen im Eingangsbereich, aber die Luft war klarer, frischer. Der schwache Lichtschein kam vom Grund einer Grube. Jetzt hörte sie die Schreie der Kinder: »Hilfe! Helft uns!«
Am Rand der Grube lagen verstreute Camping-Ausrüstungsgegenstände herum sowie eine weitere Petroleumlampe. Adam kniete sich hin und entzündete sie. Hinter ihm sah Jenna eine Holzleiter.
»Leg dich auf den Boden, mit dem Gesicht nach unten«, befahl sie Adam.
Sie wollte ihn nicht in ihrem Rücken haben, wenn sie am Grubenrand stand. Wer wusste, wie tief es da hinunterging. Adam tat wie ihm geheißen. Er verschränkte sogar die Finger hinter dem Kopf. Jenna bewegte sich Zentimeter für Zentimeter vorwärts und reckte ihren Kopf über den Rand. Ungefähr drei Meter unter ihr sah sie drei Kinder, umgeben vom Licht mehrerer Taschenlampen.
»Hilfe! Helft uns, bitte! Marty ist schwer verletzt!«
Eines der Kinder lag flach auf dem Boden, ein Bein war behelfsmäßig mit zwei langen Grillgabeln geschient worden. Stofffetzen hielten die Konstruktion zusammen.
»Hallo, da unten! Wir holen euch raus«, rief Jenna. »Geht es euch gut?«
»Marty ist hingefallen«, rief einer der Jungen. Das musste Darrin sein. »Ich glaube, sein Bein ist gebrochen.«
Adam drehte den Kopf zur Seite.
»Sally, geht es dir gut? Ich habe euch ja versprochen, dass ich zurückkommen werde.«
»Adam! Adam, du bist wieder hier! Ich will nicht mehr auf Entdeckungstour gehen.«
Das kleine Mädchen umklammerte eine Stoffkatze und schien den Tränen nahe.
»Keine Angst, mein Schatz«, rief Adam. »Alles wird gut.«
Er wandte sein Gesicht Jenna zu.
»Bitte. Lassen Sie mich helfen. Sie werden sie nie alle allein da rausbekommen.«
Jenna ließ ihren Blick schweifen. Adam hatte recht. Aber sie konnte ihm nicht trauen, konnte ihm keinesfalls drei potentielle Geiseln überlassen. Vielleicht gab es da unten etwas, das er als Waffe benutzen konnte.
»Tja, schwere Entscheidung, nicht wahr?« Jenna hörte Morgans Stimme hinter sich – und ehe sie sich versah, schubste das Mädchen sie in die Grube.
Kapitel 34
»Wovor hast du am meisten Angst, Lucy?«, fragte Clint. Sie fuhren bergab. Mehr konnte Lucy, die noch immer mit dem Gesicht auf dem Boden des Laderaums lag, nicht wahrnehmen. Sie wusste nur, dass Clint seinen ursprünglichen Plan wegen eines Telefonanrufs geändert hatte. Nach dem Gespräch hatte er sich in den Fahrersitz geschwungen und den Elektroschocker verstaut. Nicht, dass Lucy darüber traurig gewesen wäre. Clint kannte sich mit Anatomie exzellent aus. Die wiederholten Elektroschläge, die er durch die Nerven ihres Halses und Gesichts gejagt hatte, hatten ihren Kiefer verkrampfen und Feuer unter ihre Haut rasen lassen. Die grausamen Kopfschmerzen, die sie seitdem hatte, machten sogar das Blinzeln zur Qual.
»Der letzte Schlag ging direkt auf einen der Hirnnerven. Andere Leute hat das Zucken der Nerven halb wahnsinnig gemacht, aber dich nicht. Ganz offensichtlich hast du keine Angst vor Schmerzen«, erläuterte er in plänkelndem Tonfall, als tauschten sie sich über die Chancen der Pittsburgher Football-Mannschaft in der laufenden Saison aus. »Ich glaube, du hast noch nicht einmal Angst vor dem Tod. Nicht, wenn ich daran denke, wie du diese Kinder im September gerettet hast. Oder wenn ich mir deinen Blick ansehe. Kein einziger Fisch hatte jemals diesen Blick.«
Lucy ignorierte ihn. Sie konzentrierte sich lieber darauf, irgendein Werkzeug zu finden, um das Schloss an den Handschellen zu öffnen. Ein kleines Stück Draht würde schon reichen. Noch viel besser wäre es natürlich, wenn sie eine Waffe finden könnte, um Caine auszuschalten. Das würde alle Probleme lösen. Er hielt den Wagen an. Die zehn Minuten, die er Morgan genannt hatte, waren noch lang nicht um. Wahrscheinlich traute er dem Mädchen nicht. Vielleicht könnte Lucy sich das zunutze machen. Einen Keil zwischen die beiden treiben.
Caine öffnete die Ladetüren und zog Lucy am Arm heraus. Sie schaffte es kaum, aufrecht zu stehen. Einzig und allein ihre Starrköpfigkeit bewahrte sie davor, sich der Übelkeit zu ergeben, die in ihren Eingeweiden wütete. Die Sonne war mittlerweile vollkommen untergegangen und Lucy, die keine Jacke trug, begann zu zittern. Clint hatte den Lieferwagen
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